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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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verschlechterten als verbesserten.
    Sennodjem bemerkte seinen Blick und lächelte. »Es ist das Privileg der Meisterzeichner, die Skizzen ihrer Männer zu korrigieren. Doch hier gibt es eigentlich nichts zu korrigieren. Der Meister fügt nur hier und da ein paar schwarze Striche hinzu, um zu zeigen, dass er die Macht hat. Aber eigentlich müsste er sich niemals die Mühe machen, zu Parahotep auf das Gerüst zu steigen. Seine Vorzeichnungen sind stets perfekt.«
    »Parahotep«, murmelte Rechmire, allerdings so leise, dass ihn der Zweite Schreiber nicht verstehen konnte. Der Mann, der Kenherchepeschef angeblich mit dem Tod gedroht hatte. Er nahm sich vor, ihn unauffällig zu befragen, wenn Sennodjem nicht mehr dabei war.
    Er trat zurück und tat so, als würde er andere Wandbilder betrachten, damit der Zweite Schreiber nicht bemerkte, dass er sich besonders für Parahotep interessierte. Er ging zur Stirnseite der Grabkammer, wo die Mumie des Osiris kurz vor der Auferstehung des Gottes dargestellt war, umgeben von einem Kranz von Sonnen und Sternen. Dabei trat Rechmire auf etwas, das unter seinem Fuß mit einem hellen Knirschen nachgab – Splitter einer Öllampe.
    Er bückte sich und scharrte mit der Hand im staubigen Boden, bis er fünf Scherben gefunden hatte. Sie war einst anders gewesen als die Öllampen, die die Arbeiter benutzten, kleiner, aber mit sorgfältiger geglättetem und glasiertem Ton. Auf einem Splitter waren Hieroglyphen eingeritzt. Er musste sie sich dicht vor Augen halten, um im flackernden Halbdunkel des Grabes die Zeichen entziffern zu können: Placenta, Hocker, Teich und Arm.
    »Chepesch«, murmelte Rechmire. Er dachte an den herausgemeißelten Sitz vor dem Grab des Merenptah, den Kenherchepeschef mit seinem Namenszug versehen hatte. Die Hieroglyphen auf der Scherbe waren flüchtig, grob und stark nach links geneigt. Selbstverständlich sahen eingeritzte Zeichen niemals so aus wie solche, die man mit Binse und Tinte auf Papyrus geworfen hatte, doch Rechmire glaubte, auch in ihnen die gleiche etwas grobe und sorglose Handschrift zu erkennen, die er bereits auf den Briefen des ermordeten Ersten Schreibers gesehen hatte.
    Wenn dies also wirklich die Reste der Öllampe Kenherchepeschefs waren, dann musste diese irgendwie während des Verbrechens zerschlagen worden sein – und der Mörder musste mit seiner eigenen Öllampe wieder den Weg hinaus aus dem Haus der Ewigkeit gefunden haben. Ein Indiz dafür, dachte Rechmire, dass der Erste Schreiber und der Unbekannte nicht gemeinsam das Grab Merenptahs betreten hatten.
    Sennodjem hatte ihn misstrauisch beobachtet, aber geschwiegen. Als sich Rechmire wieder erhoben hatte, deutete er zum Aufgang aus der
Halle, in der man ruht.
    »Die Luft hier drinnen bekommt meinen Lungen nicht«, sagte der Zweite Schreiber entschuldigend und lächelte ölig.
    »Ich werde wieder nach draußen gehen und auf dich warten. Du darfst dich selbstverständlich überall umsehen, so lange es dir gefällt. Pass auf die unaufmerksamen Steinbrecher auf. Manchmal verlieren sie auf ihren Gerüsten einen Hammer oder Bronzemeißel – und das kann böse Verletzungen hervorrufen.«
    »Steine, die einem die Füße zerschlagen; herabfallende Hämmer und Meißel, die mir Löcher in den Kopf hauen können – die Arbeit im Grabe unseres höchsten Herrn scheint gefährlich zu sein wie die in den Strafkolonien der entlegensten Goldminen Nubiens«, entgegnete Rechmire mit unschuldigem Tonfall.
    »Vielleicht sogar noch gefährlicher«, antwortete Sennodjem, und sein aufgesetztes Lächeln erlosch. »Denn dort wurde, soweit ich weiß, noch nie ein Schreiber ermordet.« Damit drehte er sich um und verschwand aus der Grabkammer.
    Rechmire blickte ihm nach, bis der Schein seiner Öllampe im langen, ansteigenden Gang nicht mehr zu erkennen war. Die Lampen auf den Gerüsten der Arbeiter verbreiteten in der Mitte der
Halle, in der man ruht
ein diffuses Licht, das jedoch ausreichte, um die meisten Einzelheiten zu erkennen. Er fragte sich vergeblich, warum Sennodjem ihm so unverhohlen drohte. Es war nur allzu deutlich, dass der Zweite Schreiber ihn am liebsten vom Ort der Wahrheit verjagen würde.
    Rechmire tat so, als würde er am Boden nach weiteren Scherben suchen, doch tatsächlich wartete er nur darauf, dass Parahotep endlich von seinem Gerüst steigen würde, da die Vorzeichnung, an der er gearbeitet hatte, nach dem obligatorischen Kontrollbesuch des Meisterzeichners fertig war und er sich nun einer

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