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Mord im Bergwald

Mord im Bergwald

Titel: Mord im Bergwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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jünger. Sie kennen den Spruch: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Es ist bekannt, dass Sie der Damenwelt nicht abhold sind.« Auch Irmi konnte schön formulieren, wenn sie wollte.
    »Also, das ist eine Unterstellung!«, rief er.
    »Ach, Herr Orlowski, das müssen Sie mit sich ausmachen, aber Sie haben die Kleine angegraben, und da dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Pius Fichtl sich schützend vor seine Freundin stellte. Wir sind hier in einer Welt, wo noch klare Regeln herrschen. Der junge Mann war Bauer und hatte eine genaue Vorstellung vom Leben. Woodstock war gestern, Herr Orlowski. Erzählen Sie mir doch nichts!«
    »Ach, der Fichtl hatte so eine ungute Art!«
    Die wahrscheinlich darin bestanden hatte, dass Fichtl jung, attraktiv, groß und gebildet gewesen war. Das vertrug ein Stenz wie Orlowski nicht.
    Irmi beschloss, zum Wesentlichen zurückzukommen. »Ich verstehe Sie also richtig: Ihr Streit ...«
    »Das war kein richtiger Streit«, warf Orlowski ein.
    »Also gut, Ihr Geplänkel fand in der Früh statt?«
    »Ja, und ich wurde dann auch von ein paar Bodyguard-Typen entfernt.« Das klang entrüstet. Der große Bernd Orlowski einfach entfernt. »Das Protokoll sah eben nur die Berglandwirtschaft vor.«
    Das war auch gut so, dachte Irmi. Wäre ja noch schöner, wenn jeder, der von einer Idee beseelt war, bei solch einer Veranstaltung auftreten und seine kruden Anliegen vortragen würde. »Und Fichtl? Wo war der?«
    »Der ist mit dem Bike davon. Ich bin auch gegangen. Aufs Soiernhaus.« Orlowski klang beleidigt.
    »Haben Sie Fichtl dann später nochmal gesehen? Nach dem Streit am Morgen?«, fragte Kathi, die immer noch überraschend zahm war. Vielleicht lag das Geheimnis im Brünnsteindiesel. Irmi überlegte, ein Fläschchen als Notfallmedizin mitzunehmen.
    »Ja, ich hab ihn gesehen. Näher und weiter.«
    »Bitte?«
    »Ich hatte ein Spektiv dabei, um Vögel zu beobachten. Und da hatte ich Fichtl mehrfach im Blick. Er war mit dem Bike Richtung Lakaiensteig und unter der Ochsenstaffel unterwegs. Kein normaler Mensch bikt da noch. Als er wieder zurückkam, ist er Richtung Hundstall gefahren.«
    »Da wurden Sie auch gesehen«, bemerkte Irmi.
    »Sicher. Ich kam ja vom Soiernhaus über den Standardweg wieder zurück.« Nun klang er eher gelangweilt. So als müsse jeder über die geografischen Gegebenheiten rund um die Alm informiert sein.
    »Sie waren es also nicht, der im Bereich des Waldes zwischen Fischbachkopf und Soiernweg mit Fichtl gestritten hat?«
    »Nein, ich habe ihn aber gehört.«
    »Ach?«
    »Ja, er hat mit jemandem gestritten. Mit einem Mann. Ich denke auch, ich weiß, wer das war.«
    »Bitte?«
    »Ich konnte mit meinem Spektiv einen Mann beobachten, der Fichtl sozusagen verfolgt hat. Er drückte sich im Gelände herum. Ich hatte den Eindruck, dass er mehrmals versucht hat, Fichtl allein zu stellen, aber entweder hat gerade Fichtl jemanden getroffen, oder aber er ist aus dem Gesichtsfeld des Verfolgers verschwunden.«
    »Schöne Geschichte, oder, Herr Orlowski, die Sie uns da auftischen«, sagte Kathi.
    »Was heißt da auftischen? Ich sage die Wahrheit!«, rief er entrüstet.
    »Und wie sah der Mann aus?«, fragte Irmi.
    »Relativ groß, schwerer Körperbau, er hat eine Sonnenbrille und eine Basecap getragen. Sein Gesicht war nicht zu erkennen.«
    Schwerer Körperbau, das traf auf Leismüller zu. Auf Diepold, den zähen Hering, weniger. Außerdem zweifelte Irmi nicht an der Geschichte vom geschenkten Isländergaul.
    Das war wirklich eine tolle Geschichte. Jeder hatte jeden auf dieser Alm gesehen und gehört. Irgendwie waren sie alle aneinander vorbeigelaufen, und jeder war auf seiner Umlaufbahn geblieben. Aber einer davon musste den Weg von Fichtl gekreuzt haben. Und nicht bloß gekreuzt!
    »Wie klang denn die Stimme?«, wollte Irmi wissen.
    »Der Mann war definitiv nicht von hier. Ich hab ihn einmal ›Allmächt!‹ schreien hören. Das ist meines Wissens Fränkisch.«
    »Sie tischen uns hier ein fränkisches Phantom auf?« Für einen Moment war Irmi aus dem Konzept. Sollte neben Fichtl, Leismüller und Orlowski noch einer da gewesen sein?
    »Ich tische Ihnen gar nichts auf. Ich habe gesagt, wie es war. Du lieber Himmel, der arme Fichtl. Die arme Meike! Das kann bei Gott doch keiner gewollt haben!«
    Nun wurde er auch noch pathetisch und ganz schön klerikal. Der leise Anflug von Sympathie war weg, Orlowski war und blieb ein Wichtigtuer. Irmi musterte ihn. Die Geschichte konnte stimmen – oder auch

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