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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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ihn umtrieb –, hätte sich Anacrites entspannen und das Erreichte genießen können. Er hatte jetzt ein angesehenes hohes Amt unter einem Kaiser inne, der anscheinend von Dauer sein würde; es ging ihm blendend. Die Leute überschütten einen Oberspion mit Geschenken (von Angehörigen des Volkes bestochen zu werden ist eine Möglichkeit, wie ein Spion herausbekommen kann, wer etwas zu verbergen hat). Er besaß eine Villa an der Bucht von Neapolis, von der ich wusste, und vermutlich noch andere Immobilien sonst wo. Ich hatte einst gehört, dass er über einen großzügigen Palast auf dem Palatin verfügte, eine alte republikanische Villa, die zu seiner Stellung gehörte, wenngleich er nie jemanden dorthin einlud. Die würde er vermutlich eines Tages zurückgeben müssen, aber er musste in Rom auch in persönliche Besitztümer investiert haben. Wie viel bewegliches Gut er beiseitegeschafft hatte, ließ sich nur erraten. Ich war mir sicher, dass es welches gab. Er hatte meine Mutter bei ihren Geldanlagen beraten, daher kannte er sich mit Bankgeschäften aus – allerdings nicht gut genug, denn er hätte ihr beinahe fatale Verluste zugefügt, als die Bank vom Goldenen Pferd vor zwei Jahren so spektakulär pleiteging. Mama blieb von der Katastrophe verschont, allerdings dank ihrer eigenen Sturheit und ihres Scharfsinns, nicht aufgrund seiner Ratschläge. Eigenartigerweise hielt sie ihn trotzdem immer noch für einen finanztechnischen Wunderknaben. Sagte sie zumindest. Ich fragte mich manchmal, ob sie ihn nicht doch durchschaute.
    Wie auch immer. Ein guter Römer ist von großzügiger Wesensart, daher räume ich ein, dass er vielleicht eine ganze Riege von Bewunderern besaß. Ich gehörte nicht dazu.
    Über Anacrites wusste ich, dass er nicht mal ein Erntepicknick auf die Beine stellen konnte, doch irgendein Idiot hatte ihm die Hauptverantwortung für die Spionage in Rom anvertraut. Anacrites mischte sich auch in den globalen Geheimdienst ein. Ein einziges Mal hatten wir erfolgreich zusammengearbeitet, bei einer Steuerprüfung im Zusammenhang mit der allgemeinen Zensuserhebung. Abgesehen davon hatte er mich mehrfach absichtlich in Situationen gebracht, bei denen ich fast hopsgegangen wäre. Er hatte meine Schwester terrorisiert. Er hatte sich Mama aufgedrängt und sich an sie gehängt wie ein ekliger parasitärer Blutegel mit einem Maul voller nadelspitzer Zähne. Wenn Helena milde gestimmt war, behauptete sie, er sei neidisch auf mein Talent und auf das Leben, das ich führte; wenn sie ehrlich war, gab sie zu, dass er gefährlich war.
    Außerdem hatte er ein Geheimnis, das ihm zum Verhängnis werden konnte. Ich bewahrte sein Geheimnis und hatte bisher eine Erpressung vermieden. Den Dreck zu sieben gehört zur Arbeit des Privatschnüfflers, doch wir verkaufen unsere Goldklümpchen nicht auf der Stelle. Ich hob es für einen echten Notfall auf. Jetzt hatte Anacrites Justinus in seiner Gewalt, aber ich würde mich um eine Lösung bemühen, ohne meine kostbare Information eintauschen zu müssen. Eines Tages würde es zwischen Anacrites und mir Spitz auf Knopf stehen, das wusste ich genauso, wie ich wusste, dass ich Rechtshänder bin. Der schicksalhafte Tag war noch nicht gekommen. Wenn es so weit war, würde ich alles brauchen, was ich gegen ihn in der Hand hatte.
    Daher blieb mir nur eine einzige Taktik übrig. Ich würde nett sein müssen zu dem Drecksack.
     
    Ich brachte Albia nach Hause, lieferte den Hund ab, herzte meine Frau und küsste die Kinder. Julia und Favonia fielen mit glücklichem Kreischen über Nux her, nahmen aber keine Notiz davon, dass ihr Vater sein Versprechen heldenhaft erfüllt hatte. Ich teilte Helena mit, dass ich das Abendessen verpassen würde, überließ es Albia, meine Frau mit Erklärungen zu ängstigen, und trabte wieder los.
    Gereizt stapfte ich zurück zum Pons Probus, ging am Portikus des Trigeminus vorbei zum Vicus Tuscus und stiefelte auf diesem Wege zum alten Palast hinauf. Unterwegs aß ich einen miesen Pfannkuchen, von dem ich Bauchweh bekam. In meiner Verärgerung, die Köstlichkeiten des Abendessens zu Hause zu verpassen, hatte ich ihn zu schnell verschlungen. Bis ich Anacrites’ Büro erreichte, in dem es nervtötend nach dem weggeworfenen Mittagsmal seines Schreibers, Tinte, teurer Haarpomade und alten antiseptischen Einreibemitteln roch, hatte ich mich bei dem Gedanken, Nettigkeiten austauschen zu müssen, derart in Rage gesteigert, dass ich bereit war, ihm eine zu scheuern,

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