Mord im Labor
Nachmittag
nichts im Labor gefunden.«
»Oder ich lüge und habe sie
selbst an mich genommen?«
»Ganz recht«, sagte ich.
»Da ist noch etwas, das mir
Kopfzerbrechen macht«, sagte sie. »Daß Justin und Mrs. O’Hara sich in dieses Motel eingeschlichen haben sollen, um sich eine
wollüstige Nacht zu gönnen, ergibt keinen Sinn. Justin hätte ein solches Risiko
niemals auf sich genommen. Seine Beziehung zu mir war etwas anderes. Wir waren
beide hochqualifizierte Leute, die im selben Beruf tätig waren, und wenn es zu
einem Skandal kam, hatte ich ebensoviel zu verlieren
wie er. Also waren wir beide sehr diskret. Aber daß Justin mit der
Privatsekretärin des Direktors plötzlich eine einmalige Liebesnacht in einem
Motel verbringen sollte?« Sie schüttelte energisch den Kopf. »Das glaube ich
nicht, Lieutenant!«
Ich trank einen Schluck meines
frischgefüllten Glases. »Vielleicht spielt die Logik in einer solchen Situation
keine Rolle. Mrs. O’Hara war eine sehr attraktive
Frau, und danach zu urteilen, was ich gehört habe, eine Nymphomanin. Aller
Wahrscheinlichkeit nach hat sie ihm den Vorschlag gemacht.«
»Sie kannten Justin nicht«,
sagte sie völlig unüberzeugt . »Ich kannte ihn. Er war
einfach nicht der Typ Mann, der irgendwas aus der Eingebung des Augenblicks
heraus tat. In der ersten Nacht, die wir gemeinsam verbrachten, nahm er sich über
eine Stunde Zeit, um mir seine ganze Beziehung zu mir zu erklären — von seinem
Standpunkt aus! Sie sollte rein physischer Natur sein und für keine Seite
irgendwie bindend, und sie sollte mit äußerster Vorsicht und Diskretion von
beiden Beteiligten aufrechterhalten werden. So wie er redete, hätte er auch
irgendein juristisches Dokument zitieren können, das sich mit irgendeiner
gespenstischen Versicherungsklausel beschäftigte, die jedes Risiko ausschloß .«
»Es gibt noch eine andere
mögliche Theorie«, sagte ich langsam.
»Ja?« Sie beugte sich eifrig zu
mir vor, und ihre Augen funkelten interessiert. »Nur zu, Lieutenant.«
»Es könnte sich bei der > Everardlösung < um eine Art Nervengas gehandelt haben«,
sagte ich bedächtig. »Ein Tropfen in die Wasserversorgung einer Stadt würde die
gesamte Bevölkerung bis zu fünfzehn Millionen Einwohner lähmen. Mrs. O’Hara war in Wirklichkeit eine russische Spionin. Sie
zwang Everard mit vorgehaltenem Revolver, ihr die
Unterlagen zu bringen und sie zum Motel zu begleiten, wo sie ihn umzubringen
gedachte, um anschließend die Notizen mit der Formel zu einem Treffpunkt zu
bringen, wo ein Unterseeboot auf sie wartete. Aber Sie wußten ebenfalls von der
Formel und folgten den beiden. Irgendwo unterwegs haben Sie zwei Messer
aufgegabelt, sind in das Motelzimmer geschlichen und
haben die beiden erstochen. Dann haben Sie die Unterlagen irgendwo versteckt
und kehrten hierher in Ihr Apartment zurück, entschlossen, allem zu trotzen,
was da kommen würde, vor allem der Polizei.«
»Sie enttäuschen mich,
Lieutenant«, sagte sie mit düsterer Stimme. »Ich habe natürlich erwartet, daß
Sie ein Mistkerl sind, aber doch kein so billiger.«
»Bullen fällt selbst ein
lausiger Sinn für Humor schwer«, gab ich zu. »Angenommen die > Everardlösung < war auf kommerziellem Gebiet von großem
Wert. Sie wäre doch das Eigentum von CalCon geworden,
oder nicht?«
»Theoretisch ja«, sagte sie.
»Wenn Sie für CalCon Forschung betreiben, oder, was das betrifft, für
irgendeine andere große Institution, so unterzeichnen Sie ein massives
juristisches Dokument, demzufolge automatisch alles, was Sie entdecken,
Eigentum der Gesellschaft wird. Aber da gibt’s natürlich Schlupflöcher. Sie
können kündigen, ungefähr ein Jahr lang warten, und dann plötzlich die
Entdeckung noch einmal machen. Oder, falls Sie raffiniert sind, können Sie Ihre
eigene Gesellschaft mit Strohmännern, welche die eigentlichen Besitzer tarnen,
auf den Bahamas oder sonstwo aufmachen. Mit anderen
Worten, das ist kein echtes Problem, wenn Sie entschlossen sind, es zu
bewältigen. Hatte Everard eine eigene Gesellschaft?«
»Wenn ja, hat er mir nie davon
erzählt.«
»Wo hat er gewohnt?«
»Einen Stock tiefer«, sagte sie
leichthin. »Apartment sechs B.«
»Sie haben nicht etwa noch einen
Schlüssel?«
»Das ist eine typische
Bullenfangfrage, wie?« Sie leerte ihr zweites Glas Martini. »Doch, ich habe
zufällig noch einen Schlüssel. Wollen Sie ihn gleich haben?«
»Es reicht noch, wenn ich dann
gehe«, sagte ich.
»Nichts von all dem ergibt
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