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Mord im Atrium

Mord im Atrium

Titel: Mord im Atrium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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vernehmen, schnatterten mit ihren piepsigen Stimmen auf Plutos Unterweltforum durcheinander – bei Pluto, warum trieb ich mich einen ganzen Tag lang auf einer einsamen Straße herum, wenn ich dieses Gespenst einfach bitten konnte, mir auszuhelfen? Ich musste ihn doch nur bewegen, Scaevas Geist zu fragen: Hoo, hoo, wer hat dich abgemurkst?
    Ich hielt ihm die Münze hin. Er nahm sie nicht. Ob nun ein unbestatteter Toter oder nur ein ruheloser, halbirrer Mensch, Zoilus schoss von mir fort, führte sein flüssiges Gleiten in hastiger Form rückwärts aus. Dann verschwand er. Er musste hinter ein Grabmal gesprungen sein, doch es schien, als hätte er sich zusammengefaltet und wäre durch die Luft geschlüpft, körperlos und unsichtbar. Ich rief nach ihm. Niemand antwortete.
    Er war aus gutem Grund verschwunden. Als er sich in Nichts auflöste, traf ich endlich auf die entlaufenen Sklaven. Ein verstreutes Grüppchen erhob sich schweigend aus dem Boden um mich herum. Hektisch hielt ich nach Clemens und Sentius Ausschau, doch sie waren nirgends zu sehen. Ich war allein und unbewaffnet, und die Dämmerung hatte sich herabgesenkt. Zoilus war eher eine Irritation als eine Bedrohung gewesen. Nachdem er nun verschwunden war, sehnte ich mich nach seiner verrückten Anwesenheit.
    Nun hatte ich neue Gefährten und war darüber noch weniger glücklich. Als die dunklen Gestalten zahlreicher wurden, fielen mir Petronius’ düstere Warnungen ein. Wenn diese Wesen einen Geist verscheuchen konnten oder einen Mann, der glaubte, ein Geist zu sein, hatte ich allen Grund, mich ernsthaft zu fürchten.

XXV
    D ie ganze Angelegenheit wäre sinnlos gewesen, wenn ich ihnen jetzt einfach zugenickt hätte und meiner Wege gegangen wäre. Ich ergriff die Initiative. Ich trat auf den Mann zu, der mir wie der am freundlichsten Gestimmte vorkam, und sprach ihn an, ohne ihm allzu nahe zu kommen. Nach einer ganzen Weile, während derer er mich eingehend musterte, erklärte er sich bereit, mit mir zu reden.
    Der Flüchtling, den ich ausgewählt hatte, war einst ein Sklave gewesen, ausgebildet als Architekt. Er hatte für einen Herrn gearbeitet, den er mochte, aber nach dem plötzlichen Tod seines Herrn hatten ihn die Erben an einen neuen Besitzer verkauft, einen groben, gewalttätigen Rüpel, aus dessen Haus er geflohen war. Der Entflohene war ruhig, gebildet, sprach sowohl Latein als auch Griechisch, konnte vermutlich lesen, schreiben, rechnen und zeichnen und hatte einst Bauprojekte geleitet – Anweisungen gegeben, die Finanzen überwacht, dafür gesorgt, dass die Arbeiten erledigt wurden.
    Jetzt war er mittellos und allein. Ich hatte das Gefühl, dass er die Aura der Sterbenden um sich trug.
    Als ich ihm an dem Abend begegnete, wollte er gerade nach Rom aufbrechen, um sich etwas zu essen und eine mögliche Unterkunft zu suchen. Er trug eine leichte, locker zusammengerollte Decke bei sich. Seine Welt war trostlos und geheim. Wenn er aufgegriffen und als entlaufener Sklave identifiziert wurde, hatte der Finder zwanzig Tage Zeit, ihn seinem Herrn zurückzubringen, ansonsten machte er sich wegen Diebstahls des Eigentums eines anderen Mannes strafbar – wertvollen Eigentums angesichts der Bildung dieses Sklaven. Wenn ein Finder so ein verlorenes Eigentum dessen Herrn zurückbrachte, konnte er dafür eine gute Belohnung erhalten. Wenn der Finder den Sklaven nicht zurückbrachte, würde ihm eine drastische Strafe aufgebrummt werden.
    »Kannst du irgendwo Unterschlupf finden?«
    »In einem Tempel. Dann – falls ich sie, an den Altar geklammert, überzeugen kann, dass ich ernsthaft schlecht behandelt wurde – könnte ich an einen neuen Herrn verkauft werden.«
    »Mit allen Risiken.«
    »Ganz genau«, stimmte er niedergeschlagen zu.
    Nachdem er die Flucht ergriffen hatte, war er anfänglich ganz gut klargekommen. Ein Landstreicher, der in einem verlassenen Gebäude hauste, hatte ihm erlaubt, den Unterschlupf mit ihm zu teilen, aber eines Nachts war er aufgewacht, als der andere Mann ihn zu vergewaltigen versuchte. Er hatte dem nur mit Schwierigkeiten entkommen können und war übel zusammengeschlagen worden. Dann hatte er sich allein durchgekämpft. Er bettelte, suchte nach Essensresten, schlief unter Brücken oder in Türeingängen in der Stadt. Bettler, auf die er eines Nachts an einem Kohlebecken unter einem Aquädukt traf, gaben ihm Wein, entweder zu viel auf leeren Magen, oder das Getränk war gepantscht. Sie schlugen ihn bewusstlos und stahlen ihm

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