Mord im Herbst: Roman (German Edition)
mit einem Berg von Kopien der betreffenden Seiten zurück ins Präsidium. Gemeinsam mit Stefan Lindman setzten Wallander und Martinsson sich in ein Sitzungszimmer.
»Es fängt am 5. Dezember 1944 an«, sagte Martinsson. » Ystads Allehanda hat über dem Artikel die Schlagzeile ›Fliegender Holländer auf der Landstraße‹.«
Sie lasen in der folgenden Stunde alles durch, was Martinsson gefunden hatte. Die beiden Personen, die in dem Wagen gelebt hatten, hießen Richard und Irina Pettersson. Es gab sogar ein unscharfes Bild von ihnen, die Kopie eines Fotos, das eingerahmt in dem Wagen gehangen hatte.
»Simon Larsson hat ein gutes Gedächtnis«, sagte Wallander, als sie die Zeitungstexte durchgelesen hatten. Dafür müssen wir ihm dankbar sein. Früher oder später hätten wir die beiden vielleicht auch ohne ihn gefunden. Aber man weiß es nicht. Die Frage ist, ob dies die Personen sind, nach denen wir suchen.«
»Das Alter stimmt«, sagte Stefan Lindman. »Und der Ort auch. Aber was ist geschehen?«
»Register«, sagte Wallander. »Wir müssen alles über diese beiden herausfinden. Wenn es eine Zeitmaschine gäbe, könnten wir jetzt eine brauchen.«
»Vielleicht hat Nyberg eine«, schlug Stefan Lindman vor.
Wallander und Martinsson lachten schallend. Wallander stand auf und trat ans Fenster. Martinsson lachte im Hintergrund weiter. Stefan Lindman nieste.
»Wir konzentrieren uns jetzt ein paar Tage auf die Petterssons«, sagte Wallander. »Andere Spuren geben wir nicht auf, lassen sie aber erst einmal ruhen. Abhängen sozusagen. Aber etwas sagt mir, dass diese Spur weiterführt. Es sind zu viele Einzelheiten, die stimmen; es müssten tatsächlich die beiden sein, die wir suchen.«
»In den Zeitungen wird von allen freundlich über sie berichtet«, sagte Martinsson. »Aber zwischen den Zeilen kann man irgendwie spüren, dass es die Leute eigentlich kalt ließ, was passiert war. Es ist das Geheimnisvolle an sich, was lockt. Manchmal hat man das Gefühl, dass die Menschen vor allem Mitleid mit dem Pferd hatten, das mit einem leeren Wagen herumzog. Was meint ihr, wie groß man die Sache aufgemacht hätte, wenn es um zwei alte schonische Bauern gegangen wäre?«
»Du hast recht«, sagte Wallander. Aber bevor wir nicht wissen, wer diese Menschen waren, können wir nicht ausschließen, dass es irgendwo eine Rückseite gab. Jetzt rufe ich die Staatsanwaltschaft an und informiere sie. Und wir machen uns an die Arbeit.«
Sie einigten sich darauf, wer was tun sollte, um das Bild von Richard und Irina Pettersson zu vertiefen. Wallander ging in sein Büro, rief die Staatsanwältin an und erstattete Bericht, bekam grünes Licht für die weitere Ermittlung und las dann das Zeitungsmaterial noch einmal durch.
Danach war das Gefühl, endlich auf der richtigen Spur zu sein, unverändert stark.
19.
Sie arbeiteten konzentriert bis zum 2. Dezember. Das Wetter in Schonen war weiter schlecht. Es stürmte und regnete ununterbrochen. Wallander verbrachte den größten Teil seiner Arbeitstage am Telefon und am Computer, mit dem er nach vielen Jahren endlich gelernt hatte umzugehen. Am Morgen des 2. Dezember hatte er eins von Richard und Irina Petterssons Enkelkindern ausfindig gemacht. Die Frau hieß Katja Blomberg und lebte in Malmö. Als er anrief, meldete sich ein Mann. Katja Blomberg war nicht zu Hause, aber Wallander hinterließ seine Telefonnummer und wies auf die Dringlichkeit hin, ohne genau zu sagen, worum es ging.
Er wartete immer noch auf einen Rückruf, als aus der Anmeldung des Polizeipräsidiums angerufen wurde.
»Du hast Besuch«, sagte eine Mitarbeiterin, deren Stimme er nicht kannte.
»Wer ist es denn?«
»Eine Frau namens Katja Blomberg.«
Wallander hielt den Atem an.
»Ich komme.«
Er ging hinaus zur Anmeldung. Katja Blomberg war um die vierzig, stark geschminkt, trug einen kurzen Rock und Stiefel mit hohen Absätzen. Ein paar Verkehrspolizisten, die vorbeikamen, warfen Wallander aufmunternde Blicke zu. Er begrüßte Frau Blomberg. Sie hatte einen kräftigen Händedruck.
»Ich dachte, dass ich genauso gut herkommen könnte.«
»Das ist nett.«
»Klar ist das nett! Ich hätte mich ja auch den Deubel drum scheren können, oder? Was wollen Sie?«
Wallander bat sie, mit in sein Büro zu kommen. Auf dem Weg dahin warf er einen Blick in Martinssons Zimmer. Es war wie üblich leer.
Katja Blomberg nahm auf seinem Besucherstuhl Platz und holte ein Päckchen Zigaretten heraus.
»Lieber nicht«,
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