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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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zu lieben, der kein Mörder war. Ich mußte alles dafür einsetzen, auch mein Leben, um sie vor der Wahrheit zu bewahren.
    Wir kehrten ins Wohnzimmer zurück, und Karin entdeckte mein Tonbandgerät.
    »Sie lieben Musik?« fragte sie. »Manchmal haben Sie im Geschäft davon gesprochen, und dann haben Ihre Augen geglänzt wie sonst nie.«
    »Ja, ich liebe Musik sehr. Ein andermal möchte ich...«
    Sie verstand mich sofort.
    »Ja, ein andermal. Später.« Und dann wurde ihre warme Stimme plötzlich sachlich. »Hat Ihre... Ihre Frau keine Verwandten gehabt?«
    »Doch. Keine Eltern, aber einen Onkel und eine Tante. In der Ostzone.«
    »Haben Sie ein Telegramm geschickt?«
    »Nein, das habe ich glatt vergessen.«
    »Sie müssen eine Nachricht schicken.«
    »Ja, ja, ich werde es morgen tun.«
    In diesem Augenblick klingelte das Telefon.
    Meine Hand war schwer wie Blei, als ich den Hörer abnahm und mich meldete.
    Es war mein unbekannter Totfeind.
    »Eine erhebende Feier«, hörte ich ihn sagen. »Mein herzliches Beileid. Und wie steht’s mit den Moneten? Sie sind doch sicherlich schon zur Versicherung gelaufen, nicht wahr?«
    »Hier ist die Nummer 794035«, sagte ich und versuchte, so gleichgültig wie möglich zu sprechen. »Sie sind falsch verbunden.« Dann hängte ich ein.
    Zum Glück war es inzwischen dunkel geworden.
    Kurze Zeit später verabschiedete sich Karin. Ich hatte das, was ich ihr noch beibringen mußte, bis zuletzt hinausgeschoben. Aber nun wurde es Zeit. Ich sagte:
    »Es ist alles so plötzlich über mich gekommen. Ich möchte ein paar Tage Urlaub nehmen. Würden Sie mich im Geschäft entschuldigen? Ich habe ja noch zwölf Tage gut, und sicherlich wird der Chef...«
    »Natürlich«, sagte sie. »Das werde ich schon regeln.«
    Mir schien, als erwarte sie noch eine Erklärung von mir.
    »Ich kann diese vier Wände nicht mehr sehen«, sagte ich. »Nur ein paar Tage möchte ich in einer anderen Umgebung sein.«
    »Das kann ich gut verstehen, Herr Roeder.«
    »Und das Geld«, fuhr ich fort, »das Geld werde ich...«
    Sie unterbrach mich beinahe heftig.
    »Sprechen Sie doch jetzt nicht davon. Das wird sich alles finden, wenn Sie erst einmal Ihre Stellung in Stuttgart haben. Erholen Sie sich ein bißchen.«
    »Ja, vielen Dank.«
    Ich brachte sie bis zur Straße hinunter. Wir gaben uns die Hand, und ich sagte:
    »Nochmals vielen Dank, für alles.«
    Als ich die Treppe heraufkam, hörte ich schon wieder das Telefon klingeln. Ich hob ab und hörte seine Stimme:
    »Komische Manieren haben Sie. Was soll denn das bedeuten? Ich gebe Ihnen einen wohlwollenden Rat: ärgern Sie mich nicht und halten Sie mich nicht zum Narren. Es könnte mir sonst einfallen, den ganzen Betrag von Ihnen zu verlangen.«
    Eine Stunde später verließ ich das Haus. Ich schaute mich vorsichtig nach allen Seiten um, und als ich niemanden entdeckte, fuhr ich mit der Straßenbahn zum Bahnhof. Dort kaufte ich mir eine Fahrkarte nach Davos für den nächsten Morgen.
    Warte nur, dachte ich auf der Heimfahrt, warte nur! Wenn ich erst weiß, wer du bist, dann kann ich dir deine Giftzähne ausbrechen.

4

    Um dreiviertel neun Uhr betrat ich den Bahnhof. Am Zeitungsstand kaufte ich mir einen Reiseführer für die Ostschweiz, der einen längeren Artikel über Davos enthielt. Ich wollte mich während der Reise etwas orientieren, vor allem über die Hotels.
    Vorsichtig schaute ich mich nach allen Seiten um. In dem ständigen Kommen und Gehen vieler Menschen war es mir nicht möglich, einen Mann zu entdecken, der mich beobachtete.
    Kurz vor der Abfahrt des Zuges schlenderte ich durch die Sperre und ging am Zug entlang, bis zu dem direkten Wagen nach Chur. Ich ging an ihm vorbei, wartete bis unmittelbar vor Abfahrt des Zuges und stieg im letzten Augenblick in diesen Wagen ein, der nur mäßig besetzt war, so daß ich einen Eckplatz bekam.
    Kein bekanntes Gesicht war mir aufgefallen. Auch kein Mann, der mir offensichtlich nachspionierte.
    Fünf Minunten vor neun Uhr setzte sich der Zug in Bewegung. Ich vertiefte mich in meinen Reiseführer und stellte zunächst einmal fest, daß jenes Hotel, in dem Hilda damals abgestiegen war, keineswegs zu den billigsten zählte. Das >Terminus< lag in Davos-Platz. Aus zwei Gründen wollte ich nicht in diesem Hotel absteigen: erstens hielt ich es für besser, mich nicht im gleichen Hotel sehen zu lassen, und zweitens hätten es mir meine knappen Mittel gar nicht erlaubt, dort für einige Tage abzusteigen.
    Überhaupt mein Geld!

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