Mord im Herbst: Roman (German Edition)
registrieren lassen.«
Sie stand auf und verließ den Raum. Wallander setzte sich und schaute aus dem Fenster. Er hatte schon angefangen, darüber nachzugrübeln, wie sie jetzt weiterkämen. Er rechnete nicht damit, dass er auf dem eingeschlagenen Weg einer Lösung näher käme. Einen kurzen Augenblick verspürte er den Impuls, einfach wegzugehen. Den Wagen zu nehmen und Schonen zu verlassen, um nie zurückzukommen. Aber es war zu spät für große Aufbrüche, das wusste er. Er würde im besten Fall eines Tages vielleicht sein Haus finden und einen Hund kaufen. Vielleicht auch eine Frau treffen, die zu der Gefährtin werden könnte, die ihm fehlte. Linda hatte recht. Er war wirklich drauf und dran, ein griesgrämiger alter Sack zu werden.
Irritiert vertrieb er diese Gedanken. Dann lehnte er sich zurück und schloss die Augen.
Er schreckte hoch, weil jemand seinen Namen sagte. Als er die Augen aufschlug, stand die Frau mit einem Papier in der Hand vor ihm.
»Manchmal zeigt es sich, dass ich zu pessimistisch bin«, sagte sie. »Ich habe vielleicht gefunden, was Sie suchen.«
Wallander sprang auf.
»Ist das möglich?«
»Es sieht ganz so aus.«
Die Frau setzte sich an ihren Schreibtisch, Wallander nahm ihr gegenüber Platz. Sie las von einem Blatt Papier in ihrer Hand ab. Wallander bemerkte, dass sie kurzsichtig war. Aber sie trug keine Brille.
»Kaarin, Elmo und Ivar Pihlak kamen im Februar 1944 aus Dänemark nach Schweden«, sagte sie. »Die erste Zeit wohnten sie in Malmö. Danach bei Ludvig Hansson, wo sie auch gemeldet waren. Im November des gleichen Jahres beantragten sie die Ausreise nach Dänemark. Sie haben das Land auch verlassen. Das ist hier vermerkt.«
»Und da können Sie ganz sicher sein?«
»Es wurden, was Flüchtlinge betraf, während des Krieges eine Reihe spezieller Aufzeichnungen gemacht. Ihr Sohn hat die Ausreise gemeldet.«
Wallander war verwirrt.
»Jetzt kann ich nicht mehr richtig folgen. Welcher Sohn?«
»Ivar. Er hat gemeldet, dass seine Eltern im November 1944 das Land verlassen haben.«
»Und was hat er selbst gemacht?«
»Er blieb hier und erhielt eine Aufenthaltsgenehmigung. Später wurde er sogar schwedischer Staatsbürger. 1954, um genau zu sein.«
Wallander hielt die Luft an. Er versuchte ganz klar zu denken. Drei Esten kommen 1944 aus Dänemark nach Schweden. Vater, Mutter und ein Sohn. Im November des gleichen Jahres ziehen die Eltern wieder nach Dänemark, während der Sohn zurückbleibt. Er ist es auch, der die Ausreise seiner Eltern aus Schweden gemeldet hat.
»Ich nehme an, es lässt sich nicht sagen, ob dieser Sohn noch lebt und wo er eventuell wohnt?«
»Das lässt sich sehr wohl sagen. Er ist seit vielen Jahren hier in Ystad gemeldet. Die Adresse ist Ekudden. Das ist ein Seniorenheim in der Nähe des alten Gefängnisses.«
Wallander wusste, wo es lag.
»Sie meinen also, dass er noch lebt?«
»Ja. Er ist sechsundachtzig Jahre alt.«
Wallander blickte einen Moment nachdenklich vor sich hin. Dann nickte er und verließ den Raum.
23.
Am Stadtrand von Ystad hielt Wallander an einer Tankstelle und aß eine Wurst. Er war sich noch nicht darüber im Klaren, was die Auskunft, die er beim Einwohnermeldeamt bekommen hatte, eigentlich für ihn bedeutete. Wenn sie überhaupt etwas bedeutete.
Bevor er weiterfuhr, trank er noch einen Kaffee aus einem Plastikbecher.
Ekudden lag an der Straße nach Trelleborg, ein großes altes Haus in einem Garten, mit Ausblick aufs Meer und auf die Einfahrt zum Hafen von Ystad. Wallander parkte den Wagen und ging durchs Tor. Auf einem Schotterweg spielten einige ältere Männer Boule. Wallander ging ins Haus, nickte freundlich zwei alten Frauen zu, die in der Eingangshalle saßen und strickten, und klopfte an eine Tür mit der Aufschrift ›Anmeldung‹. Eine Frau um die dreißig öffnete.
»Mein Name ist Kurt Wallander, ich bin Kriminalbeamter hier in Ystad.«
»Ich kenne Ihre Tochter Linda«, sagte die Frau herzlich. »Wir sind vor langer Zeit zusammen in die Schule gegangen. Ich war einmal bei Ihnen zu Hause, als Sie durch die Tür hereinkamen. Ich weiß noch, dass ich furchtbare Angst hatte.«
»Vor mir?«
»Vor Ihnen, ja. Sie waren so schrecklich groß.«
»Ich glaube nicht, dass ich so besonders groß war. Wissen Sie, dass Linda wieder in Ystad ist?«
»Ich habe sie auf der Straße getroffen. Ich weiß, dass sie Polizistin geworden ist.«
»Und? Wirkt sie gefährlich?«
Die junge Frau lachte. Auf einem Schild an
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