Mord im Pfarrhaus
früher eine Arche nannte, trug die Initialen E. P. Ich hob den Deckel. Sie war leer. Sonst war nichts im Speicher, das auch nur im Geringsten einen Anhaltspunkt gegeben hätte.
«Das ist wirklich ein höchst erstaunlicher Vorfall», sagte ich. «Es ist so – sinnlos.»
«Ja», sagte Anne. «Das macht mir ein wenig Angst.»
Es gab nichts mehr zu sehen. Ich begleitete sie hinunter in ihr Wohnzimmer, wo sie hinter uns die Tür schloss.
«Meinen Sie, ich sollte deshalb irgendetwas tun? Der Polizei Bescheid geben?»
Ich zögerte.
«Auf den ersten Blick lässt sich schwer sagen, ob…»
«Es etwas mit dem Mord zu tun hat oder nicht», beendete Anne den Satz. «Ich weiß. Das macht es ja so schwierig. Auf den ersten Blick scheint es überhaupt keine Verbindung zu geben.»
«Nein», sagte ich, «aber es ist ein weiterer merkwürdiger Vorfall.»
Wir saßen beide schweigend und ratlos da.
«Was haben Sie vor, wenn ich fragen darf?», sagte ich schließlich.
Sie hob den Kopf.
«Ich bleibe noch mindestens sechs Monate hier!» Sie sagte es trotzig. «Ich habe keine Lust dazu. Ich hasse die Vorstellung, hier zu leben. Aber ich glaube, es ist das einzig Mögliche. Sonst werden die Leute sagen, dass ich davongelaufen bin – dass ich ein schlechtes Gewissen hatte.»
«Bestimmt nicht.»
«Oh doch! Besonders wenn…» Sie machte eine Pause, dann sagte sie: «Wenn die sechs Monate vorbei sind – werde ich Lawrence heiraten.» Sie schaute mir in die Augen. «Keiner von uns will länger warten.»
«Ich habe angenommen, dass es so kommt.»
Plötzlich verlor sie die Fassung und verbarg den Kopf in den Händen. «Sie wissen nicht, wie dankbar ich Ihnen bin – Sie ahnen es nicht. Wir hätten Abschied genommen – er wollte weggehen. Ich empfinde – ich empfinde den Tod von Lucius als so furchtbar. Wenn wir geplant hätten, zusammen wegzugehen, und wenn er dann gestorben wäre – das wäre jetzt so entsetzlich. Aber Sie haben uns beiden geholfen einzusehen, wie unrecht es wäre. Deshalb bin ich Ihnen dankbar.»
«Auch ich bin dankbar», sagte ich ernst.
«Dennoch, wissen Sie – solange der wirkliche Mörder nicht gefunden ist, werden die Leute immer denken, dass es Lawrence war – oh doch! Das werden sie. Und besonders, wenn er mich heiratet.»
«Meine Liebe, Dr. Haydocks Aussage hat einwandfrei geklärt…»
«Was kümmern sich die Leute um Aussagen? Sie wissen gar nichts davon. Und medizinische Beweise bedeuten Außenseitern sowieso nie etwas. Das ist ein weiterer Grund, warum ich hier bleibe. Mr Clement, ich werde die Wahrheit herausfinden.»
Ihre Augen blitzten, während sie das sagte und hinzufügte: «Deshalb habe ich dieses Mädchen eingeladen.»
«Miss Cram?»
«Ja.»
«Dann kam die Einladung doch von Ihnen. Ich meine, es war Ihre Idee?»
«Völlig. Oh, es stimmt, sie hat ein bisschen gejammert. Bei der Untersuchung – sie war dort, als ich ankam. Nein, ich habe sie aus freien Stücken hergebeten.»
«Aber bestimmt», rief ich, «glauben Sie doch nicht, dass diese alberne junge Frau etwas mit dem Verbrechen zu tun haben könnte?»
«Es ist schrecklich leicht, einen albernen Eindruck zu machen, Mr Clement. Das gehört zu den einfachsten Dingen der Welt.»
«Dann glauben Sie tatsächlich…?»
«Nein, das glaube ich nicht. Ehrlich nicht. Ich glaube, dass das Mädchen etwas weiß – oder etwas wissen könnte. Ich wollte sie aus der Nähe beobachten.»
«Und in der ersten Nacht nach ihrer Ankunft wird das Bild zerstört», sagte ich nachdenklich.
«Glauben Sie, dass sie es war? Aber warum? Es kommt mir so absolut absurd und unmöglich vor.»
«Mir kommt absolut unmöglich und absurd vor, dass Ihr Mann in meinem Arbeitszimmer ermordet wurde», sagte ich erbittert. «Aber so war es.»
«Ich weiß.» Sie legte die Hand auf meinen Arm. «Es ist scheußlich für Sie. Ich weiß das, auch wenn ich nicht viel darüber gesagt habe.»
Ich holte den blauen Lapislazuli-Ohrring aus der Tasche und zeigte ihn ihr. «Ich glaube, er gehört Ihnen?»
«Oh ja!» Mit erfreutem Lächeln streckte sie die Hand aus. «Wo haben Sie ihn gefunden?»
Aber ich legte das Schmuckstück nicht in ihre flache Hand.
«Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich ihn noch ein bisschen behalte?»
«Nein, natürlich nicht.» Sie sah mich verwirrt und fragend an. Ich befriedigte ihre Neugier nicht.
Stattdessen fragte ich sie nach ihrer finanziellen Lage.
«Die Frage ist ungehörig, ich weiß», sagte ich, «aber ich meine es
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