Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Telefon hatte, waren seine Anweisungen kurz und eindringlich. Nichts sollte «durchsickern», vor allem Miss Cram sollte nicht beunruhigt werden. Inzwischen wurde eine Suche nach dem Koffer in der Umgebung des Hügelgrabs eingeleitet.
    Griselda und ich kamen sehr aufgeregt über diese Entwicklung nach Hause. Solange Dennis dabei war, konnten wir nicht viel darüber reden, da wir Kommissar Slack ausdrücklich versprochen hatten, niemandem etwas zu verraten.
    Dennis hatte sowieso genug mit seinen eigenen Sorgen zu tun. Er kam in mein Arbeitszimmer, fingerte an diesem und jenem herum und sah furchtbar verlegen aus.
    «Was ist los, Dennis?», fragte ich schließlich.
    «Onkel Len, ich will nicht zur See.»
    Ich war überrascht. Der Junge hatte bisher so entschieden an seinem Berufswunsch festgehalten.
    «Aber du warst doch so begeistert davon?»
    «Ja, aber ich habe meine Meinung geändert.»
    «Was willst du machen?»
    «Ich will ins Finanzwesen gehen.»
    Ich staunte noch mehr. «Was meinst du damit – Finanzwesen?»
    «Genau das. Ich will nach London.»
    «Aber mein lieber Junge, ich bin überzeugt, dass dir dieses Leben nicht gefallen würde. Selbst wenn ich dir eine Stelle in einer Bank besorgen könnte…»
    Dennis sagte, das sei nicht, was er meine. Er wolle nicht zu einer Bank. Ich fragte ihn, was er genau wolle, und natürlich war es, wie ich vermutet hatte – der Junge wusste es eigentlich nicht.
    Mit «ins Finanzwesen gehen» meinte er einfach, dass er schnell reich werden wollte, und mit dem Optimismus der Jugend stellte er sich vor, in London sei das garantiert. Ich klärte ihn über seinen Irrtum so behutsam auf, wie ich nur konnte.
    «Wie kommst du auf die Idee?», fragte ich. «Du warst so zufrieden bei dem Gedanken, zur See zu gehen.»
    «Ich weiß, Onkel Len, aber ich habe nachgedacht. Eines Tages werde ich heiraten wollen – und schließlich muss man reich sein, um ein Mädchen zu heiraten.»
    «Tatsachen widerlegen deine Theorie», sagte ich.
    «Ich weiß – aber ein richtiges Mädchen. Ich meine, ein Mädchen, das an bestimmte Dinge gewöhnt ist.»
    Das war sehr unbestimmt, aber ich glaubte zu wissen, was er meinte.
    «Weißt du», sagte ich vorsichtig, «nicht alle Mädchen sind wie Lettice Protheroe.»
    Er wurde sofort wütend.
    «Du bist schrecklich ungerecht ihr gegenüber. Du magst sie nicht. Griselda auch nicht. Sie sagt, sie ist ermüdend.»
    Vom weiblichen Standpunkt aus hat Griselda ganz Recht. Lettice ist ermüdend. Mir war jedoch klar, dass ein Junge das zurückweisen würde.
    «Wenn die Leute nur ein bisschen nachsichtiger wären! Sogar die Hartley Napiers nörgeln in einer solchen Zeit an ihr herum! Nur weil sie ihre blöde Tennisparty ein bisschen früher verlassen hat. Warum sollte sie bleiben, wenn sie sich langweilt? Sehr anständig von ihr, überhaupt hinzugehen, finde ich.»
    «Wirklich ein Entgegenkommen», sagte ich, aber Dennis witterte keine Bosheit. Er war voll von seinen eigenen Beschwerden in Lettice’s Namen.
    «Sie ist wirklich wahnsinnig selbstlos. So hat sie mich gebeten zu bleiben. Natürlich wollte ich auch gehen. Aber davon wollte sie nichts hören. Sagte, es wäre zu unangenehm für die Napiers. Also bin ich noch eine Viertelstunde geblieben, nur um ihr einer. Gefallen zu tun.»
    Die Jungen haben sehr seltsame Vorstellungen von Selbstlosigkeit.
    «Und jetzt höre ich, dass Susan Hartley Napier überall erzählt, Lettice hätte miese Manieren.»
    «Wenn ich du wäre», sagte ich, «würde ich mir darüber keine Gedanken machen.»
    «Das ist alles schön und gut, aber…» Er schwieg. «Ich – ich würde alles für Lettice tun», sagte er dann.
    «Sehr wenige von uns können etwas für einen anderen tun», sagte ich. «So sehr wir es auch wünschen, wir sind machtlos.»
    «Ich wollte, ich wäre tot», sagte Dennis.
    Armer Kerl. Jugendliche Schwärmerei ist eine bösartige Krankheit. Ich verzichtete darauf, etwas von den nahe liegenden und wahrscheinlich irritierenden Dingen zu sagen, die einem in den Sinn kommen. Stattdessen sagte ich gute Nacht und ging zu Bett.
    Am nächsten Morgen hielt ich den Acht-Uhr-Gottesdienst, und als ich zurückkam, saß Griselda am Frühstückstisch mit einem offenen Brief in der Hand. Er kam von Anne Protheroe.
     
    Liebe Griselda
    Wenn du und der Pfarrer zum Lunch zu mir kommen würdet, wäre ich sehr dankbar. Etwas sehr Merkwürdiges ist vorgefallen, und ich hätte gern Mr Clements Rat.
    Bitte erwähne das hier nicht, wenn ihr

Weitere Kostenlose Bücher