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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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hauchigen Ruf von links wirbelte ich herum und sicherte nach rechts ab. Langjährige Übung.
    Niemand stürzte sich auf mich. Zwei rasche Schritte beförderten meinen Rücken gegen eine Hauswand. Während ich mich nach allen Seiten umsah, zog ich meinen Dolch aus dem Stiefel.
    Ich dachte fieberhaft nach. Ich befand mich in der Enklave zwischen dem Vierten und Sechsten Bezirk auf der Alta Semita, nicht weit von der Porta Salutaris entfernt, benannt nach dem Tempel der Salus, Göttin der Gesundheit. Für mich schien es mir hier eher ungesund.
    In dieser Gegend kannte ich niemanden. Hatte keine Ahnung, wo sich das nächste Wachlokal der Vigiles befand. Konnte mich nicht auf die ansässigen Standbesitzer verlassen. War mir unsicher, wie die Straßen und Gassen verliefen, falls ich mich aus dem Staub machen musste. Ich entdeckte die Germanen. Mehrere, und sie sahen knallhart aus.
    Menschen waren unterwegs. Eine Frau stand mit zwei kleinen Kindern vor einem Laden und betrachtete die ausgestellten Waren – Messer? Kissen? Gebäck? –, während das kleine Mädchen an ihrem Rock zupfte und nach Hause wollte. Geschäftsleute stritten sich träge und langatmig an einer Ecke. Ein Sklave schob einen mit Kohlköpfen beladenen Handkarren und gab vor, nicht bemerkt zu haben, dass ein Kohlkopf vom Karren fiel und wegrollte. Zwei Hunde hörten auf, sich zu beschnüffeln, und starrten mich an. Nur sie hatten meine plötzliche Bewegung wahrgenommen und spürten, dass gleich irgendwas Interessantes passieren würde.
    In einer kurzen Pause trippelte einer der Hunde zu dem herabgefallenen Kohlkopf, der immer noch langsam rollte, und streckte seine Schnauze danach aus, als das Gemüse an den Rand des Bürgersteigs trudelte und dann in die Gosse purzelte. Der Kohlkopf neigte sich schräg und bedeckte sich mit schlammigem Wasser. Der Hund leckte daran und blickte dann mit bereits nachlassender Neugier zu mir. Der andere Hund bellte einmal, nur um zu zeigen, wem die Straße gehörte.
    Mein Herz klopfte laut.
    »He, Falco!«
    Um mehrere Zoll größer als ich und um viele Pfunde schwerer, blieben drei blondhaarige Männer in einer lockeren Gruppe ein paar Schritte entfernt stehen. Sie hatten meinen Dolch gesehen und blickten etwas belämmert. Ich weigerte mich, darauf hereinzufallen.
    »Hallo, ich bin Ermanus«, verkündete der Sprecher. Er lächelte mich an. Ich erwiderte das Lächeln nicht.
    Sie waren gut gebaut und hatten dicke Bäuche, schauten verwegen und liederlich aus, aber viel zäher als die alten Knacker, mit denen ich vorhin gesprochen hatte. Diese großen Jungs gingen zum Training ins Gymnasium. Wenn man denen in die Wampe schlug, würde die Faust von festem Fleisch abprallen, zu fett, aber gestützt von Muskeln. Die schwarzen Lederriemen, die ihre Bäuche festhielten, würden kaum nachgeben, und die Metallnieten in diesen Handwerkergurten und fünf Zoll breiten Gürteln würden einem die Knöchel zerquetschen. Wenn man sich mit diesen Männern prügelte, war man selber schuld. Sie würden zurückschlagen – und sie würden Übung darin haben. Ihre Bizepse platzten schier unter den kurzen, engen Tunikaärmeln hervor. Sie hatten Waden wie die Pfosten eines Kastelltors.
    »Sie sind Falco?« Ermanus klang jetzt beinahe zögernd. Nur vorgespielt. Sollte ihn jemand nicht furchterregend genug finden, schlängelten sich auch noch Muster aus blauem Färberwaid rund um seine Arme. Seine Kameraden waren ebenso bedrohlich. Trotz der Kälte trug keiner einen Mantel. Sie wollten allen zeigen, was für harte Kerle sie waren.
    »Kommen Sie nicht näher!«
    »Wir wollen nur mit Ihnen sprechen …« Jeder Geldeintreiber eines Vermieters, jeder Schlägertrupp eines Ganoven, jeder Fiesling mit einem Knüppel, dem ich je begegnet war, hatte dasselbe gesagt. Wir wollen nur mit Ihnen sprechen … Gute Götter, wann würden sich die Brutalos der Welt mal was Neues einfallen lassen? Es war lächerlich, wo sie doch alle nur meinten: Halt die Klappe, lenk keine Aufmerksamkeit auf uns, gib einfach auf und leg dich ruhig auf die Straße, während wir dich zusammentreten. Die meisten waren ungebildet. Ein Gespräch zu führen war das Letzte, was diese Drecksäcke im Sinn hatten.
    Ich verlagerte mein Gewicht. »Bleibt genau da, wo ihr seid. Was wollt ihr?«
    »Sie haben mit unseren alten Männern geredet.«
    »Ich habe geredet. Eure alten Männer waren mundfaul. Und was geht euch das an?«
    »Ging es um eine Frau?«
    »Könnte sein.« Oder auch nicht.

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