Mord in Oxford
kommandierte Penny, als alle sich um den Tisch versammelten, um einen Blick auf die Schätze zu erhaschen. »Wir brauchen ein hieb- und stichfestes Alibi für heute Abend. Weitermachen, Mädels …«
Kate seufzte und blickte sich Mitleid heischend nach Camilla um, konnte sie aber zwischen den vielen dunkel gekleideten Gestalten nicht ausmachen. Vermutlich waren sie und Gavin noch unterwegs, dachte Kate.
»Barbara, du machst hier weiter mit der Gruppe. Ich helfe Rose bei den Klamotten und der Perücke. Ach, Rose, die hier ist aber niedlich: Tief sei dein Gedanke , freundlich deine Rede .«
»Schon«, meinte Rose, »aber die Oxford-Dose war nicht dabei. Ich habe keine Ahnung, was Theo damit angestellt hat, aber sie war nicht mehr da. Zwischen den anderen war eine leere Stelle, als hätte er sie nur mal eben rausgenommen. Aber alle anderen habe ich.«
»Das ist aber merkwürdig«, sagte Kate. »Glaubst du, er hat sie verkauft?«
»Nicht, ohne es überall herumzuerzählen«, mutmaßte Rose. »Glaubst du, ich bekomme sie jemals wieder?«
»Ehrlich gesagt würde es mir nicht das Geringste ausmachen, das morbide Ding nicht bei mir zu Hause zu haben«, sagte Kate. »Vielleicht merkt deine Großmutter ja nicht, dass sie fehlt.«
»Ganz bestimmt merkt sie es. Ich werde irgendeine Geschichte erfinden müssen, um ihr Verschwinden zu erklären. Aber das ist immer noch einfacher, als gleich ein halbes Dutzend verschwundener Dosen schönzureden.«
Und damit fuhren sie fort, Aerobic-Übungen zu rhythmischer Musik zu machen. Später tauchte Gavin mit einer Flasche gekühlten Weißweins auf; sie suchten genügend Gläser zusammen und tranken in der Küche auf Rose und die Dosen. Anschließend setzten sie ihre Mützen auf, zogen Handschuhe an und sprachen davon, nach Hause zu gehen, obwohl niemand wirklich Lust verspürte, sich aus dem warmen, hellen Raum hinaus in Regen und Graupel zu wagen.
»Ich sollte jetzt wirklich gehen«, sagte Kate zu Rose. »Wenn ich an meinen ersten Niederschriften arbeite, fange ich gerne früh an.«
»Glaubst du, dass morgen die Polizei kommt?«, fragte Rose.
»Theo kann von Glück reden, wenn er gegen Mittag einen Wachtmeister zu Gesicht bekommt«, behauptete Kate. »In dieser Stadt passieren nachts viel schlimmere Dinge als das hier. Wahrscheinlich wird er seine Versicherung informieren, zumal er ja die blaue Dose in Form der Radcliffe Camera noch hat, und dann gerät die Geschichte ganz schnell in Vergessenheit. Es ist vorbei Rose. Es ist wirklich vorbei.«
8. KAPITEL
A
m nächsten Morgen wurde Kate vom Klingeln des Telefons geweckt. Das Stück Himmel, das sie vom Bett aus sehen konnte, war düster, grau und triefte vor Nässe. Es kam ihr vor, als ob der Sturm gerade erst aufgehört und sie höchstens ein paar Minuten geschlafen hätte.
»Kate, hier ist Penny«, sagte die Stimme aus dem Hörer. Kate mühte sich redlich, einigermaßen wach zu werden. »Hör mal, gerade war die Polizei hier und hat Fragen gestellt.«
»Was, jetzt schon? Als letztes Jahr mein Auto gestohlen wurde, haben sie drei Tage gebraucht. Und dann hat es trotzdem nichts gebracht.«
»Du kannst mir ruhig glauben.«
»Und was wollten sie wissen?«
»Es waren Polizisten in Zivil. Steinhartes Gesicht, kann ich dir sagen. Sie haben mir nur erklärt, dass sie in einem Kriminalfall ermittelten, und wollten wissen, ob ich gestern Abend irgendetwas gesehen oder gehört hätte.«
»Was hast du gesagt?«
»Genau das, was wir abgemacht hatten: Wir waren alle bei Rose zum Aerobic und haben wegen der lauten Musik und unserem Herumgehüpfe nichts gesehen und nichts gehört. Aber um sicherzugehen, dass die ganze Gruppe die gleiche Geschichte erzählt, rufe ich vorsichtshalber alle nochmal an.«
»Irgendwie geht mir das gegen den Strich, aber ich fürchte, wir haben keine andere Wahl. Mich würde wirklich interessieren, was Theo der Polizei erzählt hat, um eine solche Vorzugsbehandlung zu bekommen.«
»Würdest du bitte Camilla anrufen und ihr nochmal einschärfen, sich genau an unsere Abmachung zu halten? Das spart mir ein Telefonat. Ich versuche inzwischen, so viele von den anderen wie möglich zu erreichen.«
»Klar, mache ich. Sobald ich eine Tasse starken Kaffee intus habe.«
»Kate, wir dürfen keine Zeit verlieren. Sie haben einen verflixt entschlossenen Eindruck gemacht. Das war nicht unser Jim Giles mit seinem Fahrrad, weißt du? Es waren zwei Männer mit kurz geschorenen Haaren, die ich noch nie gesehen hatte. Sie
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