Mord in Babelsberg
gleich heute machen lassen.«
Eine gut gekleidete, rundliche Frau mit blonden Wasserwellen und gesundem, unmodern rosigem Teint trat ihnen entgegen. »Guten Tag. Ich bin Trude Pawlak, die ältere Schwester von Frau König.«
Leo stellte sich und Sonnenschein vor. Frau Pawlak führte sie in ein kleines Empfangszimmer und bot ihnen einen Platz an. »Ich möchte Ihnen kurz erklären, in welchem Zustand sich meine Schwester befindet. Der Arzt war ganz früh noch einmal hier und hat ihr etwas zur Beruhigung verabreicht. Sie kann von Ihnen befragt werden, ist aber noch sehr angegriffen. Daher möchte ich Sie bitten, möglichst rücksichtsvoll vorzugehen.«
Leo fragte sich, wie rücksichtslos sie sich einen Kriminalbeamten wohl vorstellte. »Frau Pawlak, wir wissen durchaus zwischen Verbrechern und den Angehörigen von Mordopfern zu unterscheiden.«
Ihr Gesicht wurde noch etwas rosiger, und sie schaute verlegen zu Boden. »Verzeihung, ich wollte nicht … Sie ist untröstlich. Es ist schwer, es mit anzusehen und ihr nicht helfen zu können.«
»Das verstehe ich gut«, sagte Leo. »Wenn wir schon dabei sind, können Sie uns etwas über die Ehe Ihrer Schwester erzählen. Gab es Probleme? Wie stand es mit den Finanzen? Ich weiß, das alles klingt indiskret, aber bei einer Mordermittlung gibt es keine Tabus.«
Erstaunt sah er, wie sich Frau Pawlak zurücklehnte, die Arme vor der Brust verschränkte und ihn herausfordernd ansah. »Keine Sorge, von mir erfahren Sie alles, was Sie wissen müssen. Um es gleich zu sagen, mein Schwager und ich haben uns nicht sehr gut verstanden. Ich war von Anfang an der Meinung, dass er Elly wegen ihres Geldes geheiratet hat, und habe das auch offen gesagt. Leider wollte sie nicht auf mich hören. Damit hätte sie sich einigen Kummer erspart.«
Sonnenschein stenographierte eifrig mit, und Leo bemerkte,dass ein Lächeln um seinen Mund spielte. Nicht alle Zeugen waren so ehrlich.
»Warum haben Sie angenommen, er habe Ihre Schwester aus finanziellen Gründen geheiratet?«
Sie zuckte verächtlich mit den Schultern. »Er hätte so ziemlich jede in Berlin haben können. Er sah gut aus, nicht mein Typ, aber viele sind ihm nachgelaufen. Elly ist nicht gerade weltgewandt. Wir stammen aus der Provinz, dafür schäme ich mich auch nicht. Aber ein Mädchen wie sie als Frau von Viktor König, dem großen Regisseur … Er hat es geschickt angestellt, ihr erzählt, wie satt er die ganzen Filmschauspielerinnen hätte, das affige Getue, die gekünstelte Art. Er würde eine Frau wollen, die nicht vorgibt, jemand zu sein, der sie nicht ist. Wie gesagt, er war geschickt und hat erkannt, wie er meine Schwester für sich gewinnen konnte. Hat auf ihr gespielt wie auf einem Klavier, ein Pianist, der genau wusste, welche Tasten er drücken musste. Und Elly war in jeder Hinsicht unerfahren. Das hat er unbarmherzig ausgenutzt.«
Man hätte ihre Haltung als Neid deuten können, doch Leo glaubte ihr. Er glaubte jedes Wort. Sie wirkte nicht verbittert, weil ihre Schwester es gut angetroffen hatte, während sie selbst, wenn er nach ihrem Namen gehen konnte, unverheiratet war.
»Ich hätte ihn nicht geschenkt haben wollen«, sagte Trude Pawlak, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Nein, nein, ich bin keine Hellseherin, aber das haben bestimmt viele gedacht. Was meinen Sie, was ich mir zu Hause in Schwerin anhören musste, als meine kleine Schwester einen berühmten Berliner Regisseur heiratete, während ich mit Waschbecken und Klosetts handle?«
Sie lachte, als sie Leos überraschten Blick sah. »Ich bin in die Firma meines Vaters eingestiegen und werde sie eines Tages übernehmen. Er hat keinen Sohn. Und selbst wenn er einen hätte, eine Frau kann das auch.«
Das Gespräch wird immer interessanter, dachte Leo. »Dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg dabei. Zurück zu Ihrer Schwester – was können Sie mir noch über die Ehe sagen?«
Ihre Aussage deckte sich mit dem, was er von Alfred Hahn und der Haushälterin erfahren hatte. Streitigkeiten, Unzufriedenheit und einsame Abende in der Villa für Elly, während König allein zu offiziellen Veranstaltungen ging oder im Berliner Nachtleben unterwegs war.
»Sie wird bei seinem letzten Film als Produzentin genannt. Das war ein Zuckerchen, das er ihr hingeworfen hat, um sie ruhigzustellen. Sie können sich nicht vorstellen, wie Elly getobt hat, als ich ihr das ins Gesicht gesagt habe.«
»Sie wollte es nicht wahrhaben?«
Trude Pawlak nickte. »Sie hat es im Grunde
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