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Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman

Titel: Mord im Tiergarten - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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hatte ein afrikanisch-vegetarisches Büfett im Salon aufbauen lassen und die Tafel wegen der sommerlichen Temperaturen auf die Terrasse verlegt. Gerade arrangierte er zusammen mit dem Gärtner einige Likörflaschen auf dem Getränketisch, als sich Moses zu ihnen gesellte.
    »Wir haben ihn tatsächlich geschlagen«, sagte sein Leibdiener.
    »Ja, das haben wir«, erwiderte Otto.
    Das Boot schwimmend zu ziehen, war schwerer gewesen, als er gedacht hatte. Von dem Ankertau hatte er zahlreiche Striemen am Hals und an den Schultern davongetragen, aber er hatte sich den Schmerz verbissen und um jeden Meter gekämpft. Am Ende hatten sie mit drei Längen Vorsprung gewonnen. Die Regattakommission hatte Humor bewiesen und sie nicht disqualifiziert, sondern ihnen wegen ihres besonderen Einsatzes den siebten Rang zuerkannt. Damit hatten sie einen Platz vor Professor von Trittin gelegen, der sich als schlechter Verlierer erwiesen hatte und wutentbrannt, ohne eine Entschuldigung abzugeben, vom Vereinsgelände geflohen war.
    »Mit jemand anderem hätte ich das niemals geschafft«, sagte Moses. »Ich wäre gar nicht erst angetreten. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Das musst du nicht«, erwiderte Otto. »Du darfst nicht vergessen, dass du den Vorsprung beim Start selbst herausgesegelt hast. Du hast die ganze Zeit an der Pinne gesessen und die erfahrenen Sportsmänner auf Abstand gehalten. Du warst unser Bootsführer und hattest das Kommando.«
    »Das stimmt«, sagte Moses und streckte seine Hand aus. »Trotzdem danke.«
    Otto griff zu und konnte es nicht verhindern, den Handschlag unter phänomenologischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Moses wandte mehr Kraft auf, als es nötig gewesen wäre, und presste Ottos Finger so fest, dass es wehtat. Er gab sich betont mannhaft, wie es viele Jünglinge und ungefestigte Persönlichkeiten taten, um ihre Verlegenheit zu überspielen. Niemand sollte mitbekommen, wie es wirklich in ihnen aussah. Aufgrund seiner Hautfarbe war er ein Außenseiter und würde es auch bleiben, aber Otto hoffte, dass der sportliche Triumph ihn für eine Weile davor bewahren würde, sich die abfälligen Bemerkungen von Kleingeistern zu Herzen zu nehmen.
    »Ich habe von Anfang an an dich geglaubt«, sagte er. »In dir steckt viel mehr, als du dir manchmal zutraust. Jetzt nimm dir erst einmal eine Flasche von dem Kulmbacher Bier. Du hast sie dir verdient.«
    Zuerst fanden sich die anderen Regattateilnehmer ein, die schon auf dem Vereinsgelände ordentlich gezecht hatten. Dann trafen die Hereros zusammen mit Daniele Vicente ein, denen Otto eine Mietkutsche nach Treptow geschickt hatte. Wilhelm Maharero ließ sich entschuldigen, weil er noch einen Termin hatte, was immer das an einem Sonntagabend zu bedeuten hatte. Dann erschien sein Bruder Ferdinand, der seinen Handkarren hinter sich herzog, um später noch an seinen Schwimmapparaten zu basteln.
    Als Commissarius Funke anrückte, war er von einer Duftwasserwolke umgeben, die eine schwindelerregende Wirkung entfaltete. Seine Echthaarperücke glänzte in einem vitalen Nachtschwarz. Er trug ein taubenblaues Sakko, in dessen Brusttasche ein violettes Seidentuch steckte. An seinen Fingern trug er mehrere Ringe mit Halbedelsteinen. Auf seinen italienischen Lederschuhen drehte und wendete er sich, als würde er in dem berühmten Pariser House of Worth die neueste Sommermode vorführen. Die etwas verhaltene Begrüßung seines Gastgebers schien er geradezu zu genießen.
    »Mon cher Docteur«, sagte er. »Vielleicht muss ich Sie später noch entführen.«
    »Ich kann hier nicht weg«, sagte Otto.
    »Nun ja, vielleicht habe ich mich etwas missverständlich ausgedrückt, aber es kann sein, dass ich später die Nachricht von der Verhaftung eines Zooangestellten bekomme, der den radikalen Antisemiten zugerechnet werden muss. Ich hätte sie gerne bei dem Verhör dabei.«
    »Das wäre zweifellos ein bedeutender Ermittlungserfolg, aber es wäre mir lieb, wenn Sie die Vernehmung zuerst alleine durchführen würden und ich nach Abschluss des Festes zu Ihnen stoßen könnte.«
    »Vielleicht erwischen wir den Mann auch gar nicht. Es gibt da noch eine andere Sache, die ich mit Ihnen besprechen möchte und die etwas delikat ist«, sagte der Commissarius und schaute jetzt verlegen drein. Durch schnelle Seitenblicke überzeugte er sich, dass ihnen niemand zuhörte. »Ich würde mich nicht an Sie wenden, wenn die Sache nicht wichtig wäre und ich nicht Vertrauen zu Ihnen hätte. Ich werde

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