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Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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später zu meinem Freund gesagt. Er war natürlich anderer Meinung. Hat mit mir gestritten. Aber er hat zugegeben, dass er von Colonel Protheroe überrascht ist – wo er doch Kirchenvorsteher ist und den Klingelbeutel herumreicht und sonntags den Bibeltext liest. ‹Aber so ist es›, habe ich gesagt, ‹das sind sehr oft die Schlimmsten.› Denn das hörte ich viele Male meine Mutter sagen.»
    Gladdie machte eine Atempause, und Lawrence versuchte taktvoll, sie dahin zurückzusteuern, wo das Gespräch angefangen hatte.
    «Haben Sie sonst noch etwas gehört?»
    «Es ist schwierig, sich genau zu erinnern, Sir. Es war alles so ziemlich das Gleiche. Ein- oder zweimal sagte er: ‹Ich glaube es nicht.› Genau so. ‹Egal was Haydock sagt, ich glaube es nicht.›»
    «Das hat er gesagt? ‹Egal was Haydock sagt›?»
    «Ja. Und er sagte, dass alles eine Verschwörung ist.»
    «Haben Sie die Dame überhaupt nicht verstehen können?»
    «Nur am Schluss. Sie muss aufgestanden und näher ans Fenster gekommen sein. Und ich hörte, was sie sagte. Mir blieb fast das Herz stehen, ehrlich. Das vergesse ich nie. ‹Morgen um diese Zeit könntest du tot sein›, sagte sie. Böse klang das. Und sobald ich die Nachricht hörte, sagte ich zu Rose: ‹Na bitte!›»
    Lawrence überlegte. Hauptsächlich überlegte er, wie weit er sich auf Gladys’ Geschichte verlassen konnte. Er nahm an, dass sie im Kern stimmte, seit dem Mord aber ausgeschmückt und aufpoliert worden war. Besonders bezweifelte er die Richtigkeit der letzten Bemerkung. Er fand es höchst wahrscheinlich, dass sie nach dem Mord hinzugefügt worden war.
    Er dankte Gladys, belohnte sie angemessen, versicherte ihr erneut, dass Mrs Pratt nichts von ihren Missetaten erfahren würde und verließ Old Hall mit viel Material zum Nachdenken.
    Eins war klar, Mrs Lestranges Besprechung mit Colonel Protheroe war bestimmt nicht friedlich verlaufen, und ihm war daran gelegen, sie vor seiner Frau geheim zu halten.
    Ich dachte an Miss Marples Kirchenvorsteher mit dem zweiten Haushalt. Ähnelte dieser Fall jenem?
    Mehr denn je fragte ich mich, was Haydock damit zu tun hatte. Er hatte Mrs Lestrange davor bewahrt, bei der gerichtlichen Untersuchung aussagen zu müssen. Er hatte sein Bestes getan, um sie vor der Polizei zu schützen. Wie weit würde er mit diesem Schutz gehen?
    Angenommen, er verdächtigte sie des Verbrechens – würde er immer noch versuchen, sie zu decken?
    Sie war eine merkwürdige Frau – eine Frau von sehr starkem, magnetischem Charme. Ich selbst hasste den Gedanken, sie in irgendeine Verbindung mit dem Mord zu bringen.
    Etwas in mir sagte: «Sie kann es nicht sein!» Warum?
    Und ein Kobold in meinem Hirn antwortete: «Weil sie eine sehr schöne und anziehende Frau ist. Darum.»
    In jedem von uns steckt, wie Miss Marple sagen würde, viel menschliche Natur.

Zwanzigstes Kapitel
     
    A ls ich ins Pfarrhaus zurückkam, stellte ich fest, dass wir mitten in einer häuslichen Krise steckten.
    Griselda kam mir in der Diele mit Tränen in den Augen entgegen und zog mich in den Salon. «Sie geht.»
    «Wer geht?»
    «Mary. Sie hat gekündigt.»
    Ich konnte die Nachricht wirklich nicht als Tragödie empfinden.
    «Nun», sagte ich, «dann müssen wir ein anderes Dienstmädchen suchen.»
    Der Satz kam mir völlig vernünftig vor. Wenn ein Dienstbote geht, sucht man einen anderen. Ich konnte nicht verstehen, warum Griselda mich so tadelnd anschaute.
    «Len – du bist ganz und gar herzlos. Es ist dir egal.»
    Das stimmte. Ich war sogar beinah vergnügt bei der Aussicht, keine angebrannten Puddings und halb gares Gemüse mehr essen zu müssen.
    «Ich muss ein Mädchen suchen und sie finden und ausbilden», sagte Griselda voller Selbstmitleid.
    «Ist Mary ausgebildet?», fragte ich.
    «Natürlich.»
    «Wahrscheinlich hat jemand gehört, wie sie uns als Sir oder Ma’am ansprach und hat sie uns als Perle sofort abspenstig gemacht. Ich kann nur sagen, die Leute werden enttäuscht sein.»
    «Darum geht es nicht», sagte Griselda. «Niemand anders will sie. Das wäre auch unvorstellbar. Es geht um ihre Gefühle. Sie ist gekränkt, weil Lettice Protheroe gesagt hat, sie würde nicht ordentlich abstauben.»
    Griselda äußert oft erstaunliche Behauptungen, aber diese kam mir so erstaunlich vor, dass ich sie anzweifelte. Es war völlig unwahrscheinlich, dass Lettice Protheroe sich die Mühe machte, ihre Nase in unsere häuslichen Angelegenheiten zu stecken und unser Mädchen wegen

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