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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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konnte, als einer der Leibwächter sein Gewicht unabsichtlich verlagerte. Die lässige Alltagskleidung war nur Tarnung, denn unter seiner Tunika war der Brutalo professionell gepanzert. Die anderen blieben reglos stehen.
    »Du kämpfst gut. Ich bin beeindruckt von der Vorführung. Aber du brauchst jemanden, der die Kämpfe organisiert, und ich bin bereit, dir das zu bieten!«, verkündete der hoffnungsvolle Lanista. Sein Ton blieb barsch, war aber trotzdem nicht überzeugend. Allerdings hatte er starke Rückendeckung. Es würde Mut kosten, ihn abzuweisen.
    Die maskierte Gestalt mit dem dunklen Zopf ging das Risiko ein, den Kopf zu schütteln. Die Freundin an ihrer Seite verriet durch winzige Bewegungen, dass sie die Schläger auf Anzeichen eines Angriffs beobachtete.
    »Legt eure Waffen ab.«
    Keines der Mädchen reagierte.
    »Zeit zum Reden …« Unter der Vortäuschung, dass es nach wie vor um eine Geschäftsvereinbarung ging, hatte er einen schmeichlerischen Ton angenommen. Dann verdarb er alles: »Ihr seid zahlenmäßig und kämpferisch unterlegen …«
    Nicht ganz. Das andere Mädchen berührte Amazonias Arm, und beide schauten hinter sich. Durch das Tor, durch das ich eingetreten war, rannte eine kleine Gruppe ihrer Kolleginnen, bloß drei oder vier, aber genug, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Sie hielten nur inne, um die schweren Torflügel zu schließen, dann rannten sie über den Sand, alle in Kampfmontur, entweder mit Dreizacken oder kurzen Schwertern. Gleich darauf fächerten sie sich zu beiden Seiten des Paars in der Mitte auf, um ihm Deckung zu geben.
    Jetzt hatten wir ein absolutes Patt erreicht.
    Der Mann, der Florius sein musste, verschärfte den Ton. »Ach, hören wir doch mit dem Spiel auf, Mädels. Legt eure Waffen ab!«
    Dann ertönte eine neue Stimme, in der echte Autorität mitschwang: »Wieso – um uns abschlachten zu lassen, Florius?«
    Der Ruf der Frau war von weit oben durch die Arena gehallt. Er überraschte uns alle. Köpfe drehten sich um. Augen suchten danach, wo er hergekommen war. Aus der Loge des Schirmherrn. Die Besitzerin der Stimme stand, die Beine gespreizt, oben auf dem Geländer, von dem an Festtagen Banner hängen würden. Sie balancierte dort mühelos, weit außer Reichweite.
    Das musste die Frau sein, die ich vorher dort allein entdeckt hatte, fest in ihre Stola gehüllt. Jetzt hatte sie diese Hülle abgeworfen, und ich erkannte, dass es die echte Chloris war. Mit der Publikumswirksamkeit, die sie während ihres gesamten Berufslebens benutzt hatte, präsentierte sie sich in bloßen, bestiefelten Füßen und einem atemberaubend kurzen Rock. Auch sie hatte ihr Haar glatt zurückgekämmt und zu einem langen, dünnen Zopf geflochten.
    »Du kannst mir deine Lügen erzählen«, spottete die plötzliche Erscheinung.
    »Oh, was soll das?«, krächzte Florius, schaute wütend von dem Lockvogel zur echten Gruppenleiterin und zurück.
    »Sag du’s mir.« Chloris klang kalt und selbstbewusst. Sie dachte, sie hätte ihn übertölpelt. »Warum dieser Schlägertrupp? Warum verlangst du, dass wir uns entwaffnen? Warum dieser plumpe Auftritt, und warum bedrohst du meine Mädels – wenn dies wirklich eine Geschäftsbesprechung ist und du tatsächlich mit uns arbeiten willst?«
    Er versuchte zu bluffen. »Komm runter, dann können wir über alles sprechen.«
    »Ich denk nicht dran!«, höhnte sie. Das war meine Chloris. Lakonisch und abweisend.
    Sie war da oben weniger sicher, als sie gedacht hatte. Unter den verstreuten Zuschauern hatte es Bewegung gegeben, und jetzt bahnten sich zwei Gestalten mit üblen Absichten ihren Weg durch die Sitzreihen zur Schirmherrenloge. Ich winkte wie verrückt, um Chloris zu warnen. Sie schaute rasch zur Seite, nicht allzu beunruhigt.
    »Oh, schick du ruhig deine Laufburschen, um mich zu schnappen«, feixte sie, stand da wie die geflügelte Nike von Samothrake, nur mit hübscheren Beinen. War sie bewaffnet? Das ließ sich nicht sagen. Sie konnte alles Mögliche da oben in der Loge haben. Da sie Chloris war, konnten es ein Fächer aus Straußenfedern und zwei weiße Tauben sein. Gut möglich, dass es sich bei ihrem neuen gewalttätigen Beruf darum handelte, Tauben darauf zu trainieren, Augen auszupicken.
    »Ich will dich haben«, gab die Lederhose zurück. »Ich krieg dich …«
    »Dazu musst du mich erst mal fangen!«, rief Chloris.
    Sie musste auf so was vorbereitet gewesen sein. Als die beiden näher kamen und die Loge betreten wollten, flog

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