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Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nachts zurück, wie man mir erzählte.«
    »Ich frage mich, ob sie es geschafft hat, ihn vorher noch zu sehen oder nicht.«
    »Was war denn der Grund, Cherry?«
    »Ihr war was aufgefallen, das sie komisch fand«, antwortete Cherry.
    Miss Marple blickte sie fragend an. Sie wusste, dass das Wort »komisch«, bei Frauen wie Cherry und Gladys eine andere Bedeutung haben konnte.
    »Sie hat bei dem Wohltätigkeitsfest ausgeholfen«, erklärte Cherry. »Sie wissen schon, als Mrs Badcock starb.«
    »Und?« Miss Marple war sehr wachsam geworden, und ihr Blick erinnerte an den eines Foxterriers vor einem Mauseloch.
    »Und sie beobachtete etwas, das ihr komisch vorkam.«
    »Warum ging sie nicht zur Polizei?«
    »Weil sie es nicht für besonders wichtig hielt, verstehen Sie«, sagte Cherry. »Jedenfalls wollte sie Mr Giuseppe vorher um Rat fragen.«
    »Was hat sie denn beobachtet?«
    »Wenn ich ehrlich bin, finde ich das Ganze ziemlich dumm. Ich habe mich sogar gefragt, ob sie mich nicht anschwindelte und Mr Giuseppe wegen etwas anderm sprechen wollte.«
    »Was hat sie also gesehen?« Miss Marple blieb geduldig und hartnäckig.
    Cherry runzelte die Stirn. »Sie erzählte von Mrs Badcock und dem Cocktail und sagte, sie sei ziemlich nahe bei ihr gestanden. Und sie behauptete, sie sei selbst schuld gewesen.«
    »Selbst schuld gewesen?«
    »Sie verschüttete den Cocktail über ihr Kleid und verdarb es.«
    »Sie meinen, es war ihre eigene Ungeschicklichkeit?«
    »Nein, nicht Ungeschicklichkeit. Gladys sagte, sie habe es absichtlich getan – dass sie den Cocktail absichtlich verschüttete! Ich finde, dass das keinen Sinn ergibt, ganz egal, wie man es betrachtet.«
    Verblüfft schüttelte Miss Marple den Kopf. »Ja«, sagte sie, »ich sehe da auch keinen Zusammenhang.«
    »Außerdem war das Kleid neu«, fuhr Cherry fort. »So kamen wir überhaupt auf das Thema. Gladys wollte es gern kaufen. Es brauchte nur gereinigt zu werden, sagte sie, aber sie wollte nicht hingehen und Mr Badcock deswegen fragen. Sie kann sehr gut nähen, wirklich, und sie sagte, es sei ein so schönes Material. Königsblauer Nylontaft. Und selbst wenn die Flecken nicht weggingen, könnte man das Kleid noch verwenden, weil der Rock sehr weit ist.«
    Miss Marples Gedanken beschäftigten sich kurz mit diesem Schneiderproblem und ließen es dann fallen.
    »Glauben Sie, dass Ihre Freundin Gladys mehr weiß, als sie zugibt?«
    »Ich habe mir nur überlegt, ob das alles war, was sie gesehen hat – dass Mrs Badcock ihren Cocktail absichtlich über ihr Kleid verschüttete. Deswegen muss man nicht gleich Mr Giuseppe um Rat fragen, nicht wahr!«
    »Sicher nicht«, antwortete Miss Marple. »Aber es ist immer eine interessante Sache, wenn man etwas nicht begreift«, fügte sie hinzu. »Vielleicht betrachtet man das Problem unter einem falschen Aspekt. Oder man hat zu wenig Informationen. Was hier der Fall sein dürfte.« Sie seufzte. »Ein Jammer, dass sie nicht sofort zur Polizei gegangen ist!«
    Die Tür öffnete sich, und Miss Knight trat geschäftig ein, in der Hand ein großes Glas mit einer Haube aus köstlichem blassgelbem Schaum darauf.
    »Hier sind wir, meine Gute«, sagte sie. »Eine nette kleine Stärkung. Wir werden es uns schmecken lassen.«
    Sie zog einen kleinen Tisch zu Miss Marple heran und stellte das Glas darauf. Dann musterte sie Cherry und sagte kühl: »Der Staubsauger steht im Weg. Ich wäre beinahe über ihn gefallen. Es kann leicht ein Unfall passieren.«
    »Schon recht«, sagte Cherry, »ich geh und mache weiter.« Sie verließ das Zimmer.
    »Wirklich!«, sagte Miss Knight. »Diese Mrs Baker ist schrecklich. Ständig muss ich sie ermahnen. Lässt den Staubsauger einfach irgendwo stehen und kommt herein und unterhält sich mit Ihnen, wenn Sie Ihre Ruhe haben wollen.«
    »Ich habe sie gerufen«, antwortete Miss Marple, »weil ich sie etwas fragen wollte.«
    »Na, hoffentlich haben Sie sie auch ermahnt, dass sie die Betten ordentlicher machen soll. Ich war ziemlich entsetzt, als ich das Ihre gestern Abend abdeckte. Ich musste es völlig neu machen.«
    »Das war sehr freundlich von Ihnen«, erwiderte Miss Marple.
    »Oh, ich helfe gern«, rief Miss Knight. »Deshalb bin ich schließlich hier, nicht wahr? Um es einer gewissen Person so bequem und angenehm wie möglich zu machen. Ach, meine Gute, Sie haben wieder eine Menge Gestricktes aufgezogen!«
    Miss Marple lehnte sich zurück und schloss die Augen. »Ich möchte mich ein wenig ausruhen«, sagte sie.

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