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Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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schloss die Augen wie jemand, der dieser Welt überdrüssig ist. Ich dankte ihr und verabschiedete mich.
    An der Haustür erlaubte ich mir, Clara über die Erklärung ihrer Herrin zu befragen.
    «Das stimmt, Sir, ich hörte ein Niesen. Und es war kein gewöhnliches Niesen – nicht im Geringsten.»
    Nichts an einem Verbrechen ist jemals gewöhnlich. Der Schuss war kein gewöhnlicher Schuss. Das Niesen war kein gewöhnliches Niesen. Es war, nehme ich an, ein besonderes Mörderniesen. Ich fragte das Mädchen, um welche Zeit das gewesen sei, aber sie war sehr unbestimmt, irgendwann zwischen viertel und halb sieben, glaubte sie. Jedenfalls war es, «bevor die Herrin den Telefonanruf bekam und ihr schlecht wurde».
    Ich fragte sie, ob sie irgendeinen Schuss gehört hatte. Und sie sagte, die Schüsse wären schrecklich gewesen. Danach schenkte ich ihren Äußerungen sehr wenig Glauben.
    Ich wollte gerade zu meinem eigenen Tor abbiegen, da beschloss ich, einen Freund zu besuchen.
    Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich vor der Abendandacht gerade noch Zeit dazu hatte. Ich ging die Straße hinunter zu Haydocks Haus. Er kam mir an die Haustür entgegen.
    Wieder bemerkte ich, wie mitgenommen und abgespannt er aussah. Er schien wegen dieser Geschichte ungewöhnlich gealtert zu sein.
    «Ich freue mich, Sie zu sehen», sagte er. «Was gibt es Neues?»
    Ich erzählte ihm von den jüngsten Entwicklungen mit Stone.
    «Ein erstklassiger Dieb», kommentierte er. «Nun, das erklärt viel. Er hatte über sein Fach nachgelesen, aber von Zeit zu Zeit machte er mir gegenüber Schnitzer. Protheroe muss ihn einmal ertappt haben. Sie erinnern sich an ihren Streit. Was halten Sie von dem Mädchen? Hat sie auch damit zu tun?»
    «Die Meinungen dazu sind geteilt», sagte ich. «Was mich angeht, so glaube ich, das Mädchen ist in Ordnung. Sie ist so eine ausgesprochene Idiotin.»
    «Oh, das würde ich nicht sagen. Sie ist ziemlich pfiffig, diese Miss Gladys Cram. Ein bemerkenswert gesundes Exemplar. Unwahrscheinlich, dass sie Angehörige meines Berufs behelligt.»
    Ich erzählte ihm, dass ich mir Sorgen wegen Hawes machte und wünschte, er würde sich eine Luftveränderung gönnen und sich richtig erholen.
    Haydock reagierte darauf etwas ausweichend. Seine Antwort klang nicht ganz aufrichtig.
    «Ja», sagte er langsam, «ich nehme an, das wäre das Beste. Armer Kerl. Armer Kerl.»
    «Ich dachte, Sie mögen ihn nicht.»
    «Nicht sehr – das stimmt. Aber viele Leute, die ich nicht mag, tun mir Leid.» Nach kurzer Pause fügte er hinzu: «Sogar Protheroe tut mir Leid. Armer Kerl – niemand mochte ihn sonderlich. Zu sehr von seiner eigenen Rechtschaffenheit überzeugt und zu überheblich. Das ist eine wenig liebenswerte Mischung. Er war schon immer so – selbst als junger Mann.»
    «Ich wusste nicht, dass Sie ihn damals schon kannten.»
    «Oh doch! Als wir in Westmorland lebten, hatte ich nicht weit entfernt eine Praxis. Das ist jetzt lange her. Fast zwanzig Jahre.»
    Ich seufzte. Vor zwanzig Jahren war Griselda fünf. Zeit ist etwas Sonderbares…
    «Ist das alles, was Sie mir sagen wollten, Clement?»
    Ich schaute überrascht auf. Haydock beobachtete mich aufmerksam.
    «Da ist noch etwas, nicht wahr?», fragte er.
    Ich nickte.
    Als ich kam, war ich unsicher gewesen, ob ich davon reden sollte oder nicht, aber jetzt beschloss ich es zur Sprache zu bringen. Ich mag Haydock. Er ist in jeder Hinsicht ein feiner Mensch. Ich fand, was ich zu sagen hatte, könnte ihm nützlich sein.
    Ich schilderte meine Gespräche mit Miss Hartnell und Miss Wetherby.
    Als ich fertig war, schwieg er lange.
    «Es stimmt, Clement», sagte er schließlich. «Ich habe versucht, Mrs Lestrange vor jeder Unannehmlichkeit zu beschützen, soweit ich konnte. Sie ist tatsächlich eine alte Freundin. Aber das ist nicht der einzige Grund. Mein medizinisches Attest ist nicht die Ausrede, für die alle es gehalten haben.»
    Er machte eine Pause, dann sagte er ernst: «Das bleibt unter uns, Clement. Mrs Lestrange ist verloren.»
    «Was?»
    «Sie ist eine sterbende Frau. Ich gebe ihr längstens einen Monat. Wundern Sie sich jetzt noch, dass ich sie davor bewahren möchte, geplagt und befragt zu werden?»
    Er fuhr fort: «Als sie an jenem Abend in diese Straße bog, kam sie hierher – in dieses Haus.»
    «Das haben Sie zuvor nicht gesagt.»
    «Ich wollte nicht, dass es Gerede gibt. Sechs bis sieben ist nicht meine Sprechstundenzeit, und jeder weiß das. Aber Sie können sich auf mein

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