Mord in Oxford
du wolltest den ganzen Abend da rumstehen, quatschen und dazu dieses dämliche Gesicht machen.« Kate hatte nicht die geringste Lust, von Camilla Kommentare über Liam zu hören, ehe sie nicht selbst wusste, was dieser Mann für ihr Leben bedeutete. Falls er überhaupt etwas bedeutete. Aber wenn Camilla derart übertrieben reagierte, dachte sie, dann hatte Carey sicher etwas ausgefressen.
»Alles ist Careys Schuld«, erklärte Camilla.
»Ärger?«, fragte Kate und sah Carey an.
»Wenn du weiter so blöde Bemerkungen machst, verschwinde ich jetzt sofort nach Hause. Dann kannst du sehen, wie du an deine Informationen kommst.«
»Okay«, beruhigte Kate sie, »ich behalte meine Meinung ganz für mich allein. Und nun schieß los.«
»Du weißt doch, dass ich mich immer gewundert habe, wie Yvonne von Carey und mir erfahren konnte. Und wie sie an die Fotos von … na ja, von Carey und mir gekommen ist. Sag es ihr!«, forderte Camilla Carey auf. Ihr Gesicht war sehr rot, und sie kippte ihren Gin viel zu schnell hinunter.
»Sie versucht, Ihnen mitzuteilen, dass ich Yvonne von uns beiden erzählt habe. Es amüsierte Yvonne, alles über Camilla und mich zu erfahren. Und weil sie mehr wissen wollte, hat sie mir ihre Ausrüstung geliehen. Ich habe Fotos gemacht und ein paar Videos gedreht, die ich später an Yvonne weitergegeben habe.«
Kate versuchte, sich vorzustellen, wie er das geschafft haben mochte, kam aber nicht weiter.
»Ganz schön krank«, erklärte sie. »Aber wie haben Sie das angestellt?«
»Mit einer versteckt an der Wand angebrachten Kamera«, berichtete Carey. »Aber ganz ehrlich, ich wusste nicht, was Yvonne damit vorhatte.«
»Sie glaubten also allen Ernstes, Sie und Yvonne würden nur ein paar nette Abende mit selbst gedrehten Pornos verbringen und das wäre dann schon alles?« Kate glaubte ihm nicht, und er wusste es. »Warum hast du ihm nicht längst den Laufpass gegeben?«, wollte sie von Camilla wissen.
»Weil sie immer noch hofft, dass meine öffentliche Beichte mich läutert, mich von den Irrwegen abbringt und einen neuen Menschen aus mir macht«, erklärte Carey. »Außerdem weiß sie genau, wie sehr ich sie liebe.«
Wieder klingelte das Telefon. Kate hob an der Nebenstelle ab, rief ein unwirsches »Ja?« in den Hörer und bereute es sofort. Wenn es nun noch einmal Liam wäre?
»Kate, Liebes. Hast du Ärger?« Es war Andrew. Kate bemühte sich, ihn ihre Enttäuschung nicht spüren zu lassen. Schließlich lag es nicht an Andrew, dass er nicht jemand anderes war.
»Sag ihm, er soll sich ein bisschen beeilen«, rief Camilla laut und unhöflich.
»Ich wollte eigentlich nur wissen, ob wir beide nicht am Wochenende einmal so richtig ausspannen sollten.« Andrew klang verstimmt, und er hatte allen Grund dazu, dachte Kate. »Wir könnten nach Suffolk in dieses kleine Hotel fahren, wo man angeblich so wundervoll isst; einfach mal weg von allem, nur wir beide.«
»Das ist eine ganz tolle Idee«, sagte Kate, »aber ich fürchte, dieses Wochenende habe ich keine Zeit.«
»Aber auch du musst manchmal eine Auszeit nehmen«, sagte Andrew. »Lass doch einfach einmal fünf gerade sein und komm mit. Es ist lange her, seit wir das letzte Mal Zeit für uns hatten.«
»Tut mir wirklich Leid, Andrew, aber es geht beim besten Willen nicht. Vielleicht ein anderes Mal.«
Am anderen Ende der Leitung entstand ein geradezu greifbares, vorwurfsvolles Schweigen.
»Nun gut, wenn du nicht kannst, dann eben nicht«, sagte Andrew schließlich.
»Komm doch stattdessen nächsten Dienstag zum Abendessen«, lud Kate ihn, einer plötzlichen Eingebung folgend, ein.
»Ich weiß nicht, ob ich dann Zeit habe«, erklärte Andrew. »Ich melde mich.« Mit diesen Worten hängte er ein. Einen kurzen Augenblick nagte ein gewisses Schuldbewusstsein an Kate, aber sie war viel zu interessiert an der Szene, die sich in ihrem Wohnzimmer abspielte, um sich lang Gedanken zu machen. Als sie zurückkam, lächelte Carey. Camillas Gesicht war immer noch rot vor Wut.
»Es macht ihm Spaß«, sagte Kate zu Camilla.
Vielleicht hat er mit Yvonne etwas Ähnliches gemacht, überlegte Kate. Sie war erheblich gefährlicher als Camilla. Obwohl sie sich allmählich fragte, ob sie Camilla nicht unterschätzt hatte. Ihre Freundin verteilte gerade den letzten Rest Gin auf die Gläser, ging aber mit dem Tonic äußerst sparsam um. In diesem Moment sah Camilla aus, als wäre sie durchaus in der Lage, einen Mord zu begehen. Sogar mit einer Axt.
»Haben
Weitere Kostenlose Bücher