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Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Moment traf mich einer am Auge und verursachte eine vorübergehende Gesprächspause.
    «Glauben Sie nicht», ich tupfte mir mit dem Taschentuch das Auge, «dass Sie das ernster genommen haben, als es gemeint war? Wissen Sie, Mary, Ihre Herrin würde sehr traurig sein, Sie zu verlieren.»
    «Ich habe nichts gegen die Herrin – oder gegen Sie, Sir, was das angeht.»
    «Nun, denken Sie nicht, Sie sind ein bisschen töricht?»
    «Ich war ein bisschen durcheinander – nach der Untersuchung und allem. Und ein Mädchen hat seine Gefühle. Aber ich möchte der Herrin keinen Ärger machen.»
    «Dann ist ja alles in Ordnung», sagte ich.
    Griselda und Dennis warteten in der Diele auf mich. «Nun?», rief Griselda.
    «Sie bleibt.» Ich seufzte.
    «Len», sagte meine Frau, «du warst aber geschickt!»
    Ich hätte ihr gern widersprochen. Ich glaubte nicht, dass ich geschickt gewesen war. Es ist meine feste Überzeugung, dass keine Hausangestellte schlimmer als Mary sein könnte. Jeder Wechsel, finde ich, wäre ein Wechsel zum Besseren gewesen.
    Aber ich mache Griselda gern eine Freude. Ich schilderte die wesentlichen Einzelheiten von Marys Kummer.
    «Das sieht Lettice ähnlich», sagte Dennis. «Sie konnte ihre Baskenmütze am Mittwoch gar nicht hier liegen gelassen haben. Sie trug sie am Donnerstag beim Tennis.»
    «Das kommt mir sehr wahrscheinlich vor», sagte ich.
    «Sie weiß nie, wo sie ihre Sachen liegen lässt», sagte Dennis mit einer Art liebevollem Stolz und Bewunderung, die meiner Meinung nach ganz unangebracht war. «Sie verliert jeden Tag ein Dutzend Sachen.»
    «Ein bemerkenswert reizvoller Zug.»
    Sarkasmus war an Dennis verschwendet.
    «Sie ist reizvoll», sagte er mit einem tiefen Seufzer. «Dauernd bekommt sie Heiratsanträge – sie hat es mir erzählt.»
    «Es müssen Anträge von Analphabeten sein, wenn sie hier in der Gegend gemacht werden», sagte ich. «Wir haben nicht einen Junggesellen im Ort.»
    «Da wäre Dr. Stone.» Griseldas Augen tanzten.
    «Er hat sie neulich eingeladen das Hügelgrab zu besichtigen», räumte ich ein.
    «Natürlich», sagte Griselda. «Sie ist reizvoll, Len. Selbst glatzköpfige Archäologen merken das.»
    «Viel Sexappeal», sagte Dennis weise.
    Und doch ist Lawrence Redding völlig unbeeindruckt von Lettices Charme. Griselda erklärte das allerdings mit der Miene einer Frau, die weiß, dass sie Recht hat.
    «Lawrence hat selbst jede Menge Sexappeal. Solche Mensch bevorzugen immer den – wie soll ich es ausdrücken – den Quäkertyp. Sehr zurückhaltend und schüchtern. Die Art Frau, die jeder kalt nennt. Ich glaube, Anne ist die einzige Frau, die Lawrence je halten könnte. Ich glaube nicht, dass sie einander je überdrüssig werden. Trotzdem glaube ich, dass er in einer Hinsicht ziemlich dumm gewesen ist. Er hat Lettice ziemlich benutzt, wisst ihr. Bestimmt ist ihm im Traum nicht eingefallen, dass sie sich etwas aus ihm macht – er ist in mancher Beziehung schrecklich bescheiden – aber ich habe das Gefühl, so ist es.»
    «Sie kann ihn nicht ausstehen», sagte Dennis entschieden. «Das hat sie mir erzählt.»
    Ich habe noch nie so etwas erlebt wie das mitleidige Schweigen, mit dem Griselda auf diese Bemerkung reagierte.
    Ich ging in mein Arbeitszimmer. Für mein Gefühl hatte der Raum immer noch eine ziemlich unheimliche Atmosphäre. Ich wusste, dass ich das überwinden musste. Wenn ich dieser Empfindung nachgab, würde ich das Arbeitszimmer wahrscheinlich nie mehr benützen können. Nachdenklich ging ich zum Schreibtisch. Hier hatte Protheroe gesessen, rotgesichtig, kräftig, selbstgerecht, und hier war er in einem kurzen Augenblick niedergestreckt worden. Wo ich jetzt stand, hatte ein Feind gestanden…
    Und so – kein Protheroe mehr…
    Hier war der Stift, den seine Finger gehalten hatten.
    Auf dem Boden sah man einen blassen dunklen Flecken – der Teppich war in die Reinigung gegeben worden, aber da war Blut durchgesickert.
    Ich schauderte.
    «Ich kann diesen Raum nicht benutzen», sagte ich laut. «Ich kann ihn nicht benutzen.»
    Dann fiel mein Blick auf etwas – nur ein blaues Pünktchen. Ich bückte mich. Zwischen dem Boden und dem Schreibtisch lag der kleine Gegenstand. Ich hob ihn auf.
    Ich hielt ihn auf der Handfläche und starrte ihn an, als Griselda hereinkam.
    «Ich habe vergessen dir zu sagen, Len, Miss Marple möchte, dass wir heute Abend nach dem Essen zu ihr kommen. Um ihren Neffen zu amüsieren. Sie hat Angst, dass er sich langweilt. Ich habe

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