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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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konnte.
    »Ich bin Kaaper, Vorlesepriester am Großen Tempel des Amun, Herr«, antwortete er. Seine Stimme war sehr rau, ungewöhnlich für einen Vorlesepriester, zu dessen wichtigsten Aufgaben es gehörte, im Tempel laut aus den Heiligen Hymnen zu rezitieren. »Ich hatte schon öfter die Ehre, dich sehen zu dürfen, wenn du im Tempel mit uns Amun huldigst. Ich bin hier in Set-Maat, weil ich ein Gelübde erfüllen muss.«
    Mentuhotep nickte. »Dieses Dorf hat keine eigenen Priester. Amun selbst hat dich geschickt, Kaaper. Du wirst hier bleiben, um Reinigungsrituale zu vollziehen, bis uns die Götter diese Schmach verziehen haben. So lange werde ich das Haus der Ewigkeit des Pharaos nicht betreten. Ich werde unverzüglich nach Theben zurückkehren und dem Pharao berichten. Aber«, und er wandte sich Sennodjem zu, »ich werde einen meiner Schreiber im Dorf lassen, der dir helfen wird, den Mörder Kenherchepeschefs zu finden. Erst wenn wir den Täter gefasst und auf einen Pfahl gespießt haben werden, können wir hoffen, dass uns die Götter wahrhaftig wieder gnädig sind!«
    Der Tschati erhob sich halb aus seiner Sänfte, drehte sich um und zeigte mit dem Finger der Rechten auf seine Begleiter. »Du!«, rief er. »Du bleibst hier und wirst den Mörder finden!«
    Rechmire glaubte, dass sein Herz vor Schreck aussetzen müsste, doch es ließ sich nicht leugnen: Mentuhotep zeigte eindeutig auf ihn.
    Er spürte die höhnischen Blicke von Chaemepe und den anderen in seinem Rücken, also nahm er sich zusammen und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Rechmire verbeugte sich mit ausgestreckten Händen.
    »Wie du es befiehlst, Herr«, antwortete er demütig.
    »Ich werde regelmäßig Boten zum Ort der Wahrheit senden, die mir deine Berichte bringen werden. Ich will alles wissen, was du erfahren wirst!«, bestimmte Mentuhotep.
    Dann wandte er sich an Sennodjem und warf ihm einen goldenen Ring zu. »Mein Schreiber wird in einem Haus des Dorfes wohnen. Du wirst ihn mit Leinen, Brot, Bier und allem, was man sonst zum Leben braucht, versorgen. Du wirst ihm alle Fragen beantworten, die er dir stellen wird. Du wirst ihm alles zeigen, was er zu sehen wünscht.«
    Der Zweite Schreiber des Dorfes verbeugte sich tief und nahm den Goldring aus dem Staub. Rechmire starrte das in der Sonne funkelnde große Schmuckstück an. Dafür könnte ihn Sennodjem wochenlang mit allem Notwendigen versorgen. Der Tschati rechnete also offensichtlich nicht damit, dass er den Mörder schnell finden würde.
    Dann befahl Mentuhotep den Nubiern, ihn zurückzutragen.
    Die anderen Schreiber folgten ihm.
    »Baketamun wird sich fragen, wo du dich versteckst«, zischte ihm Chaemepe zu und lächelte böse. »Aber sie wird dich nicht vermissen!« Dann drehte er sich um und schloss sich dem Zug an.
    Mentuhotep ließ die Sänfte noch einmal anhalten und wandte sich um.
    »Wie heißt du?«, rief er.
    Rechmire verbeugte sich und nannte seinen Namen. Als er sich wieder aufrichtete, waren der Tschati und sein Gefolge schon hinter der ersten Biegung des Weges verschwunden.
    Rechmire holte tief Luft, bevor er es wagte, sich umzudrehen. Seine Gedanken strudelten wirr durcheinander wie das Nilwasser am ersten Katarakt. Hatte ihm Mentuhotep die Aufgabe in diesem elenden Dorf gestellt, damit er sich bewähren konnte? Oder war das ein Zeichen dafür, dass ihn der Tschati schon so gering schätzte, dass er Rechmire vor allen anderen Schreibern entbehren zu können glaubte? Würde er in der Hierarchie der Schreiber aufsteigen, wenn er den Mörder fände? Und was geschähe mit ihm, wenn er ihn
nicht
fände?
    Mitten in diesen hastigen Überlegungen verwirrten Gedanken an Baketamun Rechmires Geist. Wie konnte er einen heimlichen Boten zu ihr schicken, damit sie wenigstens wusste, dass er gezwungen war, sich von ihr fern zu halten? Was wusste Chaemepe von ihrer Liebe? Wie hatte er davon erfahren können? Und was bedeutete seine letzte Ankündigung?
    »O Thot, Vater aller Weisheit, lass meinen Geist klar und meine Seele kräftig sein! Lass meine Gedanken schnell sein wie ein Pfeil und scharf wie ein Dolch! Lass mich an deinem Wissen teilhaben, das du seit Anbeginn der Zeiten aufgeschrieben hast!«, flehte Rechmire.
    Dann holte er wieder tief Luft, straffte seinen Körper und blickte die Menschen von Set-Maat an.
    Auch die Abgesandten aus dem Dorf musterten ihn schweigend. Kaaper starrte mit seinen trüben Augen in seine Richtung, doch Rechmire war sich ziemlich sicher, dass er kaum

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