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Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Titel: Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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»Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, dass ich mich geirrt hätte. Die Angelegenheit scheint mir von äußerster Tragweite zu sein, Pitt. Ein solcher Anschlag würde eine grässliche Tragödie auslösen und zu einer für unser Land außerordentlich peinlichen Situation führen. Ganz Europa würde uns in Grund und Boden verdammen. Das ist Ihnen selbstverständlich bewusst. Welches Gewicht kommt dem vorliegenden Material Ihrer Einschätzung nach zu?«
    »Wir dürfen es auf keinen Fall unbeachtet lassen«, gab Pitt sogleich zurück. »Auch wenn hier eine ungewöhnliche Häufung von Zufällen denkbar ist, kommt dergleichen meiner Erfahrung nach so gut wie nie vor. Daher kann ich es mir auf keinen Fall erlauben, darüber hinwegzusehen.«
    »Versteht sich«, gab ihm Blantyre recht. »Zwar halte ich es angesichts meiner beträchtlichen Erfahrung mit den Angelegenheiten der Donaumonarchie für überaus unwahrscheinlich, dass es dazu kommt, denn ich erkenne keinen Sinn darin. Aber in einem solchen Fall genügt ›unwahrscheinlich‹ nicht – wir müssen sicher sein, dass es ausgeschlossen oder zumindest so gut wie ausgeschlossen ist. Wir brauchen weitere Einzelheiten, doch habe ich jetzt, wie gesagt, nicht die Zeit, sie einzuholen oder gründlich über die Sache nachzudenken. Bedauerlicherweise ist mein nächster Termin unaufschiebbar.«
    Er erhob sich. »Morgen habe ich tagsüber eine Sitzung nach der anderen. Könnten Sie es einrichten, am Abend zu mir nach Hause zu kommen? Mrs. Blantyre und ich würden uns freuen, Sie und Ihre Gattin begrüßen zu dürfen. Nach dem Essen könnten sich die Damen in den Salon zurückziehen, was Ihnen und mir Gelegenheit gäbe, die Sache ausführlich zu besprechen. Teilen Sie mir alle Einzelheiten mit, über die Sie sprechen dürfen – und vergessen Sie nicht, auch ich kann Geheimnisse bewahren, denn ich stehe ebenfalls im Dienst der Regierung Ihrer Majestät. Mit vereinten Kräften dürften wir imstande sein zu bewerten, wie schwerwiegend die Bedrohung ist. Das würde Ihnen vermutlich dabei helfen, in angemessener Weise darauf zu reagieren.«
    Während sich Pitt erhob, kam es ihm vor, als sei eine schwere Bürde von ihm genommen. Er hatte einen Verbündeten gewonnen; womöglich war Blantyre als Einziger in England in der Lage, ihn bei der Auswertung seiner Informationen in angemessener Weise zu unterstützen.
    »Herzlichen Dank für die Einladung, Sir«, sagte er. »Meine Frau und ich werden ihr gern nachkommen.«
    Blantyre hielt ihm die Hand hin. »Aber bitte ganz zwanglos. Wir wollen uns einen angenehmen Abend machen. Acht Uhr ist zwar recht früh, aber wir werden die Zeit brauchen. Immerhin könnte die Sache ernst sein.«
    Pitt verabschiedete sich. Zufrieden lächelnd schritt er rasch durch den Korridor davon. Das war mehr als nur ein beruflicher Erfolg. Dieser bedeutende Mann in hoher Position hatte ihn auch diesmal nicht anders behandelt, als er Narraway behandelt hätte – ohne den geringsten Anflug von Überheblichkeit. Noch während er die Treppe hinabging und im kalten Märzwind auf die Straße trat, lag das Lächeln auf seinen Zügen.
    Am selben Nachmittag, an dem Pitt mit Evan Blantyre sprach, beschloss Charlotte, trotz der misslichen Situation ihre Schwester Emily anzurufen, die ja nicht die Hauptschuld an ihrem Zwist trug. Eine von beiden musste die Hand zur Versöhnung reichen, bevor die Kluft zwischen ihnen zu tief wurde und die eigentliche Ursache durch weitere Kränkungen in Vergessenheit geriet. Auf keinen Fall wollte sie dauerhaft in Unfrieden mit Emily leben, und da diese nicht bereit zu sein schien, den ersten Schritt zu tun, blieb ihr als der Älteren wohl oder übel nichts anderes übrig, als in den sauren Apfel zu beißen.
    Während sie den Hörer abnahm, hoffte sie mehr oder weniger, dass Emily bereits zu Besuchen aus dem Hause war. In dem Fall würde sie sich mit dem Bewusstsein zufriedengeben können, dass sie den Versuch unternommen hatte, ohne ernsthafte Friedensbemühungen machen zu müssen. Doch Emily war noch zu Hause, und der Lakai teilte ihr mit, er werde sie sogleich an den Apparat holen.
    »Wie geht es dir?«, erkundigte sich Emily unüberhörbar zurückhaltend.
    »Sehr gut, danke«, gab Charlotte zurück. Genau so hätten auch Fremde miteinander reden können. Das Gespräch, das sie sich vorgenommen hatte, begann ihr zu entgleiten, bevor sie auf das zu sprechen gekommen war, was ihr am Herzen lag. »Und dir?«, fragte sie, um das Schweigen zu

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