Mord im Pfarrhaus
möchten? Dann kommen Sie bitte wieder und beantworten ein paar Fragen.»
Der Butler eilte davon und kam sofort wieder mit der Meldung, dass er seinen Auftrag erledigt habe.
«Jetzt möchten wir gern etwas über gestern wissen», sagte Colonel Melchett. «War Ihr Herr zum Mittagessen zu Hause?»
«Ja, Sir.»
«Und in seiner üblichen Stimmung?»
«Soweit ich sehen konnte, ja, Sir.»
«Was geschah danach?»
«Nach dem Lunch legte sich Mrs Protheroe hin und der Colonel ging in sein Arbeitszimmer. Miss Lettice fuhr im Zweisitzer zu einer Tennisparty. Der Colonel und Mrs Protheroe nahmen um vier Uhr dreißig im Salon den Tee ein. Der Wagen wurde für fünf Uhr dreißig befohlen, um sie ins Dorf zu bringen. Sofort nach ihrer Abfahrt rief Mr Clement an» – er verbeugte sich vor mir – «und ich sagte ihm, dass sie weggefahren waren.»
«Hm. Wann war Mr Redding das letzte Mal hier?»
«Am Dienstagnachmittag, Sir.»
«Wie ich höre, hat es eine Meinungsverschiedenheit zwischen ihnen gegeben?»
«Ich glaube, ja, Sir. Der Colonel hat mich angewiesen, Mr Redding künftig keinen Einlass mehr zu gewähren.»
«Haben Sie etwas von dem Streit gehört?», fragte Colonel Melchett direkt.
«Colonel Protheroe hatte eine sehr laute Stimme, Sir, besonders wenn er zornig war. Das eine oder andere Wort konnte ich gar nicht überhören.»
«Genug um den Grund des Wortwechels zu erfahren?»
«Soweit ich verstand, Sir, ging es um ein Porträt, das Mr Lawrence gemalt hatte – ein Porträt von Miss Lettice.»
Melchett knurrte vor sich hin. «Haben Sie Mr Redding gesehen, als er ging?»
«Ja, Sir, ich habe ihn zur Tür gebracht.»
«Wirkte er wütend?»
«Nein, Sir; wenn ich so sagen darf, schien er eher amüsiert.»
«Ah! Und gestern kam er nicht hierher?»
«Nein, Sir.»
«Kam sonst jemand?»
«Nicht gestern, Sir.»
«Und vorgestern?»
«Mr Dennis Clement kam am Nachmittag. Und Dr. Stone war eine Zeit lang hier. Und am Abend kam eine Dame.»
«Eine Dame?» Melchett war überrascht. «Wer war sie?»
Der Butler konnte sich an den Namen nicht erinnern. Er hatte die Dame noch nie zuvor gesehen. Ja, sie hatte ihren Namen genannt, und als er sagte, die Familie sei beim Essen, hatte sie geantwortet, sie werde warten. Er hatte sie in das kleine Morgenzimmer geführt.
Sie hatte nach Colonel Protheroe gefragt, nicht nach Mrs Protheroe. Er hatte sie dem Colonel gemeldet, und gleich nach dem Abendessen war der Colonel ins Morgenzimmer gegangen.
Wie lange war die Dame geblieben? Der Butler glaubte, etwa eine halbe Stunde. Der Colonel selbst hatte sie zur Tür gebracht. Ah! Ja, jetzt war ihm der Name wieder eingefallen. Die Dame war eine Mrs Lestrange gewesen.
Das war eine Überraschung.
«Merkwürdig», sagte Melchett. «Wirklich sehr merkwürdig.»
Aber wir verfolgten das Thema nicht weiter, denn in diesem Moment wurde gemeldet, dass Mrs Protheroe uns empfangen wolle.
Anne lag im Bett. Sie war blass, und ihre Augen glänzten. Ihr Gesichtsausdruck erstaunte mich – eine Art verbissene Entschlossenheit. Sie wandte sich an mich:
«Danke, dass Sie so rasch gekommen sind. Sie haben offenbar verstanden, was ich damit meinte, dass Sie mitbringen sollen, wen Sie wollen.» Nach einer Pause fuhr sie fort. «Am besten, man bringt es rasch hinter sich, nicht wahr?» Ihr Lächeln war seltsam, fast Mitleid erregend. «Wahrscheinlich muss ich es Ihnen sagen, Colonel Melchett. Verstehen Sie, ich war es, die meinen Mann getötet hat.»
Colonel Melchett sagte sanft: «Meine liebe Mrs Protheroe.»
«Oh! Es stimmt. Ich habe es wohl sehr direkt gesagt, aber ich werde nie hysterisch wegen irgendetwas. Ich habe ihn schon lange gehasst, und gestern habe ich ihn erschossen.» Sie legte sich in die Kissen zurück und schloss die Augen. «Das ist alles. Ich nehme an, Sie werden mich festnehmen und abführen. Sobald ich kann, stehe ich auf und kleide mich an. Im Moment fühle ich mich ziemlich schwach.»
«Wissen Sie, Mrs Protheroe, dass Mr Lawrence Redding sich bereits beschuldigt hat, dasselbe Verbrechen begangen zu haben?»
Anne öffnete die Augen und nickte strahlend.
«Ich weiß. Der törichte Junge. Er ist sehr verliebt in mich, wissen Sie. Es war ungeheuer edel von ihm – aber sehr töricht.»
«Wusste er, dass Sie das Verbrechen begangen haben?»
«Ja.»
«Woher wusste er es?»
Sie zögerte.
«Haben Sie es ihm gesagt?»
Sie zögerte immer noch. Dann schien sie sich endlich zu entscheiden. «Ja – ich habe es ihm
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