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Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ganze Zeit zu Hause gewesen – sie hätte nicht geöffnet, weil – nun, weil sie keine Lust dazu hatte. So ein affektiertes Getue. Ich habe sie nur aus Pflichtgefühl besucht, und dann wird man so behandelt!»
    «Sie war krank», sagte ich milde.
    «Krank? Quatsch. Sie sind zu weltfremd, Mr Clement. Dieser Frau fehlt gar nichts. Zu krank, zur gerichtlichen Untersuchung zu kommen, von wegen! Medizinisches Attest von Dr. Haydock! Sie kann ihn um den kleinen Finger wickeln, jeder weiß das. Nun, wo war ich stehen geblieben?»
    Ich wusste es nicht genau. Es ist schwer zu sagen, wo bei Miss Hartnell die Erzählung endet und die Schmähung beginnt.
    «Ach, dass ich an jenem Nachmittag bei ihr geläutet habe. Nun, es ist Quatsch, dass sie zu Hause war. Sie war nicht da. Ich weiß es.»
    «Wie können Sie das wissen?»
    Mrs Hartnells Gesicht wurde noch röter. Bei einer weniger gehässigen Person hätte man von Verlegenheit sprechen können.
    «Ich habe geklopft und geläutet», erklärte sie. «Zweimal. Wenn nicht dreimal. Und plötzlich kam mir in den Sinn, dass die Klingel nicht funktionieren könnte.»
    Wenigstens konnte sie mir nicht ins Gesicht schauen, als sie das sagte, ich war froh darüber. Alle unsere Häuser sind vom selben Unternehmer gebaut worden, und die Klingeln, die er installiert, kann man vor der Haustür klar und deutlich hören. Miss Hartnell und ich wussten das beide gut, aber die Formen mussten wohl gewahrt werden.
    Ich murmelte: «Ja?»
    «Ich wollte meine Karte nicht in den Briefkasten werfen. Das kam mir zu unhöflich vor, und ich mag sein, wie ich will, unhöflich bin ich nie.»
    Sie äußerte diese erstaunliche Behauptung ohne ein Zittern in der Stimme.
    «Deshalb wollte ich einfach ums Haus gehen und – und ans Fenster klopfen», fuhr sie ohne Erröten fort. «Ich ging ums ganze Haus und schaute in alle Fenster, aber da war kein Mensch im Haus.»
    Ich verstand sie völlig. Sie. hatte die Gelegenheit, dass niemand im Haus war, genutzt und ihrer Neugier die Zügel schießen lassen. Sie war ums Haus gegangen, hatte den Garten betrachtet und in alle Fenster gespäht, um so viel wie möglich vom Inneren zu sehen. Mir hatte sie das erzählt, weil sie von mir mehr Mitgefühl und Nachsicht erwartete als von der Polizei. Von einem Pfarrer wird erwartet, dass er im Zweifel für seine Pfarrkinder entscheidet.
    Ich gab keinen Kommentar. Ich stellte nur eine Frage.
    «Um welche Zeit war das, Miss Hartnell?»
    «Soweit ich mich erinnere, muss es kurz vor sechs gewesen sein. Danach ging ich direkt nach Hause, und hier war ich etwa zehn nach sechs, und Mrs Protheroe kam etwa um halb sieben, ließ Dr. Stone und Mr Redding draußen stehen und wir redeten über Blumenzwiebeln. Und die ganze Zeit lag der arme Colonel ermordet da. Es ist eine traurige Welt.»
    «Manchmal ist sie ziemlich unerfreulich», sagte ich und stand auf. «Ist das alles, was Sie mir zu sagen haben?»
    «Ich dachte, es könnte wichtig sein.»
    «Möglicherweise.» Und ohne mich weiter ausfragen zu lassen, ließ ich Miss Hartnell zu ihrer Enttäuschung allein.
    Miss Wetherby, die ich als Nächste aufsuchte, empfing mich in einer gewissen Aufregung.
    «Lieber Pfarrer, wie ungemein gütig. Haben Sie schon Tee getrunken? Wirklich nicht? Ein Kissen für Ihren Rücken? Es ist so freundlich von Ihnen, so schnell zu kommen. Immer bereit, für andere Unannehmlichkeiten auf sich zu nehmen.»
    Sie sagte noch eine Menge mehr in dieser Art, bevor wir zur Sache kamen, und selbst dann geschah die Annäherung auf vielen Umwegen.
    «Sie müssen davon ausgehen, dass ich das aus bester Quelle habe.»
    In St. Mary Mead ist die beste Quelle immer der Dienstbote von jemand anderem.
    «Sie können mir nicht sagen, wer es Ihnen erzählt hat?»
    «Ich habe es versprochen, lieber Mr Clement. Und ich finde immer, ein Versprechen sollte heilig sein.»
    Sie sah sehr ernst aus. «Sollen wir sagen, ein kleiner Vogel hat es mir erzählt? Das ist ungefährlich, nicht wahr?»
    Ich hätte gern gesagt: «Es ist verdammt albern.» Ich wollte, ich hätte es getan. Ich hätte gern gesehen, wie Miss Wetherby darauf reagierte.
    «Nun, dieser kleine Vogel erzählte mir, dass er eine gewisse Dame sah, die namenlos bleiben soll.»
    «Noch ein Vogel», fragte ich.
    Zu meiner großen Überraschung bekam Miss Wetherby einen Lachkrampf und tätschelte mir spielerisch den Arm. «Oh, Herr Pfarrer, Sie dürfen nicht so unartig sein!»
    Als sie sich erholt hatte, fuhr sie fort:
    «Eine

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