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Mord im Dirnenhaus

Mord im Dirnenhaus

Titel: Mord im Dirnenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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unsicheren Blick zu, der deutlich die Frage beinhaltete, wie sie sich ihm gegenüber zu verhalten habe. Doch von der Haustür kam ein lautes Klopfen, sodass Adelina nur mit den Schultern zuckte und rasch in die Apotheke ging.
    Als sie erkannte, wer da so begehrlich um Einlass bat, verdrehte sie seufzend die Augen. Heute blieb ihr wohl nichts erspart.
    «Frau Entgen, guten Tag», begrüßte sie die treue Kundin und ließ sie ein.
    «Verzeiht meine Aufdringlichkeit, aber ich muss mit Euch sprechen.» Entgen trat an den Tresen und wartete, bis Adelina sich auf die andere Seite gestellt hatte. «Mir ist zu Ohren gekommen, dass mein lieber Bruder, Gott hab ihn selig, mit Hilfe Eures guten Konfekts vergiftet worden ist. Wie grausam! Ich wollte Euch sagen, dass Ihr mein vollstes Mitgefühl habt, und dass ich natürlich keinesfalls glaube, dass Ihr etwas mit der Sache zu tun habt. ‹Niemals›, habe ich zu meinem Vetter gesagt, ‹niemals hat diese treue Seele, Meisterin Burka, das Konfekt vergiftet.›»
    «Das ist sehr freundlich …», setzte Adelina an. Hinter ihren Schläfen begann es zu pochen.
    «Das hat doch nichts mit Freundlichkeit zu tun! Das ist selbstverständlich. Und zum Beweis, wie ernst es mir ist, möchte ich gern eine Schachtel Konfekt kaufen. Allen werde ich sie zeigen und davon anbieten. Und natürlich selbst davon essen. Niemand darf diese bösen Gerüchte glauben.»
    «Gerüchte?»
    «Ja, sicher! Alle reden bereits davon.» Entgen nickte bekräftigend.
    Das Pochen verstärkte sich. Adelina nahm eine ihrer Konfektschachteln unter der Theke hervor und reichte sie Entgen.
    Diese schob ihr ein Geldstück zu, verstaute die Schachtel in ihrem Korb und redete dabei ohne Unterlass weiter: «Ihr wisst doch, wie gern sich die Leute die Mäuler zerreißen. Aber ich habe gesagt: ‹Mathys›, habe ich gesagt, ‹ich werde nicht zulassen, dass du der armen Frau das Geschäft ruinierst.› Es ist nämlich so, müsst Ihr wissen, mein Vetter will im Rat und vor den Schöffen die Schließung Eurer Apotheke durchbringen. Wenigstens, bis die Morde aufgeklärt sind. Aber ich habe ihm gesagt, er sei verrückt. Das kann er doch nicht machen. Wovon sollt Ihr denn schließlich leben? Aber er ist ja so stur! Und deshalb dachte ich, ich komme her und warne Euch. Mathys ist in seinem Zorn ganz schrecklich. Ein bisschen kann ich ihn ja verstehen. Niemand leidet mehr unter Thönnes’ Tod als ich.» Sie bekreuzigte sich. «Hach, es ist alles so sinnlos und furchtbar. Ich weiß gar nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Und dann die Goldschmiede! Seit Tagen ist es still in der Werkstatt. Die Gesellen sind mir davongelaufen, die Zunfthat mir die Lehrjungen weggenommen. Ich muss wohl heiraten, wenn ich nicht alles verlieren will.»
    «Heiraten?» Erstaunt blickte Adelina von ihrer Geldkassette hoch, in die sie Entgens Münze gelegt hatte.
    «Aber ja doch, heiraten. Da gibt es einen anderen Goldschmied. Er ist beinahe zehn Jahre jünger als ich, aber sehr geschickt, wie man sagt. Er würde durch mich zum Meister werden, das ist schon geklärt. Und sein Vater ist Gebrechsmann im neuen Rat, füllt also einen der Plätze, die für die notwendige Anzahl der Ratsmitglieder vonnöten ist. Wenn Christian, so heißt er nämlich, wenn Christian mein Gemahl wird, stärkt das auch seinen Vater. Und vielleicht sitzen dann bald Vater und Sohn im Stadtrat.»
    «Ihr habt Euch also schon entschieden?»
    «Ach nein, nicht richtig. Versteht doch, ich bin noch in Trauer. Thönnes war doch wie mein …» Entgen schluckte und senkte verlegen den Blick. «Ich meine, wenn man so lange mit einem Menschen zusammenlebt, ist das alles nicht so einfach. Ich weiß noch nicht, was ich tun werde.»
    «Habt Ihr denn eine andere Wahl?» Adelina bemühte sich, ihre Anteilnahme durch ein herzliches Lächeln auszudrücken. Irgendwie tat ihr Entgen leid. Die Frau war nicht mehr die jüngste und stand nun vor solch einer Entscheidung. Dabei wirkte sie tatsächlich mehr wie eine trauernde Witwe. Der Tod ihres Bruders musste ihre Welt tief erschüttert haben.
    «Natürlich könnte ich auch zu Mathys gehen; bei ihm leben. Da er das Familienoberhaupt ist, müsste er mich aufnehmen. Sicherlich käme ihm auch das Geschäft gelegen. Aber mit seiner Frau, Edelgard, ist kein gutes Auskommen. Sie führt ein strenges Regimentund lässt keine zweite Meinung in ihrem Hause gelten. Es wäre nicht gut, wenn ich mit ihr unter einem Dach leben müsste. Nein, gar nicht gut.» Entgen rieb sich

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