Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord in der Vogelkoje

Mord in der Vogelkoje

Titel: Mord in der Vogelkoje Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
Vom Netzwerk:
kurz vor dem Dorf, als Ose Asmus, bei dem sie auf der Rückfahrt mitfuhr, auf die Schulter tippte, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. »Nis, hör mal zu. Ich habe noch etwas von ihr erfahren, was mich irgendwie stutzig machte. Frau Eskeldsen erwähnte, dass Dücke Blut aus den Ohren und der Nase gelaufen sei. Dazu etwas Helles. Sie meinte Schnodder und dass Dücke eben auch in den Ohren Schnodder gehabt habe. Das habe ich noch nie gehört.«
    »Schnodder in den Ohren gibt es nicht«, behauptete Asmus entschieden. »Wir fragen deinen Vater.«
    »Du meinst also auch, dass daran etwas merkwürdig ist?«
    »Zumindest muss geklärt werden, was es bedeutet. Hoffentlich hält der Reifen bis nach Keitum und dann Westerland.«

    Blaicke Godbersen saß am Küchentisch und pulte Porren, die ersten dieses Jahres, wie sie sagte, und darum noch klein. »Wenn ihr lange genug hierbleibt, kann ich dir Porrenfrikadellen mitgeben, Nis«, bot sie an.
    Auch Borg, der sehr unregelmäßigen Dienst hatte, war zu Hause, hatte es sich in der Dörns gemütlich gemacht und trank Tee, während er die Zeitung las. »Dieser Hitler sitzt immer noch«, bemerkte er. »Aber wer weiß, welche Verbindungen er hat und ob er nicht plötzlich wieder freikommt.« Dann sah er hoch. »Moin, Ose, moin, Nis. Ist etwas?«
    Ose trug ihr Anliegen vor.
    Borg hörte aufmerksam zu. »Zusammengefasst ergibt sich also, dass ein durch Laien festgestellter Schädelbruch vorliegt und aus Nase und Ohren des Betreffenden nicht nur Blut, sondern auch eine helle, klare Flüssigkeit lief. Richtig?«
    »Richtig.«
    »Das hört sich ganz nach einem Schädelbasisbruch an. Dass Blut aus den Ohren fließt, bedeutet, dass Blutgefäße verletzt sind, was nicht besonders erstaunlich ist. Die klare Flüssigkeit ist Gehirnflüssigkeit, was viel schwerwiegender ist. Da sind die Hirnhäute gerissen, und der Zugang zum Gehirn ist nach außen offen. In der Regel ist eine so schwere Verletzung tödlich.«
    »Der Tote soll inmitten der Dünen verunglückt sein«, konkretisierte Asmus. »Rücklings auf den Sand gefallen.«
    »In den Dünen auf Sand gefallen. Eine Schwerstverletzung dieser Art halte ich als Folge davon für unmöglich«, sagte Borg bedächtig.
    »Warum?« Asmus wirbelten sofort Konsequenzen durch den Kopf.
    »Eine solche Verletzung kann man sich nur durch sehr große Gewalt zuziehen. Etwa, dass bei einem Brand ein herunterkrachender Rehmbalken jemanden an Kopf und Nacken trifft. Oder ein Kutschenrad, das über einen Liegenden hinwegrollt.«
    »Einfaches Ausrutschen im Dünensand und der Fall auf einen Baumstamm wären nicht ausreichend?«
    »Völlig ausgeschlossen.«
    »Das bedeutet ja, dass Dückes Nacken einem Knüppel im Weg gewesen sein könnte, der mit Kraft geschwungen wurde.« Überraschend, aber irgendwie war es nicht unlogisch, dachte Asmus. Zwei Tote im Zusammenhang mit der Entenkoje. Erst der Kojenmann, dann ein Besucher der Koje, dessen Anliegen bisher unbekannt war.
    »Heißt das, Dücke wurde ermordet?«, erkundigte sich Ose unsicher und blickte zwischen ihrem Vater und Nis hin und her.
    Beide nickten.

    Am folgenden Tag, dem Sonntag, begaben sich Asmus und Matthiesen in Galauniform zum Treffpunkt der am Aufzug beteiligten Vereine am Reichsbahnhof. Der Weg zur Kirche war von dort nicht weit.
    Der Zug war dabei, sich auf Befehl einiger schwarz uniformierter Männer zu ordnen.
    »Hier ist anscheinend alles vertreten, was eine Uniform trägt und eine Fahne besitzt«, raunte Asmus seinem Kollegen zu. »Alle Rechten – oder sagen wir, die Nationalen – wittern Morgenluft, auch wenn Hitler noch sitzt.«
    Matthiesen nickte.
    Ohne Uniform waren die Männer und Frauen des Turnvereinsangetreten, die als letzte Organisation im Zug gehen sollten. Die züchtig in weiße Kleider gehüllten Frauen trugen Lorbeerkränze in den Händen, drei Männer trugen Schwimmanzüge und die Übrigen Sporthosen.
    Dann kam die freiwillige Feuerwehr mit runden Helmen, blauen Jacken und kräftigen Lederkoppeln. Davor wurde es kriegerischer und militärischer: zuerst der Schützenverein unter seiner Fahne. Die Krieger- und Kampfgenossen würden als Veteranen in ihren grauen Uniformen marschieren, ebenso wie eine kleine Abordnung des gegenwärtigen Militärs. Die Spitze des Zuges nahm der Ringreiterverein ein. Die Pferde traten unruhig auf der Stelle, nicht gewohnt, so viele Menschen hinter sich zu wissen.
    Alles, was national empfand und dachte, war angetreten. Und Gewehre gab es auf

Weitere Kostenlose Bücher