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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Schlafmatte.
    »Hieroglyphen«, flüsterte sie.
    Rechmire stockte der Atem. Der Boden und die Wände waren voller Blut und er hatte sich gescheut, all die dunklen Lachen, Flecken und Spritzer näher zu betrachten. Doch nun erkannte er eine verschmierte Schrift – Sennodjem hatte mit seinem eigenen Blut eine letzte Botschaft an die Wand geschrieben.
    Rechmire ging in die Knie, um die dunklen, zittrigen Zeichen zu entziffern. Kleine, blutige Rinnsale waren die Wand hinuntergelaufen, sodass die Hieroglyphen aussahen wie Figuren aus schwarzer Bronze, die teilweise zerschmolzen waren, bevor sie wieder erkalteten. Dazwischen bedeckten Flecken und blutige Fingerabdrücke den hellen Putz. Doch trotzdem war es nicht allzu schwer, zwei kurze Sätze zu entziffern.
    »Der Pharao wird das nächste Opfer sein«, las Rechmire leise vor. »Hütet euch vor …« Er stockte.
    Hunero blickte ihn fragend an.
    »Ich kann es nicht lesen«, gestand Rechmire. Er fühlte sich plötzlich unglaublich müde und enttäuscht. »Es ist verwischt.«
    »Amun war Sennodjem nicht gnädig«, flüsterte Hunero.
    »Sonst hätte er ihm die Kraft gegeben, auch noch das letzte Wort zu schreiben.«
    Rechmire holte tief Luft und schüttelte langsam den Kopf.
    »Amun war ihm gnädig«, entgegnete er, »aber sein Mörder nicht.« Ihm schauderte. »Ich glaube, dass Sennodjem noch die Kraft gehabt hat, seine Botschaft zu vollenden.«
    Hunero wurde blass, als sie plötzlich verstand, was Rechmire damit meinte. »Sein Mörder war noch da, als Sennodjem schrieb«, sagte sie mit halb erstickter Stimme.
    »Und er wartete, bis sein Opfer fertig war. Vielleicht hat er Sennodjem sogar zu diesen Zeilen gezwungen. Dann, als das Ka und das Ba den Körper des Zweiten Schreibers verlassen hatten, hat er die letzten Hieroglyphen verwischt und uns nur den Teil gelassen, den wir lesen sollten: Der Unbekannte will den Pharao töten.«
    Djehuti räusperte sich. »Der Priester ist da«, meldete er.
    Rechmire nickte und im nächsten Augenblick führte ein verängstigter Junge Kaaper in den Raum. Rechmire schickte den Halbwüchsigen schnell wieder hinaus, dann berichtete er Kaaper in knappen Worten, was vorgefallen war.
    »Beug dich nah zur Wand vor«, riet der Priester. »Fahre mit deinen Händen die Linien des getrockneten Blutes ab. Was siehst du? Kannst du nicht wenigstens noch ein Zeichen erkennen?«
    Rechmire schluckte, überwand seinen Widerwillen und berührte das getrocknete Blut. »Da ist zunächst ein Flecken«, berichtete er und atmete tief durch. »Kann sein, dass es verwischte Hieroglyphen sind. Vielleicht ist es aber auch nur ein undeutlicher Abdruck von Sennodjems blutverschmierter Hand. Möglicherweise hat er sich hier einfach nur an der Wand abgestützt. Dann«, er zögerte lange und betrachtete eingehend das blutige Muster auf dem Putz, »dann gibt es etwas, das verwischt ist, vielleicht jedoch das Zeichen einer Fahnenstange gewesen sein könnte.«
    Kaaper lachte freudlos. »Netjer«, rief er triumphierend. »Die Fahnenstange ist die Hieroglyphe für ›Gott‹. Amun gibt uns doch ein Zeichen. Weiter!«
    Rechmire schüttelte den Kopf. Dann besann er sich der nahezu vollständigen Blindheit des Priesters und fuhr laut fort: »Links folgt eine verwischte Spur, größer als die rechts vom Netjer-Zeichen. Ich glaube, dass es verwischte Hieroglyphen sind, aber ich kann nichts davon entziffern.«
    »Wie groß wäre wohl das Wort, wenn beide Flecken verwischte Zeichen wären?«, fragte Kaaper.
    Rechmire maß das eingetrocknete Blut mit seiner Hand ab. »Wenn das Netjer-Zeichen in der Mitte des Wortes steht, dann wird es wohl fünf, sechs oder sieben Hieroglyphen lang gewesen sein«, antwortete Rechmire. »Bedeutet der erste Fleck hingegen nichts, dann steht das Netjer-Zeichen am Beginn eines sehr kurzen Begriffs. Ihm folgen ein oder zwei Hieroglyphen, vielleicht auch drei, wenn zwei davon übereinander geschrieben worden sind.«
    Er schüttelte enttäuscht den Kopf. »Niemand, der irgendetwas mit Kenherchepeschef zu tun gehabt hat, führt das Netjer-Zeichen im Namen«, murmelte er.
    »Was kann es denn sonst bedeuten?«, fragte Hunero.
    »Wenn die Hieroglyphe in der Mitte des Wortes steht, dann zum Beispiel Sesch-medjat-nefjer«, antwortete Kaaper mit einem dünnen Grinsen, »Schreiber heiliger Texte.«
    Rechmire wurde rot. Er war Schreiber des Tschati, doch da er in seiner freien Zeit Totenbücher kopierte, konnte man ihn durchaus als Sesch-medjat-nefjer

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