Mord im Labor
herab. Der irre Sexualverbrecher hatte
wieder zugeschlagen. Eine arme, alte kleine Lady von gut sechsundsiebzig Sommern
und dreiundachtzig Wintern. Als ich schließlich im vierten Stock ankam, hatte
sie ihn soeben mit einem alten Axtgriff , den sie
zufällig in der Wohnung herumliegen hatte, erschlagen. Ich nahm sie wegen
Mordes fest, und dann, stellen Sie sich vor — legte der irre Brandstifter Feuer
im Gebäude, indem er eine Bombe in die Kellergarage warf. Na ja, und...«
»Ah!« sagte sie zutiefst
angeekelt. »Halten Sie bloß die Klappe.«
Ich ließ ihr einen
anerkennenden Blick zukommen. »Wie ich sehe, sind wir heute
morgen wieder zu Miniröcken zurückgekehrt?«
»Ich jedenfalls ja«, sagte sie.
»Oder sind Sie über Nacht zum Homo geworden?«
»Der Sheriff möchte mich also
sprechen?« fragte ich demütig.
»Seit heute
morgen um neun.« Sie lächelte boshaft. »Vergessen Sie nicht, mir zu schreiben,
wenn Sie wieder irgendwo Arbeit gefunden haben.«
Ich klopfte an die Tür des
Sheriffbüros, hörte von innen eine Art prähistorischen Gebrülls herausdringen,
und trat ein. Auf den ersten Blick hin war es sonnenklar, daß Sheriff Lavers sich in einer seiner purpurroten Launen befand. Die
mehrfachen Kinne zitterten wie ein verrückt gewordener Gelatinepudding, und die
Spitze seiner fetten Zigarre war weißglühend. Rein intuitiv spürte ich, daß
dies nicht der richtige Augenblick sei, über eine mögliche Beförderung zu
reden.
»Nett, daß Sie mal reinschauen,
Lieutenant«, fauchte er. »Sie hatten vermutlich nichts Besseres zu tun?«
»Sie wissen, wie das bei
Doppelmorden ist, Sheriff.« Ich lächelte ihm zaghaft zu. »Der Tag beginnt um
elf Uhr vormittags und endet am nächsten Tag um drei Uhr früh.«
»Und wie heißt sie?« brüllte
er.
Ich glitt auf den Besucherstuhl
und ließ ihm mein dreifach aufrichtiges Lächeln zukommen, das, wie ich hoffe,
auszudrücken pflegt, daß ich seine Probleme verstehe und nur bemüht bin, ihm behilflich
zu sein. Wenn Lavers in einer solchen Stimmung ist,
besteht die einzige Hoffnung darin, so lange weiterzureden, bis er sich
verzweifelt bemüht, einen irgendwie loszuwerden. Also gab ich ihm einen
detaillierten Bericht über die ganze Affäre von Anfang an und stutzte nur hier
und dort etwas zurecht. Selbst ich hatte den Klang meiner eigenen Stimme satt,
als ich am Ende angelangt war.
»Das ist doch wohl nicht Ihr
Ernst, Lieutenant!« Er sah mich mit glasigem Blick an. »Sie fangen mit einem
Doppelmord an, der schon an sich recht bizarr ist — angesichts der beiden
pudelnackten Leichen und ihrer verschwundenen Kleidungsstücke. Aber nun
erzählen Sie mir auch noch, dieser Everard sei
Forschungschemiker gewesen, der möglicherweise irgendeine Methode gefunden hat,
die gesamte Menschheit stante pede auszurotten, und das sei auch der Grund, weshalb die beiden umgebracht worden
seien?«
»Na ja—«, ich erwiderte seinen
glasigen Blick, »-das habe ich damit nicht genau gemeint, Sheriff, aber
vielleicht ist bei Everards Versuchen irgend etwas äußerst Wichtiges herausgekommen.«
»Sie vergeuden hier in meinem
Büro Ihre Zeit, wissen Sie das?« knurrte er. »Sie sollten beim CIA arbeiten,
oder noch besser beim Fernsehen, dahin gehören Sie, Wheeler!«
»Sir«, sagte ich ohne wirkliche
Hoffnung, »ich weiß, es klingt...«
Es war zu spät. Seine Augen
hatten einen völlig ziellosen Ausdruck, und seine Stimme klang, als gehöre sie
der Puppe eines Bauchredners.
»Sie werden Ihren Kontaktmann Ecke Fifth Avenue und Main Street treffen«, sagte Lavers in dumpfem, monotonem Ton. »Ihr Kontaktmann wird mit
dem Rücken zur westlichen Sonne stehen, einen schwarzen Fedora über die Augen
gezogen, mit einem schäbigen Trenchcoat bekleidet. Wenn Sie sich auf gleicher
Höhe mit ihm befinden, werden Sie stehenbleiben, sich bücken und ihre
Schnürsenkel richten. Er wird sich zu erkennen geben durch die Worte: >Auf
dem Ararat ist viel ärarisch<, und Sie werden antworten: >Auf den
Molukken sind die Damen mollig<, und nachdem Sie sich solchermaßen
gegenseitig identifiziert haben, werden Sie sich beide Gesicht an Gesicht im
Walzerschritt auf die Kreuzung zubewegen, aber wenn dort gerade die Ampel auf
Rot steht...«
»...wird das Gegenkennwort
>Leck mich am Arsch< lauten«, zischte ich.
Lavers blickte auf das zermalmte Ende
seiner Zigarre, seufzte tief und ließ sie in den Aschenbecher fallen. »Warum
nur?« fragte er mit mitleiderregender Stimme, »warum kann es in meinem
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