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Mord im Bergwald

Mord im Bergwald

Titel: Mord im Bergwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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zur Hand. Noch immer herrschte Schweigen zwischen ihnen. Auf einmal erfasste Irmi ein Fluchtreflex. Mit dem Auto folgte sie ziellos der Straße nach Grafenaschau und fand sich plötzlich in Bad Kohlgrub wieder. Sie überlegte, aufs Hörnle zu gehen, aber auf einmal war ihr ihre Mutter so nah. Das Hörnle war ihr Hausberg gewesen, Mamas Wettermelder.
    Irmi flüchtete weiter, immer noch wie ferngesteuert, bis sie in Unternogg landete. Da wusste sie es: Die Bleick, das war ihre Kandidatin. Ein Berg ohne Lift, der Höhenmeter schindet, ein Berg ohne Einkehr. Ein perfekter Berg.
    Es war ein ziemliches Gehatsche auf einem langweiligen Forstweg, immer bergan bis zur Saulochhütte. Normalerweise schätzte Irmi das gar nicht, aber heute tat ihr das monotone Gehen gut. Bei der Lähnbachhütte setzte sie sich auf den Freisitz, nagte an einem Müsliriegel, den sie im Handschuhfach gefunden hatte und der schon ein wenig ranzig schmeckte, und stieg weiter bergan.
    Bald traten die Bäume zurück, das Gras changierte bereits in Herbstfarben. Die Brettlwege halfen, dass die Füße trocken blieben. Und dann die Niedere Bleick: baumfrei inmitten eines wogenden Waldmeers. Sie konnte die Wieskirche sehen und den Staffelsee. Die Echelsbacher Brücke sah aus wie ein Miniaturbauwerk in einer Modelleisenbahnlandschaft. Und auf einmal fühlte sie sich besser – oder anders: Sie spürte sich selbst wieder.
    Am Abend war sie bei Nachbarin Lissi eingeladen, es gab hausgemachte Pizza und Prosecco. Wie lange hatte sie nicht mehr so ausgelassen herumgeblödelt? Später kam Bernhard vorbei. Er hatte noch eine Flasche Prosecco dabei. Als er mit Irmi anstieß, lag Wehmut in seinem Blick und der Wille zur Versöhnung.
    Lissi ging hinaus, unter irgendeinem Vorwand. Sie galt den meisten als ein immerfröhlicher Pummel, aber Irmi wusste, dass in ihr eine sensible Philosophin schlummerte. Sie pflegte zu sagen: Wir müssen mit dem leben, was wir haben. Und sie wusste auch, wann es Zeit war zu schweigen.
    Irmi beobachtete die kleinen Perlen in ihrem Glas. Ohne Bernhard anzusehen, sagte sie: »Prost, du sturer kleiner Bruder.«
    »Prost, du noch sturere große Schwester.« In Bernhards Stimme lag Zärtlichkeit.

14
    Noch einen Tag so ganz im Freizeitlichen hätte Irmi nicht durchgestanden. Deshalb fuhr sie am nächsten Tag ins Büro, wo sie auf Sailer traf. »Griaß Eana Gott, Sailer. Was machen Sie denn am Sonntag hier?«
    »Dienst, was sonst?«
    »Ach so.« Irmi erkundigte sich lieber nicht nach seinem freien Samstag gestern, denn da hatte es bestimmt wieder ein Familienfest gegeben, und bis Sailer da von allen Tanten, Onkels und sonstigem Verwandtschaftsgewirr berichtet hatte, wäre es Mittag geworden.
    »Frau Irmgard, guat schaugn S' aus.« Sein Blick blieb an der Jacke hängen. »Was is nachad damit?«, fragte er.
    »Das wüssten wir auch gern. Das Hasenteam hat sie gefunden, dazu ein Mountainbike. Inzwischen wissen wir von seiner Freundin, dass das Mountainbike Pius Fichtl gehört hat. Die Jacke vermutlich auch. Genaue Analysen kommen noch. Das Material der Jacke ist merkwürdig, und dann ist da noch was.« Irmi klappte die Jacke auf und wies auf die Innentasche. »Darin befindet sich ein hochmodernes und hochempfindliches GPS-System, das in der Form keiner kennt«, sagte sie. »Auch darum kümmert sich der Hase.«
    Sailer nickte gewichtig. »Des is a Barras-Jackn, so was ham mir aber ned g'habt.«
    »Waren Sie beim Bund?«
    »Klar, Zeitsoldat, und dann bin i zur Berufseingliederung zur Polizei.«
    Irmi sah ihn verblüfft an. Häufig wusste man so wenig über die Menschen, die einen umgaben. »Dann wissen Sie sicher auch, was das für Zahlen sind?«, fragte sie und wies auf zwei Nummern, die sich auf der Jacke befanden.
    Sailer schaute nicht mal richtig hin, sondern erklärte lapidar: »Amoi die Versorgungsnummer, amoi die Personalnummer.«
    »Und wie kann ich die zuordnen, Sailer?« Irmi unterdrückte die Unruhe, die sich in ihr breitmachte.
    »In seiner Kaserne oder beim Kreiswehrersatzamt. Wenn des oaner von Mittenwald is, dann wissen die des. So, i brauch erst amoi an Kaffee«, sagte Sailer und ging davon.
    Irmi starrte ihm nach. Pius Fichtl war mit seinem Mountainbike und einer Bundeswehrjacke unterwegs gewesen. Was erst mal nichts Besonderes war, denn Bundeswehrklamotten wurden auf jedem Viehmarkt verkauft. Aber nicht solche High-Tech-Kleidung! Oder hatte die Jacke womöglich dem Mörder gehört?
    Irmi überlegte kurz und plärrte dann über den

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