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Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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denken, dass der Arme wenig später niedergeschossen wurde. Es ist fast, als hätten Sie eine Vorahnung gehabt.»
    «Nicht im Geringsten», sagte ich kurz. Hawes’ Tendenz zum Mystizismus gefällt mir nicht. Er hat etwas von einem Phantasten.
    «Haben Sie der Polizei von diesem Archer erzählt, Sir?»
    «Ich weiß nichts über ihn.»
    «Ich meine, haben Sie ihr gegenüber wiederholt, was Colonel Protheroe sagte – dass Archer ihn bedroht hat?»
    «Nein», sagte ich zögernd, «das habe ich nicht.»
    «Aber Sie werden es noch?»
    Ich schwieg. Ich habe etwas dagegen, einen Mann zur Strecke zu bringen, der schon die Ordnungs- und Gesetzeshüter gegen sich hat. Ich habe nicht viel übrig für Archer. Er ist ein unverbesserlicher Wilderer – einer dieser fröhlichen Tunichtgute, die es in jeder Pfarrgemeinde gibt. Was immer er auch in der Hitze des Gefechtes bei seiner Verurteilung gesagt haben mochte – ich wusste schließlich nicht mit Gewissheit, ob er noch genauso empfinden würde, wenn er aus dem Gefängnis kam.
    «Sie haben das Gespräch gehört», sagte ich endlich. «Wenn Sie es für Ihre Pflicht halten, damit zur Polizei zu gehen, dann müssen Sie es tun.»
    «Es wäre besser, wenn es von Ihnen käme, Sir.» .
    «Vielleicht – aber um ehrlich zu sein – nun, ich habe keine Lust, das zu tun. Ich könnte dazu beitragen, den Strick um den Hals eines Unschuldigen zu legen.»
    «Aber wenn er Colonel Protheroe erschossen hat…»
    «Ach, wenn! Es gibt keinerlei Beweise dafür, dass er es getan hat.»
    «Seine Drohungen.»
    «Genau genommen waren es nicht seine Drohungen, sondern die von Colonel Protheroe. Er hat damit gedroht, Archer zu zeigen, was Rache wert ist, wenn er ihn das nächste Mal erwischen sollte.»
    «Ich kann Ihre Einstellung nicht verstehen, Sir.»
    «So, so», sagte ich müde. «Nun, Sie sind ein junger Mann. Sie ereifern sich für das Recht. Wenn Sie in mein Alter kommen, werden Sie feststellen, dass Sie im Zweifelsfall gern zu Gunsten des Angeklagten entscheiden würden.»
    «Es ist nicht – ich meine…»
    Er unterbrach sich, und ich sah ihn erstaunt an.
    «Sie haben keine – keine eigenen Vorstellungen – wer der Mörder sein könnte, meine ich?»
    «Großer Himmel, nein.»
    Hawes blieb hartnäckig. «Oder was die Motive angeht?»
    «Nein. Sie vielleicht?»
    «Ich? Nein, überhaupt nicht. Ich frage mich nur… Wenn Colonel Protheroe – Ihnen irgendetwas anvertraut hätte – etwas erwähnt hätte…»
    «Seine vertraulichen Mitteilungen, sofern es welche waren, wurden gestern Morgen von der ganzen Dorfstraße gehört», sagte ich trocken.
    «Ja. Ja, natürlich. Und Sie glauben nicht – wegen Archer?»
    «Die Polizei wird bald genug alles über Archer wissen», sagte ich. «Wenn ich selbst gehört hätte, wie er Colonel Protheroe gedroht hat, wäre es etwas anderes. Aber Sie können sicher sein, wenn er ihm tatsächlich gedroht hat, wird die Hälfte der Dorfbevölkerung ihn gehört haben, und die Polizei wird davon erfahren. Sie natürlich müssen tun, was Sie für richtig halten.»
    Aber Hawes schien sonderbar unwillig, selbst etwas zu tun.
    Die ganze Haltung des Mannes war nervös und eigenartig. Ich erinnerte mich an das, was Haydock über seine Krankheit gesagt hatte. Darin lag wohl die Erklärung.
    Er verabschiedete sich schließlich widerstrebend, als hätte er noch mehr zu sagen und wüsste nicht wie.
    Bevor er ging, vereinbarte ich mit ihm, dass er den Gottesdienst für die Mütterunion übernahm, anschließend das Treffen der Bezirksbesucher. Ich hatte am Nachmittag verschiedene eigene Projekte.
    Dann verdrängte ich Hawes und seine Probleme aus meinen Gedanken und machte mich auf den Weg zu Mrs Lestrange.
    Auf dem Tisch in der Diele lagen ungeöffnet der Gua r dian und die Church Times.
    Unterwegs fiel mir ein, dass Mrs Lestrange am Abend vor Colonel Protheroes Tod eine Unterredung mit ihm gehabt hatte. Möglicherweise war dabei etwas zur Sprache gekommen, das ein Licht auf seinen Mord werfen konnte.
    Ich wurde direkt in den kleinen Salon geführt, und Mrs Lestrange stand auf, um mich zu begrüßen. Wieder wurde ich von der wunderbaren Atmosphäre beeindruckt, die diese Frau schaffen konnte. Sie trug ein Kleid aus einem stumpfen, schwarzen Stoff, das die außerordentliche Blässe ihrer Haut hervorhob. Ihr Gesicht hatte etwas seltsam Totes. Nur die Augen waren brennend lebendig. Heute hatten sie einen wachsamen Blick. Sonst zeigte sie keine Anzeichen von Lebhaftigkeit.
    «Es ist

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