Mord in Der Noris
und
in seiner Stimme schwang so etwas wie aufrichtige Begeisterung mit. »Ich habe
auch so einen Telefonschoner daheim, allerdings in Grün. Ich glaube, die werden
gar nicht mehr hergestellt. Für diese schnurlosen neumodischen Telefonapparate
ohne Wählscheibe gibt es so was nicht, ist wohl auch unmöglich, da einen Mantel
drum herum zu wickeln. Und dabei ist es doch so ein angenehmes Gefühl, wenn man
den Hörer wieder auf die Gabel zurücklegt.«
»Oh ja«, pflichtete ihm Frau Rupp lebhaft bei, »und es
verleiht dem Meublement so einen kecken Pfiff, finde ich. Technische
Gerätschaften sind ja, für sich genommen, regelrecht hässlich. Das muss man
nicht auch noch ständig vor Augen haben.«
»Da haben Sie vollkommen recht, das finde ich auch.«
Paulas Kommentar zu dieser Unterhaltung beschränkte
sich auf ein leises Stöhnen.
»Darf ich?«, fragte Heinrich und deutete auf das Sofa,
auf dem seine Chefin bereits Platz genommen hatte.
»Aber natürlich, gerne, Herr Bartels. Kann ich Ihnen
etwas anbieten? Vielleicht einen Kaffee? Ich mache einen hervorragenden Kaffee,
einen guten deutschen Kaffee. Jeder, der zu mir kommt, sagt das. Weil ich ihn
noch von Hand aufbrühe, mit einer Karlsbader Kaffeekanne. Ganz altmodisch
sozusagen. Aber das schmeckt man auch. Ich traue diesen modernen
Kaffeemaschinen nämlich nicht«, setzte Apolonia Rupp mit einem
verschwörerischen Lächeln hinzu, »die können keinen anständigen Kaffee machen.
Vorausgesetzt, Sie haben es nicht allzu eilig, denn mit einem einfachen
Knopfdruck ist es da nicht getan. Gutes dauert eben seine Zeit.«
Bevor der seit einigen Monaten zum kategorischen
Teetrinker konvertierte Heinrich dankend ablehnen konnte, ergriff Paula rasch
das Wort.
»Danke ja, ich nehme gerne eine Tasse von diesem guten
Kaffee. Das klingt ja verlockend. So ein freundliches Angebot darf man nicht
ausschlagen, gell, Heinrich?«
»Und Sie auch, Herr Bartels? Ach, Sie werden gar nicht
gefragt. Einen guten Kaffee trinkt doch jeder gerne. Ich darf Sie kurz allein
lassen.« Damit eilte Frau Rupp aus dem Zimmer.
Während sie das geschäftige Rumoren in der Küche
vernahmen, zischte sie Heinrich mit hochgezogenen Augenbrauen an: »Was wird das
denn hier, wenn es fertig ist? Eine Unterhaltung über die Vorteile von
Telefonschonern? Vielleicht geht das Ganze auch etwas zackiger.«
Er legte ihr die Hand besänftigend auf den Unterarm.
»Geduld, Geduld, Frau Steiner. Du hattest mir freie Hand gelassen. Und außerdem
wolltest du einen Kaffee haben, nicht ich. Also bitte, jetzt werd nicht schon
wieder ungeduldig«, sagte er so leise wie vergnügt.
Nach einer kleinen Ewigkeit unterbrach endlich Frau
Rupp, die ein Tablett auf den niedrigen Couchtisch stellte, das angestrengte
Schweigen der beiden Kommissare.
Während sie das Geschirr verteilte, sagte sie: »Ich
hoffe, ich habe Sie nicht zu lange warten lassen.« Wieder war da diese
freundliche Verbindlichkeit, die Paula gestern Abend vermisst hatte.
Sie erkannte sofort, dass ihnen hier das
Kaffeeservice, das eigentlich für den sonntäglichen Besuch reserviert war,
vorgesetzt wurde. Sanssouci Arkadien von Rosenthal mit Goldrand, reich verziert
und für ihren Geschmack viel zu verschnörkelt. Nichtsdestotrotz hatte es den
Charme, den jede nette Geste hat.
Auch wenn diese Ehre, da war sie sich ganz sicher, nicht
ihr galt, sondern ausschließlich Heinrich. Das überraschte sie, denn es bewies,
dass sie sich bei Frau Rupp zumindest in einem Punkt getäuscht hatte:
Anscheinend sah diese in Heinrich doch nicht den antibürgerlichen, nachlässig
gekleideten Liederjan, sondern war durchaus imstande – und willens –, hinter
sein unkonventionelles Äußeres zu schauen, um dort sein reichliches Reservoir
an Liebenswürdigkeit zu erkennen.
Doch nun wartete Paula gespannt, ob dieses Reservoir
so groß war, dass er, der Kaffee verabscheute, das ihm Vorgesetzte im wahren
Sinn des Wortes auch schlucken würde. Ja, es ging so weit. Und noch ein gutes
Stück darüber hinaus.
»Das riecht ja ganz … äh … wunderbar«, sagte er, bevor
er die Tasse zu den Lippen führte. »Und es schmeckt auch so, wie es riecht:
Wunderbar!«, ergänzte er mit aufgesetzter Emphase, nachdem er ein wenig
zögerlich den ersten Schluck genommen hatte.
Dieses bemühte Standardlob wurde dem wirklich
einzigartigen Brühkaffee nicht gerecht, fand sie, darum fügte sie aufrichtig
hinzu: »Ja, das stimmt. Einen so guten Kaffee habe ich schon lang nicht mehr
getrunken. Der ist
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