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Mord in Oxford

Mord in Oxford

Titel: Mord in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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verlassen, aber von gegenüber war das Husten alter Leute zu hören.
    Die Gatlocks, dachte Kate. Elma, Betty und ihr Bruder. Sie musste die Gelegenheit beim Schopf ergreifen und die drei alten Leute fragen, was sie – wenn überhaupt – gesehen hatten. Zwar war es richtig, dass Mr. Gatlock ununterbrochen die Straße beobachtete, andererseits war er dermaßen stocktaub, dass eine Unterhaltung mit ihm nur durch Vermittlung seiner beiden Schwestern Elma und Betty stattfinden konnte.
    Kate hatte Hunger und wünschte sich, endlich mit ihrem Buch weiterzukommen. Boulogne 1803. Sie wollte nur noch weg von Fridesley, wollte ins napoleonische Frankreich eintauchen. Aber da fiel ihr ein, dass gegen sechs Millie bei ihr aufkreuzen würde. Die nächste Unterbrechung ihrer Arbeit war schon programmiert. Warum hatten die Detektive in Kriminalromanen niemals solche Probleme? Nie schienen sie Hunger zu haben, und nach Süßspeisen mit viel Schokolade drin sehnten sie sich auch nicht.
    Der alte Mann mit seinem weißen Haar und dem schmalen, tief gebräunten Runzelgesicht saß auf seinem Beobachtungsposten am weit geöffneten Fenster. Er brauchte das, um anregende Gespräche mit Passanten führen zu können. Der winzige Vorgarten unter ihm prunkte mit dicken Knospen. Ordentlich beschnittene Sträucher standen in Reih und Glied, kein Blättchen lag herum, und der Fußweg war sauber gekehrt. Kate war ganz sicher, dass sein Garten hinter dem Haus genauso picobello aussah.
    »Guten Morgen, Mr. Gatlock«, schrie sie. »Das Wetter sieht heute ganz gut aus, nicht wahr?«
    »Hast du gehört, was die Dame gesagt hat, Arnold?«, brüllte Betty.
    »Wie? Wer ist das überhaupt?«, grunzte Mr. Gatlock. »Weibsen in Hosen und mit komischen Mützen. Sie sehen doch alle gleich aus.«
    O je, dachte Kate, das wird eine lange Sitzung. Sie atmete tief durch. Dabei inhalierte sie die Ausdünstungen von Mr. Gatlocks gut verstecktem Komposthaufen.
    Betty hatte sich zu Mr. Gatlock hinübergebeugt und schrie ihm direkt ins Ohr. »Das ist die Frau, die Bücher schreibt, Arnold. Wahrscheinlich will sie uns ein paar Fragen stellen. Das hat sie bei allen anderen auch getan.«
    »Sag ihr, sie braucht mich nicht zu fragen«, erklärte Mr. Gatlock. »Ich lese keine Bücher. Keine Zeit.«
    Wenn er nicht in seinem Garten werkelte, verbrachte Mr. Gatlock seine Zeit damit, Kleider für seine Schwestern zu nähen. Zunächst war es eine Sparmaßnahme gewesen, mit der der junge Mann seiner frisch verwitweten Mutter half, die beiden noch kleinen Mädchen über die Runden zu bringen. Aber nach dem Tod seiner eigenen Frau war die Näherei zur Besessenheit ausgeartet. Leider war er nie über die Kräuselröcke, den Peter-Pan-Kragen, die kurzen Ärmel und die Schärpen ihrer Kindheit hinausgekommen. Aber Betty und Elma schien es nicht zu stören, und er nähte wirklich gut. Im Augenblick arbeiteten seine altersfleckigen Hände an irgendetwas Hellblauem mit rosa Blümchenmuster.
    »Es geht um die Sturmnacht«, sagte Kate sehr laut. »Um die Nacht, als Mrs. Baight ermordet wurde. Haben Sie jemanden gesehen, Mr. Gatlock?«
    »Die Nacht, als die alte Zahnärztin umgebracht wurde, Arnold«, kreischte Elma. »Was hast du gesehen?«
    »Sie kam von da drüben«, sagte Mr. Gatlock und wies mit seinem Reihfaden zu Lyndas Haus hinüber. »Eine Frau. Auf ihrer Mütze waren Osterglocken und Dahlien. Dabei blühen die gar nicht gleichzeitig! So ein Quatsch.«
    »Und dann?«, fragte Kate. »Wo ist sie hingegangen?«
    »Hör auf, von den blöden Blumen zu faseln, Arnold!«, schrie Betty. »Wo ist sie hin?«
    »Über die Straße zu der Zahnärztin«, erklärte Arnold. »Mehr habe ich nicht gesehen. Ich musste mich um den Deckel von unserem Mülleimer kümmern.«
    »Nicht du, wir waren das«, schimpfte Betty. »Du hast mal wieder nur kommandiert, arbeiten mussten wir beide.«
    »Blöde Weibsen«, murrte Mr. Gatlock. »Ihr wüsstet doch nicht, was ihr tun solltet, wenn ich es euch nicht sage. Aber der Abend war ganz schön heftig, das ist wohl wahr.«
    »Haben Sie nicht gesehen, wer es war?«, rief Kate, die sich allmählich auf Mr. Gatlocks Frequenz eingependelt hatte. »Es ist wirklich wichtig.«
    »Ihr jungen Weibsen seht für mich alle gleich aus«, brummte Mr. Gatlock. »Ich hatte keine Lust, meinen Mülleimer über die Fields davonfliegen zu lassen, nur um irgendwelchen Leuten ins Gesicht zu gucken.«
    »Haben Sie vielleicht gesehen, was sie anhatte?«, fragte Kate. »Außer

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