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Mord im Spiegel

Mord im Spiegel

Titel: Mord im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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etwas unternehmen! Ich habe Angst! Ich habe schreckliche Angst. Hier gibt es jemanden, der mich hasst. Und ich weiß nicht, wer es ist. Es kann jeder sein – jeder. Im Haus oder im Studio. Aber warum hasst er mich? Warum? Jemand will mich umbringen… wer? Wer? Zuerst dachte ich, es sei Ella. Ich war beinahe sicher. Aber nun…«
    »Du glaubtest, dass Ella es war?« Rudds Stimme klang verwundert. »Warum denn?«
    »Weil sie mich hasste – ja, sie hasste mich! Merken Männer so was denn nie? Sie war schrecklich in dich verliebt. Ich glaube nicht, dass du auch nur die leiseste Ahnung hattest. Aber Ella kommt nicht infrage, weil sie tot ist. Ach, Jinks, hilf mir doch! Bring mich weg… irgendwohin, wo ich sicher bin… sicher…«
    Sie sprang auf und lief, die Hände ringend, im Zimmer auf und ab. Der Regisseur in Rudd war voll Bewunderung für diese leidenschaftlichen gequälten Bewegungen. Ich muss sie mir genau einprägen, dachte er. Vielleicht für »Hedda Gabler«. Dann wurde ihm schockartig bewusst, dass es seine Frau war, die er so kühl mit den Augen des Fachmannes beobachtet hatte. Er ging zu ihr und legte den Arm um sie.
    »Schon gut, Marina – schon gut. Ich passe auf dich auf.«
    »Wir müssen weg aus diesem schrecklichen Haus – gleich, jetzt! Ich hasse es! Ich hasse es!«
    »Sei vernünftig. Wir können nicht sofort abreisen.«
    »Warum nicht? Warum nicht?«
    »Weil«, antwortete Rudd, »diese Morde eine Menge Probleme aufwerfen… und wir außerdem noch etwas anderes bedenken sollten. Wird uns das Weglaufen etwas nützen?«
    »Natürlich! Wir werden dieser Person entfliehen, die mich hasst.«
    »Warum sollte sie dir nicht folgen, wenn sie dich schon so hasst? Das wäre doch ganz leicht.«
    »Du meinst – du meinst, dass ich ihr überhaupt nicht entkommen kann? Dass ich nirgends in Sicherheit sein werde?«
    »Liebling, es wird alles in Ordnung kommen. Ich passe auf dich auf. Bei mir bist du sicher.«
    Sie schmiegte sich an ihn. »Wirklich, Jinks? Sorgst du dafür, dass mir nichts passiert?«
    Sie legte den Kopf an seine Schulter, und er führte sie vorsichtig zur Couch.
    »Oh, ich bin ein Feigling«, murmelte sie, »ein Feigling… Wenn ich nur wüsste, wer es ist – und warum… Hol mir bitte meine Tabletten, die gelben, nicht die braunen. Ich muss etwas zur Beruhigung nehmen.«
    »Nimm nicht zu viele, um Gottes willen, Marina!«
    »Schon gut, schon gut. Manchmal nützen sie überhaupt nichts…« Sie sah zu ihm auf und lächelte ihn zärtlich an. »Du beschützt mich, Jinks? Schwöre, dass du mich beschützt…«
    »Immer«, antwortete Rudd. »Bis zum bitteren Ende.«
    »Du sagst das mit einem so seltsamen Gesicht.«
    »Wirklich?«
    »Ich kann es nicht genau erklären. Ungefähr wie – wie ein Clown, der über etwas schrecklich Trauriges lacht, das außer ihm niemand beobachtet hat…«

21
     
    A ls Chefinspektor Craddock am nächsten Tag bei Miss Marple erschien, war er müde und deprimiert.
    »Setz dich, und mach es dir bequem!«, sagte sie. »Ich sehe dir an, dass du schwere Zeiten hinter dir hast.«
    »Ich vertrage keine Niederlage«, antwortete Craddock. »Zwei Morde innerhalb von vierundzwanzig Stunden. Ach, ich bin eben nicht so tüchtig, wie ich immer geglaubt habe. Gib mir eine gute Tasse Tee, Tante Jane, und eine dünne Scheibe Brot mit Butter und tröste mich mit Geschichten aus den frühen Zeiten von St. Mary Mead.«
    Miss Marple schnalzte mitfühlend mit der Zunge. »Es nützt gar nichts, wenn du so redest, mein lieber Junge, und ich glaube nicht, dass Tee und Butterbrote das ist, was du brauchst. Wenn ein Gentleman eine Enttäuschung erlebt hat, braucht er etwas Stärkeres als das.«
    Wie gewöhnlich sprach Miss Marple das Wort »Gentleman« in einer Art aus, als beschreibe sie eine fremde Gattung.
    »Ich rate zu einem kräftigen Schluck Whisky mit Soda«, erklärte sie.
    »Meinst du wirklich, Tante Jane? Nun, ich sage nicht nein.«
    »Ich werde ihn dir holen«, sagte Miss Marple und stand auf.
    »Nein, mach dir keine Mühe! Lass mich das tun! Oder wie ist es mit dieser Miss Sowieso?«
    »Miss Knight soll uns jetzt nicht stören«, sagte Miss Marple. »Sie wird den Tee erst in etwa zwanzig Minuten bringen, so haben wir noch etwas Ruhe und Frieden. Sehr klug von dir, durch die Terrassentür hereinzukommen und nicht durch die Haustür. So haben wir noch Zeit für eine nette kleine ungestörte Unterhaltung.«
    Sie ging zu einem Eckschrank, öffnete ihn und holte eine Flasche, einen

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