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Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman

Titel: Mord im Tal der Koenige - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Hohepriester geschrieben und ihn »meinen Herrn« genannt hatte, obwohl er ihm nicht unterstand, war merkwürdig.
    Auf der Rückseite stand ein Gedicht:
    »Schön bist du und herrlich,
mit Freude erfüllst du das Herz.
Du lässt Bäume und Gräser grünen,
die Vögel fröhlich flattern,
die Lämmer springen,
Millionen Löwenjungen tollen.
Du wärmst mir das Herz,
und niemand kennt dich,
außer …«
    Da Rechmire die Priester nicht sonderlich leiden mochte, hatte er sich auch nie mehr, als für seine Ausbildung als Schreiber notwendig gewesen war, um religiöse Hymnen gekümmert. Er kannte diese Gottesanrufung nicht. Kenherchepeschef hatte die letzte Zeile unvollendet gelassen und Rechmire wusste nicht, ob jeder Gläubige selbst seinen eigenen Namen in diesen Hymnus einsetzen konnte oder ob damit eine bestimmte Person gemeint war, deren Identität der Erste Schreiber aus irgendwelchen Gründen nicht preisgeben wollte – oder selbst nicht kannte. Achtlos drehte er den Papyrus wieder auf die Vorderseite und starrte auf die Anrede Userhets. »Ich möchte gerne wissen, was du dem Hohepriester zu schreiben hattest«, murmelte er.
    Sorgfältig verstaute er die Papyri wieder in ihren Tonkrügen und behielt nur das Liebesgedicht mit der verräterischen Handschrift, die Sprüche aus dem Traumbuch den Chnumhotep und den Entwurf für einen Brief an den Hohepriester Userhet bei sich. Er trat auf den rückseitigen Hof, wo Hunero gerade dabei war, drei längliche Brotlaibe auf einer großen hölzernen Platte in den gemauerten Ofen zu schieben, in dem ein Feuer aus Sykomorenästen, Palmstrünken und getrocknetem Eselsdung schwelte. Ein feiner Schweißfilm lag auf der Haut der jungen Frau, als sie sich aufrichtete und ihn fragend anblickte.
    »Hast du gefunden, wonach du gesucht hast?«, wollte sie wissen.
    »Da ich nicht einmal wusste, wonach ich gesucht habe, konnte ich es auch nicht finden«, entgegnete Rechmire.
    Sie lachte. »Du bist ein echter Schreiber aus Theben!«, rief sie, als wenn dies alles erklären würde.
    Rechmire zeigte ihr die drei Papyri. »Ich habe ein paar Sprüche aus dem Traumbuch des Chnumhotep gefunden«, berichtete er und reichte ihr die Rolle.
    »Ich erinnere mich«, antwortete sie, nachdem sie den Papyrus eine Zeit lang betrachtet hatte. »Mein Mann hat mir manche Sprüche vorgelesen, während er sie auf der Rückseite alter Briefe und ähnlicher nicht mehr wichtiger Dokumente abgeschrieben hat. Ich sagte dir ja schon, dass dieses Buch, aus dem er so oft las, verschwunden ist.«
    Rechmire sagte nichts dazu, sondern hielt ihr das in roter Tinte geschriebene Liebesgedicht vor Augen. »Kennst du es?«, fragte er und bemühte sich, seiner Stimme einen möglichst beiläufigen Tonfall zu geben. Heimlich war er in höchstem Maße angespannt, denn er hoffte, dass Hunero zugeben würde, es selbst geschrieben zu haben.
    Doch zu seiner Enttäuschung schüttelte sie nur den Kopf.
    »Ich kann nicht lesen und schreiben«, murmelte sie etwas verschämt. »Das sagte ich dir doch schon. Was steht dort?«
    »Das« – Rechmire zögerte – »ist unwichtig«, fuhr er fort.
    »Weißt du vielleicht, wer es geschrieben haben könnte?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Er nickte betrübt und zeigte ihr schließlich den dritten Papyrus. »Hier steht der Entwurf für eine formelle Anrede in einem Brief«, erklärte er ihr. »Für einen Brief an Userhet, den Hohepriester Amuns.«
    Hunero schien nicht sonderlich überrascht zu sein. »Und weiter?«, fragte sie. »Was ist daran so Besonderes?«
    Rechmire starrte sie verblüfft an. »Schrieb Kenherchepeschef etwa oft an den Hohepriester?«, fragte er.
    Sie zuckte mit den Achseln. »Das weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass mein Mann und Userhet sich regelmäßig gesehen haben. Der Hohepriester war am Tag vor der Mordnacht noch für einige Stunden bei Kenherchepeschef.«
    Rechmire starrte die junge Witwe überrascht an. »Der Hohepriester hat Kenherchepeschef die Gnade gewährt, mehrere Stunden mit ihm zu sprechen?«, stammelte er verblüfft und neidisch. »Und Userhet ist zum Ort der Wahrheit gekommen, er hat sich herbemüht und hat nicht deinen Mann zu sich in seinen Palast befohlen?«
    »So ist es«, bestätigte die junge Frau und sah ihn spöttisch an.
    »Sie haben über Userhets eigenes Haus der Ewigkeit gesprochen, das Kenherchepeschef in seinem Auftrag irgendwo in diesen Felsen errichten ließ«, mutmaßte der Schreiber.
    »Darüber weiß ich nicht viel«, entgegnete Hunero. »Mein

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