Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
sobald ich durch die Tür trat.
    Er war nicht da. Das machte mich noch wütender.
     
    Es gelang mir, Momus zu finden. Er führte Aufträge für das Spionagenetzwerk aus, war aber auch eine meiner alten Kontaktpersonen. Ich bildete mir gerne ein, dass er mich bewunderte und von dem Oberspion viel weniger hielt. Er war einst Sklavenaufseher gewesen, und ich fragte mich, ob er in seinem früheren Leben Anacrites oder Angehörigen seiner Familie begegnet war. Einmal hatte ich ihn das sogar gefragt und einen Witz daraus gemacht, aber man bringt Freigelassene des Palastes nicht so leicht dazu, etwas über die Art ihres vorherigen Daseins preiszugeben. Sie alle tun so, als wären sie nie Sklaven gewesen. Sie können oder wollen sich nicht daran erinnern, was man ihnen eigentlich nicht verdenken kann.
    »Momus! Arbeitest du immer noch für Anacrites’ schmierige Einheit? Schuftest nach wie vor für diesen Kretin, den wir alle verabscheuen?«
    »Bin immer noch da, Falco.« Er warf mir einen Blick aus Augen zu, deren Wimpern vom Schmodder einer Langzeitentzündung verklebt waren. Seine Gebrechen hatten vermutlich geschlechtliche Ursachen, ein Überbleibsel seiner Vergünstigungen aus seiner Aufseherzeit. Momus war rundbäuchig und kahl, ein schludriger Schmutzfink, der selten die Bäder aufsuchte. Er trug eine Tunika, die seit Wochen nicht gewaschen worden war, und feste Stiefel zum Leutetreten. Was dieser Tage eine leere Drohung war; er war zu lasch geworden, um sich damit noch abzumühen. Nach wie vor sehnte er sich danach, die Hilflosen zu foltern, also unterhielt er sich damit, sich Schmerz vorzustellen. »Wenn mich jemand anders bezichtigen würde, für Anacrites zu arbeiten, würde ich ihn so zusammenquetschen, dass ihm die Augen aus dem Kopf springen …«
    In gewissen Momenten bemitleidete ich Anacrites. Nicht nur legte Claudius Laeta es ständig darauf an, den Geheimdienst seinem eigenen Spinnennetz einzuverleiben, wenn das nächste Mal die Sekretariate umorganisiert wurden (wie es alljährlich geschah), sondern da war auch noch Momus, der neidisch zuguckte und insgeheim hoffte, dem Spion würde das gewaltige korinthische Kapitell einer Säule auf den Kopf fallen und ihn zermalmen, damit er, Momus, den Posten erben konnte. Einige von Anacrites’ Außenagenten brachten ihm ebenfalls nur dürftige Loyalität entgegen.
    »Tut mir leid!«, sagte ich.
    »Das wird es noch! Wohinter bist du her?«
    »Wer sagt denn, dass ich hinter irgendwas her bin, Momus?«
    »Du bist hier«, antwortete er. »Angesichts dessen, dass du ihn hasst, ist das ein gewaltiger Hinweis, Falco! Sag bloß, du willst, dass er diesen jungen Purpurstreifler freilässt, den er gefangen hält?«
    »Quintus Camillus Justinus, den Sohn eines Senators. Gut geraten. Wo hat der Drecksack ihn hingebracht?«
    »Wenn ich das wüsste«, sagte Momus, »könnte ich es dir nicht erzählen, Falco.«
    Diese Behauptung konnte ich vermutlich durch das Zuschieben von Geld widerlegen. Momus folgte den einfachen Regeln des Lebens. »Wenn du es wirklich nicht weißt, werde ich mir gar nicht erst die Mühe machen, dich zu bestechen.«
    »Behalt dein Geld.« Wie viele korrupte Männer hatte Momus Anstand.
    »Na gut. Sein Büro ist leer. Ich krieg noch nicht mal diesen nutzlosen Schreiber mit den dreckigen Zehen zu fassen, den er hat. Erspar es mir, vor Verdrossenheit überzukochen. Ich weiß, dass er irgendwo eine schicke Bude hat. Wo finde ich die?«
    Momus lehnte sich zurück und lachte brüllend. Ich fragte ihn, was so komisch sei, und er sagte, der Gedanke, dass ich einen Festmahlskranz und ein freundliches Gesicht aufsetzen und zu einem abendlichen Glas Wein und gerösteten Nüssen zu Anacrites gehen würde, sei einfach zu köstlich.

XX
    I ch brauchte mein Gesicht zu keiner freundlichen Grimasse zu verzerren, Anacrites war nicht zu Hause.
    Dank Momus’ Wegbeschreibung hatte ich das Haus gefunden. Dabei handelte es sich um eines dieser typischen alten, teuren Bauwerke, die gelegentlich auf dem Palatin überdauern, in bester Lage mit Blick auf das Forum, direkt oberhalb des Hauses der Vestalinnen. Einst im Besitz berühmter Namen aus der Geschichte, werden diese Häuser jetzt als Gunst- und Gefälligkeitsbeweis an wichtige Beamte vergeben. Hohe Mauern verstellten den Blick nach drinnen. Das Grundstück war groß genug, sorgfältig plazierte Pinien vor jedes Fenster zu setzen, in das man hineinschauen könnte. Vor den meisten Fenstern waren sowieso die Läden

Weitere Kostenlose Bücher