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Mord im Dirnenhaus

Mord im Dirnenhaus

Titel: Mord im Dirnenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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weiter nichts anmerken. «Griet ist ein Lehrmädchen wie du», fuhr Adelina sie an. «Aber sie ist auch die Tochter meines Mannes. Meine Stieftochter. Es steht dir nicht zu, über sie zu urteilen. Du hältst den Mund», wiederholte sie, als Mira zu einer Erwiderung ansetzte. «Und das meine ich wörtlich. Niemand wird von dir erfahren, was in dem Hinterzimmer vorgefallen ist, verstanden? Die Leute reden schon genug. Ich willnicht erleben, dass du ihnen noch mehr Gesprächsstoff lieferst.»
    «Ja, Meisterin.» Mira schluckte, senkte aber noch immer nicht den Blick. «Ich verrate schon nichts. Aber was ist denn mit Griet?»
    Adelina zog die Brauen zusammen. «Das werde ich herausfinden. Erzähl du mir nun, was genau vorhin vorgefallen ist.»
    Mit einem Achselzucken ließ sich Mira wieder auf die Ofenbank sinken, sprang bei Adelinas finster-strafendem Blick jedoch sogleich wieder auf. «Ich habe die Gläser poliert, wie Ihr es wolltet. Da kam die Kleine rein und hatte diesen Fetzen an. Ich sagte ihr, sie könne doch so nicht in die Apotheke gehen, aber sie behauptete, Ihr habet ihr befohlen, sich umzuziehen, weil sie Euch beim Bedienen der … Kunden helfen muss. Da habe ich sie festgehalten.»
    Ahnungsvoll kniff Adelina die Augen zu einem schmalen Spalt zusammen und fixierte Mira. «Ist das alles? Wage es nicht, mir etwas zu verschweigen. Ich habe dein Zögern eben genau bemerkt.»
    Zum ersten Mal schien Mira ein wenig zu erröten und senkte den Blick. Adelina umfasste das Kinn des Mädchens und hob es wieder an. «Was genau hat sie gesagt?»
    «Ich will nicht …» Wieder zögerte Mira, doch Adelinas harter Blick ließ sie verstummen. Sie holte tief Luft und gestand: «Sie sagte, sie habe sich umziehen müssen, weil Ihr wolltet, dass sie Euch hilft, die Männer draußen zu bedienen.»
    Adelina ließ Miras Kinn los. Ihr wurde kalt. «Hat sie noch mehr gesagt?»
    «Nein.»
    Adelina kniff erneut die Augen zusammen.
    «Ehrlich nicht!» Mira schien sich mittlerweile nicht mehr zu trauen, sich zu rühren.
    Mit einem unterdrückten Fluch stürzte Adelina aus dem Zimmer. Sie eilte die Treppe ins Obergeschoss hinauf. Erst bei ihrer Schlafkammer blieb sie stehen und atmete ein paarmal ein und aus, um sich zu beruhigen. Es wäre niemandem gedient, wenn sie jetzt durchdrehte. Sie musste mit Griet sprechen, doch sie hatte keine Ahnung, wie sie es anfangen sollte.
    Da fiel ihr plötzlich etwas ein; sie ging in die Schlafkammer und holte einen etwa drei Handspannen langen Stoffbeutel aus der Lade neben dem Fenster. Ein Blick in sein Inneres ließ sie vor sich hin nicken. Rasch verließ sie den Raum und stieg die Treppe zur Dachkammer hinauf.
    Vor der Tür blieb sie einen Moment stehen, um sich zu sammeln, dann trat sie vorsichtig ein.
    Das Bild, das sich ihr bot, ließ sie für einen Augenblick erstarren.
    Griet kauerte zusammengekrümmt auf dem Bett und hatte sich den Handballen zwischen die Zähne geschoben. Während sie sich die Haut unterhalb des Daumens blutig biss, stierte sie blicklos ins Leere und wiegte sich leicht hin und her. Aus ihrer Kehle drang ein leises, monotones Summen.
    Hinter Adelina wurden auf der Stiege Schritte laut. Franziska kam in ihren Holzpantinen herangepoltert. «Herrin, ich war eben draußen und habe … O mein Gott!» Als Franziska das kleine Mädchen sah, blieb sie wie angewurzelt stehen und bekreuzigte sich.
    «Geh!»
    Franziska fing sich wieder, nickte und machte, dasssie fortkam. Rasch zog Adelina die Kammertür hinter sich zu und trat leise auf das Bett zu, um Griet nicht aufzuschrecken. Doch das Mädchen beachtete sie gar nicht.
    Behutsam fasste Adelina es an der Schulter an und spürte ein heftiges Zucken, sonst jedoch keinerlei Reaktion. Vorsichtig setzte sie sich neben Griet.
    Die Kleine sah erbarmungswürdig aus. Adelina blickte auf sie hinab und hatte das Gefühl, als sei ihr Kopf plötzlich vollkommen leer. Was tat sie überhaupt hier? Was konnte sie tun, wenn die Befürchtung, die in ihr aufgekeimt war, sich als wahr erwies?
    Sie verstärkte den Druck auf Griets Schulter und zwang das Mädchen, sich ihr zuzuwenden. Dann zog sie ihr vorsichtig die Hand aus dem Mund. Zu den alten Narben waren nun neue, blutige Zahnabdrücke hinzugekommen. Sie würde sie behandeln müssen, damit es keine Entzündung gab.
    «Griet?»
    In den stierenden Augen zeigte sich ein leichtes Flackern.
    «Griet, sieh mich an. Was hatte das zu bedeuten?»
    Tatsächlich richtete Griet nun ihren Blick auf Adelina. Doch

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