Mord in Oxford
im Takt zu springen und dabei so viel Lärm wie möglich zu machen. Kate stellte fest, dass Camilla wirklich gekommen war; allerdings war ihre Stimmung mehr als gedämpft. Dafür fehlte Gavin.
»Kein Gavin heute?«, erkundigte sie sich bei Penny. »Ich dachte, er wäre so scharf darauf gewesen, Rose zu helfen.«
»Er muss noch eine Kleinigkeit für den Gemeinderat erledigen, aber spätestens in einer Viertelstunde ist er hier.«
»Und Yvonne? Wo bleibt sie?«
»Sie musste zu einem Meeting«, sagte Sophie. »Ich glaube, es war die zahnärztliche Vereinigung.«
»Ganz schön plötzlich, findest du nicht?«, meinte Penny.
»Auf jeden Fall können wir ziemlich sicher sein, dass bei dem Wetter nicht allzu viele Leute draußen sind, die Theo und Lynda weggehen und anschließend jemand Fremdes das Haus betreten sehen«, sagte Kate zuversichtlich.
»Rose wird gar nicht so fremd aussehen«, wandte Penny ein. »Genau genommen sieht sie Lynda zum Verwechseln ähnlich. Lynda trägt diese rote Daunenjacke jeden Tag; das weiß bestimmt die ganze Nachbarschaft. Und die von Rose gestrickte Mütze setzt sie ebenfalls oft auf. Wenn ihr nicht jemand genau ins Gesicht guckt, wird Rose jeder, der sie sieht, für Lynda halten.«
»Wird es nicht allmählich Zeit, dass jemand nachschaut, ob die beiden bereits aufgebrochen sind?«, fragte Sophie. Sie hatte die dunklen Haare zu Rattenschwänzchen gebunden. Ihre sommersprossige Stupsnase war gerötet; vielleicht war es die Aufregung, vielleicht hatte sie sich aber auch eine Erkältung eingefangen.
»Ich habe die Liste hier«, sagte Barbara. »Penny, du bist als Erste dran.«
Penny machte sich auf den Weg. Sie wurde von einem scheppernden Konzert von Mülleimerdeckeln begleitet, die sich entlang der Rosamund Road selbstständig gemacht hatten. Die anderen setzten unterdessen ihre Hopserei fort. Barbara zählte ihnen ein paar Minuten lang laut den Takt vor.
»Jetzt bin ich an der Reihe«, erklärte sie schließlich. »Kate, inzwischen bist du für Liste und Stoppuhr verantwortlich. Du wirst das Kind schon schaukeln.«
Die Zurückgebliebenen hüpften und hopsten weiter, so lautstark sie konnten. Im von Barbaras Liste vorgegebenen Wechsel stürzten sie sich in den Sturm, der über Fridesley hinwegfegte. Irgendwann erschien auch Gavin und reihte sich in die Aerobic-Riege ein.
Dieser Teil des Plans ist verdammt anstrengend, dachte Kate. Sie wünschte, Camilla wäre bei ihr, um wenigstens ein bisschen schimpfen zu können, aber die Freundin war vermutlich schon draußen unterwegs. Es kam Kate vor, als hüpften sie bereits seit Stunden im Rhythmus der Musik, als Penny endlich mit dem ersten Lagebericht erschien.
»In Lyndas Haus brennt noch Licht, und hinter den Fensterläden regt sich etwas. Auch in der ersten Etage habe ich noch Licht gesehen. Wahrscheinlich ziehen sie sich gerade um.«
»Vielleicht sind sie …«, begann Sophie, aber Penny unterbrach sie. »Du bist dran, Kate. Gib mir Stoppuhr und Liste. Gavin, du bist anschließend an der Reihe. Und dann Camilla. Camilla? Wo ist sie?« Penny war ganz in ihrem Element.
Verflixte Drückeberger, dachte Kate, als sie in das scheußliche Wetter hinauslief. Wie oft müssen wir Übriggebliebenen wohl jetzt noch um den Block rennen?
Mit eingezogenem Kopf kämpfte sie sich gegen den Wind die Rosamund Road hinunter, um endlich in die relative Ruhe des Treidelpfades am Ende abzubiegen. Die auf der Straße geparkten Autos schwankten gefährlich, und Kate musste mit einem großen Satz ausweichen, als die neben der Hintertür der Binns zusammengeketteten Fahrräder der Familie plötzlich mit lautem Geschepper umfielen. Am Ende der schmalen Wheatfield Road rang Mrs. Graybel mit einem großen Stein, den sie aus ihrem Steingarten genommen hatte, um den Deckel auf ihrem Mülleimer und den Mülleimer am Boden festzuhalten. Neben ihr umklammerte ihr Sohn in einer schwarzen Motorradkombi, das Visier des regenglänzenden Helms heruntergeklappt, den Lenker seines leuchtend grünen Motorrads und trat auf den Anlasser. Sofort füllte sich das enge Sträßchen mit bläulichem Rauch und donnerndem Lärm. Mrs. Graybel wandte ihrem Sohn den Kopf zu, doch er ließ nur seine Maschine aufröhren und raste los. Seine Mutter rief ihm laut, aber erfolglos etwas hinterher.
Kate erreichte die Redbourne Road. Mühsam arbeitete sie sich durch Regen und Graupel vor, die gnadenlos in ihr Gesicht peitschten. Ein paar vorwitzige Haarsträhnen hatten sich unter ihrer
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