Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
kommt, weil ich niemandem etwas gesagt habe.
    Mit herzlichen Grüßen
    Anne Protheroe
     
    «Natürlich müssen wir hin», sagte Griselda.
    Ich stimmte zu.
    «Was kann da nur passiert sein?»
    Das fragte ich mich auch.
    «Weißt du», sagte Griselda, «ich habe das Gefühl, dieser Fall ist noch lange nicht zu Ende.»
    «Du meinst, nicht bis jemand wirklich verhaftet worden ist?»
    «Nein», sagte sie, «das habe ich nicht gemeint. Ich finde, es gibt Verzweigungen, Unterströmungen, von denen wir nichts wissen. Es müssen noch sehr viele Umstände aufgeklärt werden, bevor wir an die Wahrheit herankommen.»
    «Du meinst Umstände, die eigentlich keine Rolle spielen, aber dazwischenkommen?»
    «Ja, ich glaube, das drückt sehr gut aus, was ich meine.»
    «Ich finde, wir machen alle viel Wirbel.» Dennis bediente sich mit Marmelade. «Es ist doch sehr gut, dass der alte Protheroe tot ist. Niemand mochte ihn. Oh, ich weiß, die Polizei muss sich den Kopf zerbrechen – das ist ihr Job. Aber eigentlich hoffe ich, dass sie den Mörder nie finden. Es würde mir kein bisschen gefallen, wenn ein beförderter Slack geschwollen vor Stolz auf seine Klugheit herumstolzieren würde.»
    Seine Meinung über Slacks Beförderung teilte ich. Ein Mann, der umhergeht und systematisch die Leute verschnupft, kann nicht hoffen, beliebt zu sein.
    «Mr Haydock denkt ziemlich wie ich», fuhr Dennis fort. «Er würde nie einen Mörder ausliefern. Das hat er gesagt.»
    Ich finde, hier liegt die Gefahr von Haydocks Ansichten. An sich mögen sie vernünftig sein – das kann ich nicht beurteilen –, aber auf das junge, sorglose Gemüt machen sie einen Eindruck, den Haydock selbst bestimmt nie vermitteln wollte.
    Griselda schaute aus dem Fenster und sagte, Reporter seien im Garten.
    «Wahrscheinlich fotografieren sie wieder die Fenster des Arbeitszimmers.» Sie seufzte.
    Wir hatten in dieser Hinsicht schon viel leiden müssen. Zuerst durch die müßige Neugier der Dorfbewohner – jeder war gekommen, um zu gaffen und zu starren. Dann kamen die Reporter mit ihren Kameras und wieder die Dörfler, um die Reporter zu beobachten. Schließlich brauchten wir einen Wachtmeister aus Much Benham als Wache vor der Glastür.
    «Nun», sagte ich, «morgen ist die Beerdigung. Danach legt sich die Aufregung bestimmt.»
    Auch um Old Hall lungerten einige Reporter herum, als wir dort ankamen. Sie belästigten mich mit verschiedenen Fragen, auf die ich die immergleiche Antwort gab (das hatte sich bewährt), dass ich nichts zu sagen hatte.
    Der Butler führte uns in den Salon, in dem sich nur Miss Cram befand – offenbar im Zustand höchsten Entzückens.
    «Das ist eine Überraschung, nicht wahr?», sagte sie, als sie uns die Hände schüttelte. «Ich hätte mir so etwas nie vorstellen können, aber Mrs Protheroe ist sehr freundlich, nicht wahr? Und natürlich ist es nicht gerade, wie man so sagt, passend für ein junges Mädchen, allein in einem Haus wie dem Blauen Eber zu bleiben, mit all den Reportern und so. Und natürlich habe ich mich auch nützlich machen können – in solchen Zeiten braucht man wirklich eine Sekretärin, und Miss Protheroe tut nichts, um zu helfen, nicht wahr?»
    Belustigt stellte ich fest, dass die alte Feindseligkeit gegen Lettice anhielt, das Mädchen jedoch offenbar eine begeisterte Partisanin für Anne geworden war. Zugleich fragte ich mich, ob ihre Version der Geschichte, wie sie hierher gekommen war, der Wahrheit entsprach. Nach ihrer Schilderung war die Initiative von Anne ausgegangen, aber war das wirklich so gewesen? Das Mädchen konnte ohne weiteres zuerst erwähnt haben, dass sie nicht gern allein im Blauen Eber war. Ich blieb unvoreingenommen, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass Miss Cram ganz ehrlich war.
    In diesem Moment kam Anne Protheroe herein.
    Sie war sehr unauffällig in Schwarz gekleidet. Sie hielt eine Sonntagszeitung in der Hand, die sie mir mit einem traurigen Blick reichte.
    «Mit solchen Sachen hatte ich bisher noch keine Erfahrungen. Es ist ziemlich grässlich, nicht wahr? Bei der Untersuchung habe ich mit einem Reporter gesprochen. Ich sagte nur, dass ich schrecklich bekümmert sei und nichts zu sagen hätte, und dann fragte er mich, ob mir nicht sehr daran liege, den Mörder meines Mannes zu finden, und ich sagte: ‹Doch.› Und ob ich einen Verdacht hätte, und ich sagte: ‹Nein.› Und ob ich nicht glaube, das Verbrechen deute auf Ortskenntnis hin, und ich sagte, es sehe jedenfalls so aus. Und

Weitere Kostenlose Bücher