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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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zurück nach Hause. Das Geschirr, das sie verkauften, war gut (Helena und ich besaßen bereits ein ähnliches aus Gallien), aber obwohl sie behaupteten, die Töpferwaren würden aus einer bekannten Fabrik in Arretium stammen, waren die Preise hier italienische und daher weit überteuert.
    Die Männer, mit denen ich sprach, trugen dicke Hosen und Tuniken, dazu Umhänge, die an einer oder beiden Schultern befestigt waren. Manche hatten Broschen mit kunstvoll verschlungenen keltischen Mustern, andere befestigten ihre Kleidung mit Fibeln, deren Goldfiligran eher mediterran war und gelegentlich antik. Sie trieben seit Generationen Handel mit Rom – und vermutlich mit Griechenland schon lange davor –, wohingegen sie das hier in der Stadt höchstens seit dreißig Jahren taten, seit Kaiser Claudius germanische Verbündete zum Senat zugelassen und, während er gegen die Vorurteile seiner Landsleute kämpfte, sich bemüht hatte, Stammesführer in Rom und in der römischen Gesellschaft willkommen zu heißen. Diese Gruppe hier bestand aus niederträchtigen Kapitalisten vom Westufer des Rhenus, die keinen Frieden mit dem Ostufer wollten, weil das finanziell eine direkte Bedrohung für sie wäre. Ihnen war nur am eigennützigen Kommerz gelegen. Sie wollten die einzigen Lieferanten römischer Waren für ihr Gebiet bleiben. Sich den Handel mit Leuten »von drüben« zu teilen, gefiel ihnen ganz und gar nicht. Sie waren rasch damit bei der Hand, die Stämme vom Ostufer als Barbaren zu bezeichnen.
    Vorsichtig forschte ich nach, was sie von Veleda hielten. Damit ging ich ein Risiko ein. Rebellion war ein heikles Thema in Europa. Selbst auf dem Westufer, das seit langem unter römischer Herrschaft stand, gab es jene, die es vor nicht allzu langer Zeit nach Unabhängigkeit gelüstet hatte, als sie meinten, Rom wäre geschwächt. Doch wenn diese Männer damals mit Veleda sympathisiert hatten, waren sie gewieft genug, das jetzt nicht zu zeigen.
    Laetas Anweisung zur Geheimhaltung machte es unmöglich zu fragen, ob sie Veleda helfen würden, falls sie als Bittstellerin zu ihnen käme. Die Gefahr bestand, dass ihre wohlbekannte Feindseligkeit Rom gegenüber allgemein antigermanische Gefühle wachrufen würde, wenn die Öffentlichkeit erfuhr, dass sich die Seherin in unserer Stadt befand. Sollte das geschehen, würden sich diese Händler vielleicht gegen sie wenden, weil sie ihnen Probleme bereitete. Insoweit sie überhaupt von ihr sprechen mochten, behaupteten sie, Veleda habe sie immer als Kollaborateure gebrandmarkt, und sie bestritten, dass je die Möglichkeit eines Bündnisses über den Fluss hinüber bestanden hätte.
    Das war Quatsch. Ehe die Region vor kurzem durch Vespasian stabilisiert worden war, hatte es Kontakte gegeben, von denen einige gewalttätig, die meisten aber freundschaftlich waren, wie ich wusste. Ich traute den Händlern daher nicht, und da sie sich offensichtlich wunderten, weshalb ich sie befragte, war es nur gerecht zu behaupten, dass sie auch mir nicht trauten.
    Ich erreichte nichts. Da ich meine Ziele vertuschen musste, hatte ich auch nichts anderes erwartet. Eine nützliche Information konnte ich ihnen allerdings doch entlocken, nämlich wie ich eine bestimmte Gruppe von Germanen finden konnte, die seit Jahrzehnten in Rom lebte. Die Händler schickten mich mit hämischen Blicken dorthin – und ich wusste, warum. Sie hofften, dass ihre berüchtigten Landsleute mich ordentlich verprügeln würden. Ja, sie dachten vermutlich, ich würde zu einem der mystischen keltischen Knoten verschlungen werden, mit all meinen hervorstehenden Teilen hübsch hineingesteckt.
     
    Die Gruppe, die ich daraufhin besuchte, war auf eine düstere kleine Enklave zusammengeschrumpft. Ich war den abgehalfterten Überresten von Neros berühmten germanischen Leibwächtern auf die Spur gekommen.
    Ich befand mich zwischen älteren Männern, die den starken Geruch einer gefährlichen Vergangenheit ausdünsteten. Das waren bittere Zeiten gewesen, und diese hier waren in die Breite gegangene alte Raufbolde, die sich nach einer Kultur sehnten, welche es nicht mehr gab. Warum waren sie in Rom geblieben? Wahrscheinlich, um der Enttäuschung zu entgehen, bei der Rückkehr in ihr eigenes Land festzustellen, dass es nun von hübschen römischen Städten bevölkert war, in denen die Bürger romanisierten Tätigkeiten nach römischem Ethos nachgingen. Selbst die Bauern und ländlichen Werkstätten verkauften ihre Produkte auf Märkten im Stil

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