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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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eine Wachstafel, grinste und sagte, dort könne er ein kostenloses Fass hinschicken, falls er meinen Rat hilfreich gefunden habe. Das konnte funktionieren. Dadurch konnte er das Geben und Nehmen von Entgelt und Bestechungen kapieren, die den römischen Handel so interessant machten. Oder ich hatte ihm vielleicht gerade beigebracht, so geizig wie die meisten Händler zu werden.
    Für den Nachtisch begaben wir uns alle nach draußen in den Garten. Es war ein warmer Abend. Erstaunlich für Britannien, obwohl ich mich erinnerte, dass es hier einen etwa vierzehntägigen Sommer gab. Das musste er sein. Sie konnten mit der Hitze nicht umgehen; in allen Badehäusern hielten sie das Wasser entweder so brühheiß wie immer oder ließen es eiskalt werden. Niemand schloss während des Tages die Fensterläden, also wurde es in den Häusern stickig. Und für das Speisen im Freien gab es nur Bänke, da niemand einen ordentlichen Außenspeiseraum mit fest installierten Steinliegen oder ein mit Muscheln dekoriertes Nymphäum besaß.
    Ich setzte mich neben den letzten Gast, den Stillen. Wir widmeten uns einer Schüssel mit Datteln. Sie waren von weither gekommen und mussten verlesen werden.
    »Die haben die Reise anscheinend nicht gut überstanden. Ich bin Ihr Ersatzgastgeber. Marcus Didius Falco.«
    »Lucius Norbanus Murena.« Er versuchte, mich einzuordnen.
    »Ihr entspanntes Selbstvertrauen bei einem formellen Mahl lässt darauf schließen, dass Sie aus Italien stammen?« Ich war entschlossen, ihn einzuordnen. Er hatte drei Namen. Das bedeutete nichts. Ich hatte selbst drei Namen, trotzdem hatte ich einen Großteil meines Lebens damit verbracht, meine Miete zusammenzukratzen.
    Er war in den Vierzigern, vielleicht ein bisschen älter, stämmig, aber er hielt sich in Form. Er sprach flüssig, ohne Akzent. Geld schien genug vorhanden zu sein, um ihn anständig zu kleiden; ich glaube, er hatte bei seinem Eintreffen eine Toga getragen. Das wurde in den Provinzen nicht verlangt (wo die meisten Einheimischen nicht einmal eine Toga besaßen), aber für den Besuch einer Residenz galt es als gutes Benehmen. Sein ordentliches Haar, das bartlose Kinn und die manikürten Fingernägel sprachen von der Bekanntschaft mit einer Reihe anständiger Badehäuser. Mit dem starken, eckigen Kinn, den dunklen Augen und dem glatt zurückgekämmten, dichten Haar hätte man ihn wohl für gut aussehend halten können. Aber dazu müsste man eine Frau befragen.
    »Ich bin aus Rom«, sagte er. »Und Sie?«
    »Ebenfalls Rom«, erwiderte ich. »Hat man Ihnen die Situation des heutigen Abends erklärt? Wegen der plötzlichen Ankunft eines wichtigen britannischen Königs müssen wir unerwartet ohne den Statthalter und den Prokurator auskommen. Wir befinden uns im Haus des Prokurators, da der Statthalter erst noch eins bauen muss, das prächtig genug ist. Die Dame da drüben in dem bestickten Kleid ist Aelia Camilla, Ihre tüchtige Gastgeberin, die Frau von Hilaris. Die beiden sind alte Hasen in Britannien. Sie wird dafür sorgen, dass Sie auf eine zukünftige Einladungsliste gesetzt werden, mit der Möglichkeit, die hohen Herren kennen zu lernen.«
    »Und was ist Ihre Rolle?«
    »Ich gehöre zur Familie. Hab meine Frau hergebracht, damit sie ihre Tante besuchen kann.«
    »Welche ist denn Ihre Frau?«
    »Die elegante Helena Justina.« Ich deutete auf sie, während sie freundlich mit den beiden scheußlichen Galliern plauderte. Sie verabscheute solche Situationen, war aber dazu erzogen worden, das Konzept der Pflicht nicht zu verhöhnen. Sie sah anmutig und gelassen aus. »Die Große da in Weiß.« Ich hatte den Verdacht, dass Norbanus lüstern nach Helena geschielt hatte. Mir war aufgefallen, dass sie bei einem Blick zu uns mit einer unbewusst defensiven Geste ihre Stola um die Schultern zog, und ich bemerkte ihr Unbehagen.
    Vielleicht interpretierte ich die Stimmung falsch. »Ah ja; Ihre Frau war sehr freundlich zu mir während der Vorspeisen.« Norbanus sprach mit einem leisen Anflug guten Humors. Er war kultiviert und urban. Wenn solche Männer es auf die Frauen anderer abgesehen haben, tun sie das nicht offen, nicht beim ersten Treffen und auch nicht, wenn die Ehemänner zuschauen. Für intelligente Ehebrecher – und ich spürte, dass er intelligent war – liegt schon der halbe Spaß darin, die Ehemänner im Dunkeln zu lassen.
    »Ihre edle Mutter hat sie als hilfreiche Tischgefährtin erzogen.« Ich schloss mich der leisen Satire an. »Helena Justina wird dafür

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