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Mord im Pfarrhaus

Mord im Pfarrhaus

Titel: Mord im Pfarrhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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wobei er weiß, dass die Uhr immer eine Viertelstunde vorgeht. Wieder die gleiche Idee – ein Versuch, den Verdacht auf Mrs Protheroe zu lenken. Dann geht er hinaus, trifft Sie am Tor und spielt den beinah Wahnsinnigen. Wie gesagt, er ist wirklich höchst intelligent. Was würde ein Mörder, der gerade ein Verbrechen begangen hat, versuchen zu tun? Selbstverständlich so natürlich wie möglich zu wirken. Also macht Mr Redding genau das nicht. Er versteckt den Schalldämpfer, aber er geht mit der Pistole auf die Polizeiwache und macht ein ganz und gar lächerliches Geständnis, das jeden für ihn einnimmt.»
    Miss Marples Zusammenfassung des Falls hatte etwas Faszinierendes. Sie redete mit solcher Bestimmtheit, dass wir beide das Gefühl hatten, so und nicht anders könnte das Verbrechen begangen worden sein.
    «Was ist mit dem Schuss im Wald, der gehört wurde?», fragte ich. «War das der Zufall, von dem Sie vorhin sprachen?»
    «Oh nein!» Miss Marple schüttelte entschieden den Kopf. «Das war kein Zufall – ganz und gar nicht. Es war absolut nötig, dass ein Schuss gehört wurde – sonst wäre womöglich Mrs Protheroe weiterhin verdächtigt worden. Wie Mr Redding es bewerkstelligte, weiß ich nicht genau. Aber ich habe gehört, dass Pikrinsäure explodiert, wenn man etwas Schweres daraufwirft, und Sie werden sich erinnern, lieber Pfarrer, dass Mr Redding einen großen Stein trug, als Sie ihn genau dort im Wald trafen, wo Sie später den Kristall fanden. Männer sind so geschickt darin, Dinge zu bewerkstelligen – wenn der Stein über den Kristallen hinge, und dann ein Zeitzünder – oder meine ich eine langsam brennende Lunte? Etwas, das etwa zwanzig Minuten braucht, bis es durchgebrannt ist – damit die Explosion um 6.30 gehört würde, wenn er und Mrs Protheroe aus dem Atelier gekommen und weithin sichtbar gewesen waren. Ein Plan ohne Risiko, denn was würde man später finden können? Nur einen großen Stein! Aber selbst den versuchte er zu entfernen – als Sie ihn überraschten.»
    «Ich glaube, Sie haben Recht!» Ich erinnerte mich, wie Lawrence überrascht zusammengeschreckt war, als er mich an jenem Tag gesehen hatte. Damals war mir das ganz natürlich vorgekommen, aber jetzt…
    Miss Marple schien meine Gedanken zu lesen, denn sie nickte pfiffig. «Ja, es muss ein scheußlicher Schock für ihn gewesen sein, als er Ihnen genau in diesem Moment begegnete. Aber er zog sich sehr gut aus der Affäre – gab vor, mir den Stein für meinen Steingarten zu bringen. Nur…», Miss Marple sprach plötzlich sehr eindringlich, «war es die falsche Art Stein für meinen Steingarten! Und das brachte mich auf die richtige Spur!»
    Colonel Melchett hatte die ganze Zeit wie in Trance dagesessen. Jetzt sah es so aus, als ob er zu sich käme. Er schnaubte ein- oder zweimal, putzte sich verwirrt die Nase und sagte:
    «Donnerwetter! Donnerwetter!»
    Darüber hinaus äußerte er sich nicht. Ich glaube, dass ihn genau wie mich die zwingende Logik von Miss Marples Schlussfolgerungen beeindruckte. Aber im Moment war er nicht bereit, das zuzugeben.
    Stattdessen griff er nach dem zerknüllten Brief und bellte:
    «Alles schön und gut! Aber wie erklären Sie sich die Sache mit diesem Hawes? Er hat schließlich angerufen und gestanden.»
    «Ja, das war ja so schicksalhaft. Zweifellos die Predigt des Pfarrers. Wissen Sie, lieber Mr Clement, Sie haben wirklich eine sehr bemerkenswerte Predigt gehalten. Sie muss Mr Hawes tief berührt haben. Er konnte es nicht länger ertragen, er hatte das Gefühl, er müsse gestehen – seine Unterschlagung der Kirchengelder.»
    «Was?»
    «Ja – und das hat ihm durch die göttliche Vorsehung das Leben gerettet. (Denn ich hoffe und vertraue darauf, dass es gerettet ist. Dr. Haydock ist so tüchtig.) Wie ich die Sache sehe, behielt Mr Redding diesen Brief (das war riskant, aber ich nehme an, er hatte ihn in einem sicheren Versteck aufbewahrt) und wartete, bis er herausfand, auf wen er sich bezog. Er überzeugte sich bald, dass es um Mr Hawes ging. Wie ich höre, kam er gestern Abend mit Mr Hawes hierher und blieb lange bei ihm. Ich vermute, dass er dann die Tabletten vertauschte und diesen Brief in die Tasche von Mr Hawes’ Morgenrock schob. Der arme junge Mann schluckte die tödliche Tablette in aller Unschuld – nach seinem Tod würden seine Sachen durchsucht, der Brief gefunden und alle würden den voreiligen Schluss ziehen, dass er Colonel Protheroe erschossen und aus Zerknirschung sich

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