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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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und entspannt da, während wir auf unsere Getränke warteten. Wir schauten uns um. Die beiden Kellner hier waren dünne, schmächtige, hohlwangige, hart arbeitende Typen mit kahl werdendem Schädel, schimmernder schwarzer Gesichtsbehaarung und schwermütigen Augen. Sie sahen nicht britannisch aus, eher als kämen sie aus Spanien oder dem Osten. Das hier war also ein weiteres Unternehmen, das Einwanderer beschäftigte. Wer weiß, wie viele Meilen sie gereist waren, beladen mit ihren Besitztümern, ihren Hoffnungen und ihrer Vergangenheit, nur um in einer billigen Kneipe zu landen, die am anderen Ende von Nirgendwo lag. Ihre Gäste waren ebenfalls Vertreter einer wechselnden Bevölkerung. Einige wirkten von ihrem Äußeren wie Händler: gebräunte, fähige Geschäftsleute, die sich zu zweit oder zu dritt unterhielten. Keiner von ihnen sah britannisch aus. Die Einheimischen hockten zu Hause. Vergnügungsstätten in dieser Stadt versorgten die Außenseiter. Solange das andauerte, würde die Provinz nicht zivilisiert werden. Sie wäre nur ein Handelsposten.
    In unserer Nähe saß ein Mann, der mich an Silvanus’ Behauptung erinnerte, dass Londinium seltsame Typen anzog. Er trug viele Schichten übereinander, hatte ein altes Seil als Gürtel um eine raue Karohose gebunden, seine Haut war dreckverschmiert und sein Haar strähnig und zottig.
    »Brauchen Sie einen Hund?«, fragte er, als Helena den Fehler machte, ihm dabei zuzuschauen, wie er einem mageren Köter zu seinen Füßen kleine Brocken zusteckte. Der Hund sah widerlich aus und jaulte unglücklich.
    »Nein, wir haben bereits einen, danke.« Ich war erleichtert, dass wir Nux im Schlafzimmer eingesperrt hatten, bevor wir losgingen. In der Gosse geboren, hatte Nux einen gesellschaftlichen Aufstieg gemacht, als sie mich adoptierte, aber sie suchte sich immer noch gerne Spielkameraden unter den Promenadenmischungen mit schlechtem Charakter.
    »Dieser Junge ist sehr klug.«
    »Nein, wirklich. Wir haben mit unserem schon genug zu tun.«
    Er zog seinen Hocker näher, schob ihn quietschend seitlich auf zwei Beinen. Ein Blutsauger, der neue Opfer gefunden hatte. »Britannische Hunde sind was Besonderes«, behauptete dieser grässliche Parasit stolz. War er Brite oder nur loyal der Ware gegenüber, die er verhökerte? Im Gegensatz zu den anderen Gästen hier konnte er tatsächlich echt sein. Zu welchem armen Stamm gehörte er? War er ein unerwünschter Tunichtgut, der von den Trinovanten aus ihren Hütten geworfen worden war, oder ein Schurke, rausgeflogen aus einer Hügelfestung der pingeligen Dobunnen? In jeder Kultur würde er der grausige Onkel sein, vor dem sich jeder fürchtete. An den Saturnalien, oder deren Entsprechung bei den Stämmen, würden sie zweifellos von ihm sprechen und erschauern, rasch über die Schulter schauen, falls er den Pfad hinauf nach Hause gehumpelt kam und an einem Grashalm kaute, der in der riesigen Lücke zwischen seinen Zähnen steckte … »Ich verkaufe mit Leichtigkeit so viele, wie ich kriegen kann. Die reinsten Wundertiere. Wenn Sie, schöne Frau, einen davon kauften …« Eine klauenartige Hand kroch in den Halsausschnitt seiner untersten Tunika und kratzte dort langsam. Der räudige Hund zu seinen Füßen machte es ihm nach. Er hatte kaum noch Fell an den Flanken, unter denen man jede Rippe sehen konnte. Bei beiden war es ein unbewusstes und andauerndes Kratzen. »Ich garantiere Ihnen, Sie verdienen vier bis fünf Mal so viel Geld, wenn Sie ihn in Rom oder einer anderen großen Stadt wieder verkaufen.«
    »Das ist wunderbar. Trotzdem, nein danke.«
    Er hielt inne. Dann versuchte er es erneut. »Er wäre genau der richtige Hund, wenn Ihr Mann auf die Jagd geht.«
    »Nein, er jagt leider nicht.«
    »Sind Sie sicher?« Sie war sicher. Genau wie ich, verdammt nochmal. Als Junge aus der Stadt würde ich lieber tagtäglich zu den Wagenrennen gehen.
    Der verdreckte Hausierer nickte mit dem Kopf in meine Richtung. Mir wurde die Schuld an Helenas Widerstand gegeben. »Ziemlich geiziger Bursche, stimmt’s?«
    Helena lächelte mich nachdenklich an. Ich lächelte zurück. Dann sagte sie zu ihrem neuen Freund: »Mag sein. Aber ich liebe ihn. Er glaubt, er lässt sich nicht so leicht übers Ohr hauen; nehmen Sie ihm nicht die Illusion.«
    »Illusionen!«, schmetterte der Hundemann. »Wir alle brauchen Illusionen, nicht wahr?« Andere Gäste schauten in unsere Richtung, bedauerten uns, weil wir in der Falle saßen, senkten ihre Zinken dann aber rasch

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