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Mord in Oxford

Mord in Oxford

Titel: Mord in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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nicht zu ihrem Wohlbefinden bei, dass sie sich jedes Mal, wenn sie ein College in Oxford betrat, fehl am Platz und unzulänglich ausgebildet vorkam – als würden die Worte ›keine Akademikerin‹ wie ein Brandmal auf ihrer Stirn prangen.
    Kate trat unter den Torbogen und bat den Portier in der Loge, Liam anzurufen und ihm mitzuteilen, dass sie da war. Zu ihrer Linken lag ein Geviert mit weichem, grünem Gras vor der Fassade eines Gebäudes aus dem 18. Jahrhundert. Aus den Räumen in der ersten Etage erklang Klavierspiel. Ein paar Studenten tauchten auf und verschwanden durch einen weiteren Torbogen. Endlich sah Kate Liam aus der entgegengesetzten Ecke des grünen Gevierts herankommen, mit dem harmonischen Gang eines geübten Läufers. Einmal blieb er kurz stehen, um eine schmale Blondine zu begrüßen, die Kate scharf ins Auge fasste, ehe sie sich abwandte. Dann stand er neben ihr. Vor lauter Verlegenheit fiel ihre Begrüßung ein wenig ruppig aus. Schweigend gingen sie zu Kates Auto.
    »Ich hoffe, du bist ein guter Kartenleser«, sagte sie. »Schließlich habe ich keine Ahnung, wo ich hinfahren muss, und sollte mich auf die Straße konzentrieren.« Ihre Stimme klang mürrisch. Sie sah ihn nicht an, als sie den Zündschlüssel drehte, aber sie spürte, dass er den Blick nicht von ihr wandte. Als er endlich etwas sagte, wirkte er amüsiert.
    »Lass mich nur machen«, sagte er. »Zunächst müssen wir rechts in die South Parks Road abbiegen, dann wieder rechts in die Mansfield Road. Aber ehe du losfährst …«
    »Ja?« Jetzt würde er sich sicher über ihre schlechte Laune lustig machen.
    »… solltest du dich anschnallen.«
    Danach wurde der Tag erheblich besser. Die Sonne schien auf eine fast frühlingshafte Landschaft und erinnerte sie daran, dass sich schon sehr bald Osterglocken den Schneeglöckchen und Krokussen in den Vorgärten zugesellen würden. Sie fuhren auf der A420 Richtung Westen. In einem kleinen Städtchen machten sie Kaffeepause, und kaum war Kate dem Lenkrad entronnen, konnte auch sie entspannen und sich unterhalten. Liam verlor nicht eine Silbe über ihren Fahrstil, aber ihr war sehr wohl aufgefallen, wie angestrengt sein rechter Fuß das Bodenblech bearbeitet hatte, als sie der letzten roten Ampel ziemlich schnell ziemlich nahe gekommen war. Immerhin hatte sie rechtzeitig angehalten.
    Anschließend chauffierte sie ihn sicher nach Bath und fand einen Parkplatz in einem mehrgeschossigen Parkhaus, wobei sie höchstens ein paar irritierte Autofahrer hinter sich zurückließ. Sie musste neidlos zugeben, dass Liam ein ganz ausgezeichneter Kartenleser war, der ihr immer sehr rechtzeitig mitteilte, ob sie sich rechts oder links einzuordnen hatte.
    Liam verschwand in der Bibliothek, und Kate nutzte die Gelegenheit zu einem Schaufensterbummel. Sie betrachtete Kleider, die sie sich nicht leisten konnte, aber auch niemals hätte tragen mögen, und fragte sich, warum sie Liam gegenüber nicht ganz normal und freundlich auftreten konnte. Ob es damit zu tun hatte, dass ihr Vater gestorben war, als sie erst zehn war? Aber was auch immer der Grund sein mochte, ob er nun aus ihrer eigenen kratzbürstigen Persönlichkeit oder einem Kindheitstrauma resultierte, sie sollte sich unbedingt entspannen und nicht immer auf dem Quivive sein, wenn sie mit Liam zusammen war. Mit Andrew hatte es schließlich auch geklappt, nicht wahr? Allerdings war Andrew zwölf Jahre älter als sie … Immerhin schaffte Kate es, Liam nicht allzu finster anzublicken, als er zu ihr zurückkam.
    »Ich habe im Führer ein gutes Restaurant gefunden«, erzählte sie, als sie zum Wagen zurückgingen. »Ganz in der Nähe liegt ein Fluss, an dem man anschließend spazieren gehen könnte. Allerdings müssten wir einen kleinen Umweg fahren. Wäre das sehr schlimm?«
    »Aber nein, ganz im Gegenteil«, sagte Liam mutig. »Wie heißt der Ort?«
    »Denington. Es ist in Wiltshire.«

    Nach dem Essen, das sich wirklich als so gut herausstellte, wie der Führer versprochen hatte, machten sie einen Spaziergang über die breite und einzige Straße des Ortes, gingen zum Fluss hinunter und überquerten die Brücke. Sie betrachteten die altmodisch ausgestatteten Schaufenster, und Kate ertappte sich dabei, im Geist Notizen über die ausgestellten Waren zu machen. Vielleicht konnten sie irgendwann einmal bei einer detaillierten Beschreibung von Nutzen sein – falls sie jemals ihren Weg zurück ins 20. Jahrhundert finden würde. Der erste Laden war ein

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