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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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wieder in ihre Weinbecher. »Bewahren Sie sich Ihre Illusionen, königliches Wesen – auf dass die dunklen Götter Sie nicht unerfüllt in den Hades entführen!«
    Er war verrückt. Andererseits konnte er mit abstrakten Konzepten und mehrsilbigen Definitionen umgehen. Ich stöhnte. Hatten wir es hier mit der schauerlichen Ikone zu tun, einem einstmals wohlhabenden Mann, einem Mann von Intellekt und Bildung, der schwere Zeiten durchmachen musste? Waren er und seine poetische Seele durch Unzulänglichkeit des Charakters, finanzielles Pech – oder durch zu viel Alkohol so tief gesunken?
    Nein, er stammte aus der Gosse, verkaufte einfach nur gerne Hunde. Er dachte, er würde ein Vermögen damit machen, diese lahmen, verlausten Hunde an dumme Römer zu verhökern. Er hoffte, sogar Helena und mir einen andrehen zu können. Pech gehabt, Hundefänger.
     
    Zwei Männer kamen herein. Der Erste war klein und vierschrötig, der Zweite schlanker und mit wachen, herumschießenden Augen. Sie waren den Besitzern bekannt. Sie verschwanden mit dem älteren Kellner durch einen Vorhang nach hinten. Ich hörte erhobene Stimmen. Kurz danach kamen die beiden Männer wieder heraus und verließen das Lokal mit raschen Schritten, ohne zu lächeln. Der Kellner kam ebenfalls heraus. Er sprach kurz in leisem Ton mit seinem Kollegen. Beide sahen erhitzt und wütend aus.
    Die meisten Gäste bemerkten es nicht. Alles war ziemlich diskret abgelaufen.
    Helena hatte mitgekriegt, dass ich die beiden beobachtet hatte. »Was war das denn?«
    »Handelsgärtner, die Petersilie verkaufen.«
    »Schutzgelderpressung? Geldverleiher?« Helena dachte in derselben Richtung wie ich. »Glaubst du, der Besitzer hat bezahlt?«
    »Schwer zu sagen.«
    »Wenn ja, wollte er nicht – und hat seine Gefühle deutlich geäußert.«
    »Wenn er bezahlt hat, Herzchen, war das den Geldeintreibern völlig egal.«
    »Und wenn nicht?«
    »Kommen sie wahrscheinlich wieder – um dafür zu sorgen, dass er seine Meinung ändert.«
    Wir sprachen mit leiser Stimme, beachteten den Hundemann nicht. Er war klug genug, uns unserem vertraulichen Gespräch zu überlassen. Vielleicht hörte er zu. Mir war das egal. Wenn da ein paar schwere Jungs Geschäftsleute unter Druck setzten, konnten sie gar nicht früh genug erfahren, dass ihnen jemand auf der Spur war.
    Die Kellner kümmerten sich um die Gäste, hielten sich beschäftigt. Sie bedienten den Hundemann und mehrere andere automatisch, also musste es sich um Stammgäste handeln. Anscheinend bekam man hier einiges an örtlicher Atmosphäre mit, also blieben wir noch. Ich ließ mir nachschenken und etwas zum Knabbern bringen. Helena kämpfte immer noch mit ihrem Bier, wollte ihren Fehler nicht zugeben, obwohl ich erriet, dass es ihr nicht schmeckte. Der Kellner erwartete, dass sie die Hälfte stehen ließ, aber sie würde es austrinken. Dann würde sie sich beim Gehen artig bedanken.
    Helena Justina war zwar eine Senatorentochter, aber für mich genau die Richtige. Ich grinste und zwinkerte ihr zu. Sie rülpste sittsam.
    Ich lehnte mich zurück und schnappte mir Oliven aus einer Schale auf dem Tisch hinter mir. Möglicherweise waren sie nicht für alle gedacht. Ich tat so, als nähme ich das an, und begann ein Gespräch mit den beiden Männern, die dort saßen. Sie waren Negotiatoren, Großhändler, verfrachteten Vorräte für die Armee nach Norden und brachten von dort Kuhhäute zurück nach Süden. Der erste Teil war Gewinn bringend, erzählten sie mir; die Häute dienten nur als Ballast, füllten ihre Schiffe mit Fliegen. Sie hatten erwogen, stattdessen Sklaven zu transportieren, aber dabei gab es zu viele Probleme. Ich witzelte, sie könnten ja eine Partnerschaft mit dem Hundehändler eingehen – worauf das Gespräch erstarb. Helena hatte die Streunerin beobachtet, die wir schon vorher gesehen hatten. Das käsige, abgemagerte Ding hatte sich wieder nach drinnen geschlichen, und diesmal ließen die Kellner sie in Ruhe. Jedes Mal, wenn ein Gast ging, huschte sie wie ein Luftgeist zu dessen Tisch und verschlang alles, was an Essen übrig geblieben war. Zu trinken war selten noch etwas da. Ein Mann beugte sich zu ihr und fragte sie etwas, worauf sie den Kopf schüttelte. Es hätte ein unsittliches Angebot sein können, oder er hatte sie vielleicht nur gefragt, ob es draußen regnete.
    Hier schien sich nicht mehr viel zu tun, also bezahlte ich, als unsere Becher leer waren, und wir gingen. Auf den Straßen wurde es allmählich sehr

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