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Mord in h-moll

Mord in h-moll

Titel: Mord in h-moll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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glitten forschend über mich hin. Als sie meinen Reiseführer entdeckte, zeigte sie lächelnd darauf und sagte:
    »Zum ersten Mal in der Schweiz?«
    »Ja, zum ersten Mal.«
    »Viele Leute meinen, sie müßten unbedingt zur Saison kommen. Ich finde, jetzt in der Zwischensaison hat man viel mehr Ruhe.«
    So kamen wir ins Gespräch, und ich erfuhr, daß sie Mathilde Mueller hieß — mit >u-e<, wie sie gleich betonte. Sie war achtundfünfzig Jahre alt, früher einmal mit einem Lungenarzt aus Arosa verheiratet gewesen und kurz darauf Witwe geworden. Jetzt lebte sie als Beschließerin im Hotel »Löwen«, etwas außerhalb von Davos-Dorf.
    Als wir in Landquart nochmals umsteigen mußten, wußte ich ihre ganze Lebensgeschichte. Ich half ihr mit ihrem Gepäck, das aus einigen Koffern, Taschen und einer Menge Pappkartons bestand. Sie war bei ihren Verwandten in Vorarlberg zu Besuch gewesen, und meine Hilfe veranlaßte sie, mich reizend zu finden, im Gegensatz zu so vielen modernen Männern, die eine alte Dame geflissentlich übersahen, wenn sie Gepäck bei sich hatte.
    Als wir weiterfuhren, fand ich es an der Zeit, sie auch mit meinen Sorgen bekannt zu machen.
    »Ich möchte nur wenige Tage bleiben, weil ich mir einen längeren Aufenthalt einfach nicht leisten kann«, erklärte ich ihr und fragte, ob sie nicht ein besonders preiswertes Hotel für mich wisse.
    »Aber natürlich!« rief sie. »Selbstverständlich. Sie wohnen bei uns im >Löwen<.
    »Ist das kein teures Hotel?«
    »Nicht sehr«, sagte sie lächelnd. »Aber ich weiß etwas ganz besonders Günstiges für Sie. Wissen Sie, unsere erste Etage ist voll besetzt, die zweite haben wir ganz geschlossen. Das Personal ist im Urlaub, das machen wir zwischen den Saisons immer so. Aber es sind noch zwei neue Stockwerke aufgebaut, wir haben jetzt vier Stockwerke. Die oberen Zimmer sind fertig und werden auch geheizt, damit sie gut austrocknen, aber wir belegen sie erst ab Februar. Ich könnte es so einrichten, daß Sie eins von diesen oberen Zimmern bekommen. Zu einem ganz geringen Preis«, fügte sie betulich hinzu.
    Das war für mich gerade richtig. Ich nahm ihr Angebot dankend an und war in bester Stimmung, als wir gegen dreiundzwanzig Uhr in Davos-Dorf ausstiegen.
    Ich schaute mich um. Der graue Sportsmann war nicht da, er nahm mich nicht in Empfang. Und nun würde er mich suchen können. Allerdings ich ihn auch.
    Ich belud mich mit Mathilde Muellers Gepäck, und eine Viertelstunde später kamen wir im »Löwen« an. Auf einer Seite des Hauses stand noch das Baugerüst, und man sah deutlich den Aufbau der beiden oberen Stockwerke.
    Frau Mueller deutete nach oben.
    »Dort werden Sie wohnen, und Sie werden den schönsten Blick auf den Davoser See haben. Es kommen noch Balkone vor jedes Zimmer. Die Handwerker lassen sich so schrecklich viel Zeit.«
    Ich setzte mich in der kleinen Halle in einen bequemen Sessel, während Mathilde Mueller sich um mein Zimmer kümmerte. Die übrigen Gäste schienen schon alle zu schlafen.
    Endlich kam mein Schutzengel mit den weißen Haaren.
    »Wollen Sie noch etwas essen? Ich habe mit der Küche gesprochen, wenn Sie mit einer kalten Platte vorliebnehmen würden, könnte ich Ihnen auf Ihrem Zimmer servieren lassen.«
    Ich lehnte höflich ab. In meinem Koffer befanden sich noch zwei belegte Brote, das würde mir für heute genügen.
    Wir fuhren mit dem Lift in den neuen vierten Stock. Es roch überall nach frischem Verputz und Ölfarbe.
    Frau Mueller öffnete eine weißlackierte Tür mit einer goldenen Zahl und ließ mich eintreten.
    Das Zimmer war klein, aber ganz neu und modern möbliert. Auf dem Nachttisch stand ein weißes Telefon, das Bett war frisch bezogen, und am Waschbecken hingen frische Handtücher.
    Die Luft war warm und ein wenig stickig.
    »So«, hörte ich Frau Mueller sagen, »hoffentlich gefällt es Ihnen. Aber Sie werden es morgen früh ja sehen, einen herrlichen Blick auf den See haben Sie. Und zu bezahlen haben Sie nur vier Franken pro Nacht.«
    Das klang angenehm. Ich hatte mit mindestens dem Doppelten gerechnet. Meine Chancen, den Namen des Erpressers zu finden, waren beträchtlich gestiegen, da ich jetzt notfalls auch länger bleiben konnte.
    Ich öffnete die Balkontür und stand vor einem schwarzen Nichts. Die kühle Nachtluft schlug mir erfrischend entgegen.
    »Um Gotteswillen«, hörte ich Frau Mueller hinter mir sagen. »Man hat die Tür nicht abgeschlossen! Der Balkon fehlt ja noch.«
    Sie zog mich am Ärmel zurück,

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