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Mord im Orientexpress

Mord im Orientexpress

Titel: Mord im Orientexpress Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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zugeben.»
    Auch diese Zwischenbemerkung konnte Poirot nicht aus dem Konzept bringen. Er sprach ruhig weiter.
    «Drei Möglichkeiten tun sich vor uns auf:
    Erstens: Die Tat wurde, wie Sie sagen, um Viertel nach eins begangen. Dies wird gestützt durch die Aussage der deutschen Zofe, Hildegard Schmidt. Es steht auch mit Dr. Constantines Feststellungen in Einklang.
    Zweite Möglichkeit: Die Tat wurde später begangen und die Uhr mit böser Absicht zurückgestellt.
    Dritte Möglichkeit: Die Tat wurde früher begangen und die Uhr mit ebenso böser Absicht vorgestellt.
    Akzeptieren wir nun die erste Möglichkeit als die wahrscheinlichste, die zugleich durch Indizien am besten belegt ist, dann müssen wir auch gewisse Folgerungen akzeptieren, die daraus erwachsen. Zunächst: Wenn die Tat um Viertel nach eins begangen wurde, kann der Mörder den Zug nicht mehr verlassen haben, und es erhebt sich die Frage, wo er ist. Und wer er ist.
    Prüfen wir als Erstes die Indizien, die wir haben. Von der Existenz dieses Mannes – klein mit dunklem Teint und weibischer Stimme – hören wir zum ersten Mal von Mr. Hardman. Er sagt, Ratchett habe ihm den Mann beschrieben und ihn beauftragt, nach ihm Ausschau zu halten. Dafür gibt es keine Beweise, nur Mr. Hardmans Aussage. Stellen wir uns als Nächstes die Frage:
    Ist Mr. Hardman der, für den er sich ausgibt – Agent einer New Yorker Detektei?
    Für mich ist dieser Fall deshalb so interessant, weil wir keine der Möglichkeiten haben, die der Polizei zur Verfügung stehen. Wir können den Leumund dieser Leute nicht prüfen. Wir sind allein auf logische Überlegungen angewiesen. Das macht die Sache für mich viel interessanter. Keinerlei Routinearbeit. Eine rein intellektuelle Übung. Ich frage mich: ‹Können wir die Angaben, die Mr. Hardman über sich selbst gemacht hat, akzeptieren?› Ich entscheide mich und sage: ‹Ja.› Ich bin der Meinung, dass wir Mr. Hardmans Angaben über sich selbst akzeptieren können.»
    «Sie bauen auf Ihre Intuition – Ihren Riecher, wie es volkstümlich heißt?», fragte Dr. Constantine.
    «Keineswegs. Ich wäge Wahrscheinlichkeiten ab. Hardman reist mit falschem Pass – das macht ihn sofort verdächtig. Wenn die Polizei auf dem Schauplatz erscheint, wird sie Mr. Hardman unverzüglich festnehmen und sich telegrafisch von der Richtigkeit seiner Angaben überzeugen. Bei vielen Reisenden wird es schwierig sein, den Leumund einzuholen; wahrscheinlich wird man es in den meisten Fällen gar nicht erst versuchen, zumal es gegen diese Leute keinerlei Verdachtsmomente gibt. Bei Hardman ist es hingegen ganz einfach. Entweder ist er der, für den er sich ausgibt, oder er ist es nicht. Darum sage ich, dass sich alles als richtig herausstellen wird.»
    «Sie nehmen ihn also von allem Verdacht aus?»
    «Aber nein. Sie missverstehen mich. Aus meiner Sicht könnte jeder beliebige amerikanische Privatdetektiv seine persönlichen Gründe haben, Ratchett ermorden zu wollen. Nein, ich sage nur, dass wir Hardmans Angaben über sich selbst akzeptieren können. Als Nächstes ist diese Geschichte, die er uns erzählt hat – dass Ratchett ihn angeheuert habe –, nicht unglaubhaft und dürfte höchstwahrscheinlich, wenn auch natürlich nicht mit Sicherheit, wahr sein. Unterstellen wir sie als wahr, dann müssen wir suchen, ob es eine Bestätigung dafür gibt. Und wir finden sie, wo man sie am wenigsten erwarten sollte – in der Aussage von Hildegard Schmidt. Ihre Beschreibung des Mannes, den sie in der Uniform eines Schlafwagenschaffners gesehen hat, passt genau. Gibt es noch eine weitere Bestätigung für beide Aussagen? Ja, es gibt sie. Da ist der Knopf, den Mrs. Hubbard in ihrem Abteil gefunden hat. Und wir haben noch eine Aussage im selben Sinne, auch wenn sie Ihnen vielleicht entgangen ist.»
    «Und die wäre?»
    «Sowohl Colonel Arbuthnot als auch Hector MacQueen haben erwähnt, dass der Schaffner an ihrem Abteil vorbeiging. Sie haben dem keine Bedeutung beigemessen, aber, Messieurs, Pierre Michel hat uns erklärt, dass er seinen Platz nicht verlassen hat, außer zu ganz bestimmten, ausdrücklich genannten Anlässen, die ihn aber alle nicht zum vorderen Ende des Wagens und damit an dem Abteil vorbeiführten, in dem Arbuthnot und MacQueen saßen.
    Somit stützt sich die Geschichte von einem kleinen Mann mit dunklem Teint und weibischer Stimme, der die Uniform eines Schlafwagenschaffners trug, auf die direkten oder indirekten Aussagen von vier Zeugen.»
    «Ein kleiner

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