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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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genau, wie man ein Sakrileg begeht. Gaius ist ein kleiner Lümmel. Man hätte uns alle einsperren können, wenn jemand den Diebstahl der Weihgaben bemerkt hätte.« Zum Glück konnte sich Gaius, der Familientradition folgend, bestens aus Schwierigkeiten herausreden. Er war etwa sechzehn, hatte einen lockigen Schopf schwarzer Haare wie die meines Vaters (und meine) und momentan die Haltung eines Menschen, der dazu geboren ist, sich unter einem majestätischen Baldachin zu lümmeln, während er von acht mauretanischen Trägern zu seinem Bankier getragen wird. »Hör mal, Vater, ich hatte diesen Windhund mit einigen wichtigen Fragen zu dir geschickt …«
    »Nein, schau dir das hier an …« Papa hielt das winzige Modell einer Gebärmutter hoch. Irgendeine Patientin, die von einem Tumor oder von Unfruchtbarkeit geheilt worden war, hatte es dankbar den Göttern in Olympia, Korinth oder Athen gespendet, nur damit Gaius daherkommen und es einsacken konnte. »Das ist eine echte Rarität.« Papa merkte, dass Gaius interessiert die Ohren spitzte, und schwächte daher das Lob ab, bevor mein Neffe versuchte, einen höheren Preis herauszuschlagen. »Allerdings schwer zu verkaufen wegen der religiösen Verbindung …« Gaius rollte mit den Augen. Er kannte sich mit hinterhältigen Rückziehern aus.
    »Onkel Marcus wird für die Provenienz bürgen.«
    »Nein, ich werde dafür bürgen, dass du ein schlimmer Junge bist, der keinen Respekt vor uralten Heiligtümern hat, Gaius!«
    »Sei nicht so starrköpfig«, befahl Papa. »Mach dem Jungen ein bisschen Mut. Er entwickelt sich recht gut. Ich brauche Gaius, da du ja jedes Interesse am Familiengeschäft verweigerst.«
    Stöhnend gelang es mir, meinem Vater eine Beschreibung der Silberohrringe zu entlocken, die Justinus gekauft hatte, um Claudia zu besänftigen. Ich bat Papa, die Augen offen zu halten nach Justinus, den Ohrringen oder einer verloren aussehenden Frau germanischer Herkunft, deren Namen ich nicht erwähnen durfte.
    »Ach, du meinst Veleda? Alle reden davon, dass sie ausgebüxt ist«, sagte Papa.
    »Gibt es einen Finderlohn?«, wollte Gaius wissen und sprach damit aus, was mein Vater mich gefragt hätte, wenn Gaius ihm nicht zuvorgekommen wäre. Stattdessen gab mein Vater, der alte Heuchler, vor, die Nase über die Gier der modernen Jugend zu rümpfen.
    »Die Belohnung ist ein gutes Gewissen.«
    »Das reicht nicht!«, schnaubte Papa, und Gaius nickte.
    »Seine Pflicht zu tun, um das Imperium zu schützen …«
    »Geht mir voll am Arsch vorbei«, schnaubte Gaius. Diesmal war Papa derjenige, der zustimmend nickte.
     
    Nicht lange danach war ich im Emporium und versuchte, germanische Händler aufzuspüren. Das Emporium ist das lange Steingebäude am Ufer des Tiber, das sich nahe meinem momentanen Haus entlang der Fahrrinne bis fast zum Stadtrand erstreckte. Dort wurden die besten Handelsgüter weltweiter Herkunft entladen, um in Rom verkauft zu werden. Es war ein wundersames Durcheinander aus Anblicken, Geräuschen und Gerüchen, in dem verschworene Grüppchen von Einkäufern und Wiederverkäufern die Preise und Absatzgebiete für Kunstwerke und Marmor, edle Hölzer und Metalle, Gewürze, Edelsteine, Weine, Öle, Färbemittel, Elfenbein, Fischprodukte, Leder, Wolle und Seide festlegten. Man konnte ein Fass frischer britannischer Austern in Salzlake für ein Festmahl kaufen, Pfauenfedern für die Ausschmückung des Speisezimmers, in dem man die Austern aß, einen gutaussehenden Sklaven, um das Mahl zu servieren, und einen Sarkophag für die Leiche, nachdem man entdeckt hatte, dass die Austern die Reise nicht unbeschadet überstanden hatten. Die Einzelpreise waren verlockend – bis man die Provision des Händlers, die Luxussteuer und die Kosten für den Heimtransport hinzuaddierte. Und das auch nur, falls es einem gelang, in das Gebäude hinein- und wieder hinauszukommen, ohne dass einem die Geldbörse geklaut wurde.
    Mein Vater mit seinem hochfliegenden Dünkel hatte verkündet, es gebe keine Händler, die einheimische Waren aus dem römischen oder dem freien Germanien einführten, wohingegen ich viele finden würde, die ausgezeichnete römische Produkte in die benachteiligten Provinzen ausführen würden. Er hatte nur zum Teil unrecht. Seinen Anweisungen folgend, spürte ich ein paar traurige Lieferanten rhenischer Felle, Wollmäntel und sogar bemalter Terrakottaschalen auf, aber die meisten Negotiatoren, die aus dem Norden hierhergekommen waren, schickten Luxusgüter

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