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Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Titel: Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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dem die Umstellung von einer großen Kielyacht auf ein kleines Schwertboot anscheinend schwerfiel.
    Bei halbem Wind hielten sie auf die Boje vor der Villa Otzen zu. Der Wind war mittlerweile zu einem lauen Lüftchen abgeflaut, das die Segel gerade noch genügend füllte, um das Boot vorwärtszubewegen. Mit Mühe und Not erreichten sie die letzte Wendemarke, dann schlief der Wind völlig ein, und bei glatter Wasseroberfläche dümpelten sie dahin.
    »Ich hätte Sie beinahe gekriegt«, brüllte Professor von Trittin. »Das waren höchstens noch zwei Bootslängen.«
    »Haben Sie aber nicht«, erwiderte Otto. »Sie sollten der Wahrheit ins Gesicht sehen. Sie haben sich von einem schwarzen Segelanfänger vorführen lassen. In nur einer Woche hat er mehr gelernt als Sie in zehn Jahren. Sie sollten wenigstens in der Niederlage Größe zeigen und sich in aller Form entschuldigen.«
    »Sie … Sie … Sie haben mich noch nicht geschlagen«, brüllte Professor von Trittin. »Die Ziellinie ist da vorne. Ein guter Skipper muss auch auf widrige Verhältnisse die passende Antwort finden.«
    »Was hat er vor?«, fragte Moses.
    Otto beobachtete, wie Professor von Trittin etwas zu seinem Vorschoter sagte, der ein blonder Hüne war und sich sofort auskleidete. Dann löste der Wissenschaftler das Tau vom Chester-Anker, band ein Ende am Bug fest und gab das andere Ende seinem Vorschoter in die Hand, der sofort einen Pfahlstich knotete, seinen Arm hindurchsteckte und kopfüber ins Wasser sprang.
    »Er will sich über die Ziellinie ziehen lassen«, sagte Otto.
    »Aber nach den Regattaregeln ist die Verwendung jedweder Hilfsmittel untersagt und führt zur Disqualifikation«, erwiderte Moses. »Deshalb haben wir auch keine Paddel an Bord.«
    »Das dürfte ihm jetzt egal sein. Wenn du dich auf sein Spiel einlassen willst, solltest du nicht lange zögern. Triff eine Entscheidung.«
    »Otto, du hast selbst gesagt, dass wir eine Bootsmannschaft sind. Das heißt, dass wir zusammen siegen oder untergehen. Du bist der beste Schwimmer, den ich kenne. Du musst es richten.«
    »Aye, aye, Sir!«, sagte Otto und schlüpfte schon aus Schuhen, Hose und Hemd. »Ich glaube, Trittin hat gerade einen entscheidenden Fehler begangen.«
    Dann hechtete er mit dem Ankertau in der Hand in den Wannsee.
    Polizeipräsidium
    Bei einem derartigen Fall gestattete sich der Commissarius keine Ruhetage. So kam es, dass er am Sonntag an seinem Schreibtisch saß und begierig darauf war, einen Schnaps zu trinken. Es kostete ihn seine ganze Willenskraft, sich an sein Versprechen zu erinnern und die Schublade mit der Flasche geschlossen zu lassen. Vorerst blieb er standhaft.
    Er dachte an Igraine Raabs Ausstellung, die er sich vor ihrer Befragung noch angeschaut hatte. Seitdem wusste er, was den Könner vom Laien unterschied: das Talent. Und davon besaß er nicht genug, um als Künstler seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Es sprach nichts dagegen, dass er weiterhin Tatortzeichnungen anfertigte, aber zu seiner Tätigkeit als Commissarius gab es keine Alternative. Er sollte dem Erpresser endlich mit der Entschlossenheit eines Polizisten entgegentreten.
    In diesem Augenblick klopfte es an der Tür, und Stresow trat ein. »Sie werden es nicht glauben«, sagte der korpulente Kriminalschutzmann mit vor Eifer gerötetem Gesicht, »aber die Überprüfung der Zooangestellten durch die Politische Polizei hat einen Treffer ergeben.«
    »Erzählen Sie!«, sagte der Commissarius.
    »Hier habe ich die Akte von Winfried Wolter. Er ist Tierpfleger in den Vogelvolieren und gehört gleichzeitig zum engsten Vertrautenkreis von Herrmann Ahlwardt, dem ›Rektor der Deutschen‹.«
    »Dann hat er auch Zugriff auf die Schlüssel zum Affenhaus. Wieso ist er aktenkundig?«
    »Im Rahmen des Kantorowicz-Prozesses hat er im Gerichtssaal randaliert und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Bei den Studentenunruhen vor dem Café Bauer hat er zum Mord an dem Bankier Frankfurter aufgerufen und wurde wegen Beschimpfung der jüdischen Glaubensgemeinschaft nach Paragraf 166 RS t GB zu einer einmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt. Gleich nach seiner Entlassung hat er bei den Pogromen in Hinterpommern mitgemischt, die durch Ernst Henrici initiiert worden waren. In Konitz hat er einem jüdischen Händler das Geschäftslokal zertrümmert und wurde zu einer Geldstrafe verdonnert. Danach ist er nicht mehr straffällig geworden.«
    Dem Commissarius fiel ein, dass auch Professor von Trittin bei den Studentenunruhen

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