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Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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alles beschwören. Man braucht ihnen kein Wort zu glauben. Wir wissen das. Aber die Öffentlichkeit weiß es nicht, und die Jury kommt aus der Öffentlichkeit, so lästig das ist. Sie wissen nichts, und zehn zu eins glauben sie alles, was im Zeugenstand gesagt wird, egal wer es sagt. Und natürlich wird Archer selbst schwören, bis er schwarz im Gesicht ist, dass er es nicht war.»
    «Nicht so gefällig wie Mr Redding.»
    «Er nicht.» Der Kommissar machte aus der Bemerkung eine einfache Tatsache.
    «Es ist wahrscheinlich nur natürlich, am Leben zu hängen», überlegte ich.
    «Sie wären überrascht, wenn Sie die Mörder alle kennen würden, die durch die Weichherzigkeit der Jury davongekommen sind», sagte der Kommissar düster.
    «Aber glauben Sie wirklich, dass Archer es getan hat?»
    Es hat mich schon die ganze Zeit überrascht, dass Kommissar Slack nie irgendwelche eigenen Ansichten über den Mord geäußert hat. Ihn scheint nur zu interessieren, wie leicht oder schwer es ist, jemanden zu überführen.
    «Ich wüsste es gern ein bisschen genauer», gab er zu. «Ein Fingerabdruck oder eine Fußspur, oder wenn er zur Zeit des Verbrechens in der Nähe des Tatorts gesehen worden wäre – ohne etwas in der Art kann ich es nicht riskieren, ihn zu verhaften. Er ist ein- oder zweimal bei Mr Reddings Haus gesehen worden, aber er würde sagen, dass er dort mit seiner Mutter reden wollte. Sie ist eine anständige Person. Nein, im großen Ganzen bin ich für die Dame. Wenn ich nur einen eindeutigen Beweis für Erpressung finden würde – aber bei diesem Verbrechen findet man für nichts einen eindeutigen Beweis! Alles ist nur Theorie, Theorie, Theorie. Zu schade, dass keine einzige alte Jungfer in Ihrer Straße wohnt, Mr Clement. Ich wette, sie hätte etwas gesehen, wenn es etwas zu sehen gegeben hätte.»
    Das erinnerte mich an meine Besuche, und ich verabschiedete mich von ihm. Es war ungefähr das einzige Mal, dass ich ihn in freundlicher Stimmung angetroffen hatte.
    Zuerst ging ich zu Miss Hartnell. Sie musste mich vom Fenster aus gesehen haben, denn bevor ich noch läuten konnte, hatte sie die Haustür geöffnet, meine Hand gefasst und mich über die Schwelle geführt.
    «So freundlich von Ihnen zu kommen. Hier herein. Da sind wir ungestörter.»
    Wir betraten ein winziges Zimmer von der Größe eines Hühnerstalls. Miss Hartnell schloss die Tür und winkte mich mit verschwörerischer Geste auf einen Stuhl (es gab nur drei). Ich hatte den Eindruck, dass sie die Situation genoss.
    «Ich gehe nie wie die Katze um den heißen Brei», sagte sie in ihrem üblichen munteren Ton, nur angesichts der Umstände etwas leiser als sonst. «Sie wissen, wie sich in einem Dorf wie unserem alles herumspricht.»
    «Leider», sagte ich, «weiß ich das.»
    «Ich bin ganz Ihrer Meinung. Niemand hasst Klatsch mehr als ich. Aber so ist es nun mal. Ich hielt es für meine Pflicht, dem Polizeikommissar mitzuteilen, dass ich Mrs Lestrange am Nachmittag des Mordes besuchen wollte und dass sie ausgegangen war. Ich erwarte keinen Dank dafür, dass ich meine Pflicht erfülle. Undankbarkeit ist der Welt Lohn. Da hat doch erst gestern diese unverschämte Mrs Baker…»
    «Ja, ja.» Ich hoffte, das üblichen Klagelied abzuwenden. «Sehr traurig, sehr traurig. Aber Sie wollten gerade sagen…»
    «Die unteren Klassen wissen nicht, wer ihre besten Freunde sind», sagte Miss Hartnell. «Ich gebe immer einen Rat zur rechten Zeit, wenn ich dort einen Besuch mache. Nicht als ob ich je dafür bedankt würde.»
    «Sie erzählten dem Kommissar von Ihrem Besuch bei Mrs Lestrange», soufflierte ich.
    «Genau – und übrigens hat er mir nicht gedankt. Sagte, er würde um Auskunft bitten, wenn er sie braucht – nicht genau in diesen Worten, aber in diesem Sinn. Heutzutage sind Männer einer anderen Klasse im Polizeidienst.»
    «Sehr wahrscheinlich. Aber Sie wollten etwas erzählen?»
    «Ich beschloss, dass ich diesmal nicht zu irgendeinem erbärmlichen Kommissar gehen würde. Schließlich ist ein Pfarrer ein Gentleman – wenigstens einige sind es.»
    Ich nahm an, dass die Einschränkung mich einschloss.
    «Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann…»
    «Es ist eine Sache der Pflicht», sagte Miss Hartnell und ließ den Mund zuschnappen. «Ich will diese Sachen nicht sagen müssen. Niemand hasst das mehr. Aber Pflicht ist Pflicht.»
    Ich wartete.
    «Man hat mir zu verstehen gegeben», Miss Hartnell wurde dabei rot, «dass Mrs Lestrange verbreitet, sie sei die

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