Mord in der Vogelkoje
Laterne gedacht waren. Eine Laterne fehlte übrigens, vielleicht war sie im Haupthaus stehengeblieben. Die Balken waren zu schmal, als dass man dort Geldbündel hätte lagern können.
Was verblieb, war der eiserne Ofen, der bereits benutzt worden war, wie man an den Aschenflocken auf dem Fußbodenerkennen konnte. Außerdem stand ein Wasserkessel auf der Ofenplatte.
Asmus ging in die Knie, um die Ofenklappe der Ordnung halber zu öffnen. Er war inzwischen überzeugt, dass sich in dieser Hütte kein Geld befand. Offensichtlich war seine Hoffnung falsch gewesen.
Nicht ganz. Hinter der Klappe stand eine metallene Geldkassette auf dem Rost. Er holte sie heraus, pustete die Asche vom Deckel und schlug ihn auf. Leer.
Enttäuscht warf er die Klappe wieder zu, stellte den Kasten auf den Tisch, um ihn zu betrachten, und setzte sich auf den Stuhl.
Je mehr er die ein wenig verbeulte alte Kassette betrachtete, desto weniger glaubte er daran, dass Dres ohne Grund einen nutzlosen, leeren Kasten hinter der Ofenklappe verwahrt hatte. Er musste etwas enthalten haben, was wertvoll genug war, versteckt zu werden. Geld, natürlich! Aber wo war es hingekommen?
Gedankenvoll stand er auf, ging wieder zum Ofen und öffnete die Klappe zum Aschenkasten. Der enthielt tatsächlich Asche bis fast zum oberen Rand.
Asmus betrachtete die Überreste des Holzes, das vermutlich aus dem Gehölz an der Entenkoje stammte, dann rührte er mit dem Zeigefinger darin herum. Sein Finger stieß gegen etwas Hartes. Er kippte die Asche auf dem Fußboden aus.
Eine Münze kam zum Vorschein, und als er sie saubergerieben hatte, entpuppte sie sich als Rappen. Eine Schweizer Münze. Trinkgeld von Degenhardt für eine Dienstleistung, die gar nicht stattgefunden hatte? Eher nicht.
Aber wo war das übrige Geld, vor allem, wo waren die mutmaßlich vorhandenen Frankenscheine geblieben? In der Hütte jedenfalls nicht.
Sehr vorsichtig arbeitete sich Asmus wieder zurück zumDurchschlupf im Zaun und machte sich auf den Rückweg nach Westerland.
»Dres hat ja ganz bestimmt nicht so viel Bargeld besessen, dass er Degenhardts Rechnung mit Papiergeld bezahlen konnte.« Asmus und Matthiesen diskutierten vor der aufgeklappten leeren Geldkassette, als ob diese ihnen beim Nachdenken helfen könnte.
»Wir sollten feststellen, wann Zahltag für die am Bau arbeitenden Männer einschließlich Dres war. Und wer es ihnen aushändigte.«
»Hank sicher nicht. Vermutlich Petersen, der ja eine Art Mittelsmann zwischen dem Amerikaner und den Bauarbeitern ist«, meinte Asmus. »Wir fragen ihn. Es wäre auch denkbar, dass Hank das Geld einer Bank überwiesen hat, vielleicht in Husum. Amerikaner arbeiten mehr mit Banken, als wir es gewohnt sind. Schließlich, was brauchte Dres denn hier schon? Und bis er mal nach Hause fuhr, konnte das Bargeld schon wieder entwertet sein.«
»Dann hätte er sich aber Geld leihen müssen«, machte Matthiesen geltend.
»Auf keinen Fall bei Petersen. Es bleiben eigentlich nur die Bauarbeiter übrig. Es herrschte übrigens eine Art stummes Einverständnis zwischen Dres und einem der Arbeiter, als ich da war. Meiner Ansicht nach warnte Dres den anderen, ich weiß nur nicht, vor was. Aber auffällig war es. Der Dachdecker scheint dagegen nichts mit den Bauarbeitern zu tun zu haben.«
»Warum hat er überhaupt solche Klimmzüge gemacht? Der ganze Schwindel erforderte ja viel Planung. Außerdem bist du doch der Meinung, dass Hank Degenhardt erschossen hat, und dann hätte auf jeden Fall er Dres das Geld für Degenhardts Zeche gegeben.«
Asmus brummelte Zustimmung und bedachte den Einwand. »Ich vermute, das hat er auch. Aber Dres hat wahrscheinlich die Möglichkeit gesehen, sowohl die Rentenmark von Hank als auch die Franken von Degenhardt an sich zu bringen. Es spricht alles dafür, dass Degenhardt in Franken bezahlen wollte und das Geld im Hotel gelassen hat. Dres wird es in dessen Gepäck gefunden haben. Und vielleicht hat Hank Dres sogar das Geld als Belohnung zugesprochen.«
»So viel Geld würde manchen in Versuchung führen«, gab Matthiesen zu.
»Um auf deine Frage zurückzukommen: Wäre Degenhardt nicht vermeintlich abgereist, wäre wohl eine Suchaktion nach ihm gestartet und er als der Tote in der Koje identifiziert worden. So aber bestand zwischen beiden Vorkommnissen scheinbar keinerlei Zusammenhang.«
»Stimmt. Wollen wir gleich zu Petersen fahren?«
»Damit mir Sinkwitz nicht wieder Faulheit vorwerfen kann, erledige ich erst
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